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       # taz.de -- Beschluss des Kabinetts: Klimagesetz für Klimaverschmutzer
       
       > Der lang angekündigte Abschied von den konkreten Klimazielen für jeden
       > Wirtschaftssektor steht an. Jetzt muss aber noch der Bundestag mitmachen.
       
   IMG Bild: Deutschland bekommt ein Klimasch(m)utzgesetz
       
       Berlin taz | Die Ampelregierung hat am Mittwoch ihre umstrittene Reform des
       Klimaschutzgesetzes beschlossen. Das regelt Deutschlands Weg zur
       Klimaneutralität im Jahr 2045. Künftig soll nicht mehr jede:r
       Minister:in dafür verantwortlich sein, die Emissionen im jeweiligen
       Zuständigkeitsbereich zu senken. Geht das Gesetz ohne weitere Veränderungen
       durch den Bundestag, ist die Bundesregierung als Ganzes verantwortlich.
       
       Bislang setzt das Klimaschutzgesetz den verschiedenen Wirtschaftssektoren –
       zum Beispiel Energie, Verkehr oder Landwirtschaft – konkrete CO2-Grenzen
       für jedes Jahr. In Zukunft soll es stattdessen eine mehrjährige
       Gesamtrechnung geben. Die Emissionen der Sektoren können also untereinander
       verrechnet werden.
       
       „So können wir besser prüfen als bisher, ob Deutschland auf dem richtigen
       Transformationspfad ist“, sagte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck
       (Grüne). Das sehen Klimaschützer:innen ganz anders. „Mit dem Streichen
       der verbindlichen Sektorziele kauft die FDP ihren Verkehrsminister davon
       frei, seinen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten – auf Kosten kommender
       Generationen und all jener, die schon heute unter der Klimakrise leiden“,
       sagte Stefanie Langkamp von der Klima-Allianz Deutschland.
       
       Im Verkehrssektor sind die CO2-Emissionen seit 1990 praktisch nicht
       gesunken, zuletzt sind sie sogar wieder angestiegen. Die CO2-Grenzwerte aus
       dem Klimaschutzgesetz hat der Sektor zwei Jahre in Folge gesprengt. Im Jahr
       zuvor, also 2020, war das nur nicht der Fall gewesen, weil durch die
       Coronapandemie viel weniger Menschen und Güter unterwegs waren.
       
       ## Klimaschutzprogramm reicht nicht ganz
       
       Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) hatte zwar im vergangenen Jahr
       ein [1][Sofortprogramm mit Gegenmaßnahmen abgegeben], wozu er laut
       Klimaschutzgesetz verpflichtet war. Die Wissenschaftler:innen aus dem
       Expertenrat für Klimafragen, die solche Programme laut dem Gesetz prüfen,
       befanden das Papier allerdings [2][nicht ansatzweise für ausreichend].
       
       Eigentlich muss Wissing spätestens am 15. Juli ein neues Sofortprogramm
       abgeben – zumindest nach dem bisherigen Klimaschutzgesetz. Die Causa hatte
       im Frühjahr für Aufregung gesorgt, als die Sprecher von Wissing sowie
       Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in Aussicht stellten, dass das
       Verkehrsministerium kein Sofortprogramm mehr abgeben werde.
       
       Damals hatte sich die Ampel schon [3][in einem Koalitionsausschuss auf die
       Reform geeinigt]. „Es gibt jetzt eine andere Beschlusslage“, sagte der
       stellvertretende Regierungssprecher Wolfgang Büchner. Selbst aus Kreisen
       der Regierungsfraktionen kam Kritik, weil die Reform ja noch nicht in Kraft
       ist. Wissing lenkte schließlich ein.
       
       Nun hat das Kabinett zusammen mit dem Klimaschutzgesetz auch ein
       gemeinsames Klimaschutzprogramm aller Ministerien verabschiedet, mit dem
       das Klimaziel für 2030 erreicht werden soll. Das besteht darin, die
       CO2-Emissionen im Vergleich zu 1990 um 65 Prozent zu senken. Laut Habeck
       ist das mit dem Programm nicht ganz gelungen, es bleibt eine Lücke – vor
       allem mangels Maßnahmen im Verkehrswesen.
       
       Das neue Klimaschutzgesetz sieht nur noch Sofortprogramme der ganzen
       Bundesregierung vor, nicht mehr der einzelnen Ministerien. Die werden erst
       fällig, wenn Prognosen zwei Jahre infolge ergeben, dass Deutschland sein
       Klimaziel für 2030 nicht erreichen wird.
       
       21 Jun 2023
       
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