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       # taz.de -- Evangelischer Kirchentag in Nürnberg: „Es ist auch Zeit für Waffen“
       
       > Der Auftakt des Festivals der evangelischen Christ*innen findet vor
       > großem Publikum statt. Bundespräsident Steinmeier spricht unbequemen
       > Klartext.
       
   IMG Bild: Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier bei der Eröffnung des Kirchentags in Nürnberg
       
       Nürnberg taz | Am späten Abend klang die Eröffnung des Evangelischen
       Kirchentages in Nürnberg wie in einer Prozession aus: Zehntausende hatten,
       symbolisch mit kleinen Kerzen ausgerüstet, ihr Licht angezündet – was die
       Altstadt der fränkischen Hauptstadt besonders unterhalb der Burg und an
       seinem Flüsschen Pegnitz besonders hübsch illuminierte: Nürnbergs Jugend,
       frohgestimmt ob des arbeitsfreien Tages am Donnerstag („Fronleichnam“)
       vermischte sich mit den circa 50.000 angereisten Menschen, nicht nur aus
       Deutschland.
       
       Es war das Finale einer Eröffnung, die in Bundespräsident Frank-Walter
       Steinmeier den höchsten Repräsentanten zu Gast hatte. Er sagte auch
       politische Dinge, die gewiss nicht allen Kirchentagsmenschen behagten,
       hatten sie sich doch in den vergangenen 50 Jahren auf einen anderen Konsens
       verlegt. „Neben all den anderen Anstrengungen – [1][es ist auch Zeit für
       Waffen]“, sagte der Bundespräsident. Das ist realpolitisch das Gegenteil
       von „Frieden schaffen ohne Waffen“.
       
       Steinmeier hatte damit auf politisch-konventionellste Weise die Herzen des
       Publikums auch auf seiner Seite, brandenden Applaus erntete er jedoch
       nicht. Heute, an Fronleichnam, drehen sich die politischen Debatten auf dem
       Messegelände um das Thema Frieden. Erwartet wird, dass in einigen Panels
       wenigstens Reste des [2][klassischen Fundamentalpazifismus der
       evangelischen Kirchen] zu Wort und Gehör kommen. Die Figur, die jene nun
       politisch nicht mehr taugliche Haltung verkörperte, die frühere Bischöfin
       Margot Käßmann, hatte ihre Teilnahme am Kirchentag schon vor Längerem
       abgesagt.
       
       ## Bedford-Strohm: Schöpfungskonform fortbewegen
       
       Mehr aus den Herzen vieler sprach der bayerische Landesbischof Heinrich
       Bedford-Strohm. Der Mann, der sich seit Mitte der Zehner Jahre besonders
       intensiv (nicht nur seiner Kirche) für [3][umfassende Solidarität mit
       flüchtenden Menschen in Seenot], wie auf dem Mittelmeer, einsetzt, sagte
       beim Eröffnungsgottesdienst: „Wir werden unser Glück nicht mehr am Wachstum
       des materiellen Wohlstands festmachen, sondern am Wachstum des
       Beziehungswohlstands. Wir werden unsere Freiheit nicht mehr danach
       beurteilen, wie hoch der Tachometer gehen darf, sondern dass wir uns
       schöpfungskonform fortbewegen:“
       
       So war immer die Linie der amtskirchlichen Christenheit in Deutschland: Wir
       müssen uns materiell einschränken – inzwischen beflügelt durch das Wissen
       um den Klimanotstand, wie es hieß. Der Kirchentag geht noch bis Sonntag,
       Nürnberg und Fürth sind umfassend auf die einströmenden Menschen
       eingerichtet.
       
       8 Jun 2023
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Jan Feddersen
       
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