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       # taz.de -- UN-Expertenbericht zu Milizen in Kongo: IS-Netzwerk für Afrikas Terror
       
       > Unterstützer von Somalia bis Südafrika haben Kongos Terrormiliz ADF
       > erneut stark gemacht. Dies enthüllt ein neuer UN-Expertenbericht.
       
   IMG Bild: Särge mit mutmaßlich von der ADF getöteten Schulkindern in Uganda, 18. Juni
       
       Kampala taz | Ein afrikaweites Netzwerk unterstützt finanziell und
       logistisch die islamistische Rebellengruppe [1][ADF (Allied Democratic
       Forces)] aus Uganda, die sich im Osten der Demokratischen Republik Kongo
       verschanzt und für zahlreiche Massaker in Kongo und Uganda verantwortlich
       ist. Der [2][neueste Bericht der UN-Expertengruppe], die die Einhaltung des
       Waffenembargos gegen Kongos bewaffnete Gruppen überwacht, liefert dafür
       detaillierte Beweise.
       
       Die [3][Ermittler im Auftrag des UN-Sicherheitsrates] zeichnen nach, wie
       stark sich die einst rein lokal agierende ugandische Miliz
       internationalisiert hat. Nachgewiesene Kontakte und Finanzströme erstrecken
       sich von Somalia über Mosambik und Südafrika bis in Kongos Hauptstadt
       Kinshasa.
       
       In den vergangenen zwei Jahren haben sich, so der UN-Bericht, Vertreter der
       islamistischen Rebellengruppe Ahl al-Sunna wal-Jama’a aus Mosambik, des
       „Islamischen Staats“ in Somalia, dem Teile der dortigen Shabaab-Rebellen
       angehören, sowie Kommandeure der ADF mehrfach persönlich im Kongo und in
       Mosambik getroffen, um ihre Organisationen enger unter dem Dach des
       „Islamischen Staates“ in Afrika zu vernetzen.
       
       Dabei werden gewaltige Summen quer durch den Kontinent transferiert. Die
       UN-Ermittler recherchieren, wie zwischen 2019 und 2020 rund 400.000 Dollar
       vom IS in Somalia über Südafrika, Mosambik, Tansania, Kenia und Uganda zur
       ADF in Kongo gelangten. Involviert in diese Transaktionen sind Somalis,
       Ugander, Äthiopier und Kenianer. Sie nutzen das islamische
       Geldüberweisungssystem Hawala oder Transferanbieter wie Mama Money oder
       Selpal.
       
       ## Erkenntnisse widersprechen dem offiziellen Narrativ
       
       Einige Zahlungen im Umfang von 10.000 bis 30.000 Dollar gingen an
       ADF-Schläferzellen in Ugandas Hauptstadt Kampala. Dort ließen
       ADF-Selbstmordattentäter im November 2021 Bomben hochgehen. Ein direkter
       Zusammenhang sei nicht „endgültig“ nachzuweisen, so die UN-Ermittler, doch
       könne eine „direkte Verbindung“ zwischen ADF und dem IS Somalia bestätigt
       werden, „einschließlich Finanzströmen zur Unterstützung der
       ADF-Aktivitäten“.
       
       Sprengkraft haben diese Erkenntnisse auch, weil sie dem offiziellen
       Narrativ widersprechen. Ugandas und Kongos Armeen bekämpfen seit den
       Bombenanschlägen in Kampala 2021 gemeinsam die ADF und behaupten, sie
       entscheidend geschwächt zu haben. Doch offenbar hat sie sich nun neu und
       internationaler aufgestellt.
       
       Die ADF verübt in der Demokratischen Republik Kongo die meisten Massaker an
       der Zivilbevölkerung. Allein im April 2023 starben im Ostkongo und in
       ugandischen Dörfern entlang der Grenze fast 100 Menschen durch
       ADF-Anschläge, zunehmend durch Sprengsätze – eine Handschrift des IS.
       
       ## Namensliste hat auch Sprengkraft
       
       Weitere politische Sprengkraft in einer ganz anderen Richtung birgt eine
       Namensliste auf Seite 123 des Berichts: Generäle der Streitkräfte und des
       Militärgeheimdienstes von Ruanda, bis hin zu General James Kaberebe,
       Sicherheitsberater von Ruandas Präsident Paul Kagame.
       
       Ruanda hat bislang immer abgestritten, die Tutsi-Rebellenbewegung [4][M23
       (Bewegung des 23. März)] im Osten der Demokratischen Republik Kongo direkt
       zu unterstützen – die UN-Ermittler konnten das nun widerlegen und die
       Kommandokette nachweisen, die Befehle für Operationen im Ostkongo gibt.
       Drohnenaufnahmen, Fotos von militärischem Gerät und Truppen sowie im Kongo
       gefundene Notizbücher von Soldaten der ruandischen Armee zeugen davon.
       
       Brisant ist dies, weil im UN-Bericht auch mehr Beweise zum Massaker im Ort
       [5][Kisheshe] bekannt werden, wo M23 und Ruandas Armee demnach im November
       2023 mutmaßlich über 100 Menschen in Massengräbern verscharrt haben. Die
       M23 hat dies bislang verneint. Der Internationale Strafgerichtshof will in
       diesem Fall ermitteln.
       
       ## Zahlreiche Generäle auf der Liste versetzt
       
       Ruandas Präsident Kagame hat vergangene Woche zahlreiche Generäle auf der
       Liste versetzen lassen. Beobachter spekulierten, dies sei kein Zufall
       gewesen. Ruandas Armeesprecher verneinte dies.
       
       Aber auch auf kongolesischer Seite inkriminiert der UN-Bericht hohe
       Generäle, darunter General Franck Ntumba, Leiter des Militärbüros im
       Präsidialamt von Staatschef Felix Tshisekedi und zuständig für den Krieg im
       Ostkongo. Er soll Anweisung gegeben haben, sämtliche Bürgerwehren und
       Milizen Ostkongos zu einer [6][Allianz gegen die M23 und Ruanda]
       zusammenzuführen.
       
       Zur Allianz gehört auch die ruandische Hutu-Miliz FDLR (Demokratische
       Kräfte zur Befreiung Ruandas), in deren Führungsspitze sich Täter des
       Völkermords an Ruandas Tutsi 1994 tummeln. Dies hat Kongos Regierung
       bislang abgestritten. Jetzt liegen all diese Beweise dem UN-Sicherheitsrat
       vor.
       
       22 Jun 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Jagd-auf-den-Islamischen-Staat/!5814083
   DIR [2] https://documents-dds-ny.un.org/doc/UNDOC/GEN/N23/123/80/PDF/N2312380.pdf
   DIR [3] https://www.un.org/securitycouncil/sanctions/1533/
   DIR [4] /M23-Rebellenchef-ueber-Kongo/!5893776
   DIR [5] /Streit-um-Massaker-im-Osten-von-Kongo/!5896732
   DIR [6] /Gewalt-gegen-Tutsi-in-Kongo/!5923405
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Simone Schlindwein
       
       ## TAGS
       
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