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       # taz.de -- Kinder in Frankreich mit Messer verletzt: Präsident Macron äußert Bestürzung
       
       > In Annecy hat die Polizei einen 32-Jährigen festgenommen. Er hat mehrere
       > Personen lebensgefährlich verletzt, die meisten davon Kinder.
       
   IMG Bild: Polizisten am Tatort in der französischen Stadt Annecy
       
       Paris taz | Auf einem Spielplatz am Seeufer von Annecy in Savoyen hat ein
       Mann am Donnerstagvormittag eine Gruppe von 2- bis 3-jährigen Kindern mit
       einem Messer angegriffen. Dabei hat er mindestens vier Kleinkinder und eine
       erwachsene Person lebensgefährlich verletzt. Zwei der Kinder und ein
       Erwachsener kämpften am späten Nachmittag in Krankenhäusern in Annecy und
       Genf ums Überleben.
       
       Die Polizei konnte schließlich unweit des Tatorts eingreifen und nahm den
       Angreifer fest. Dabei sei dieser verletzt worden.
       
       Gemäß den Papieren, die er auf sich trug, sei er syrischer Nationalität,
       selbst Vater eines 3-jährigen Kinds in Schweden und 32 Jahre alt. Wie die
       Polizei mitteilte, spreche er englisch. Er habe nach seiner Einreise in
       Frankreich im Oktober 2022 [1][einen Asylantrag gestellt], sei aber im
       vergangenen April bereits in Schweden als Flüchtling anerkannt worden. Nach
       Ansicht der französischen Behörden halte er sich entsprechend legal in der
       EU auf. Der Antrag in Frankreich wurde eingestellt.
       
       Bei seiner Festnahme habe der mutmaßliche Täter Englisch gesprochen. Aus
       Polizeikreisen heißt es, er bezeichne sich als „Christ aus Syrien“. Zudem
       habe er bei seinem Messerangriff ein Kreuz und ein christliches Gebetbuch
       bei sich getragen.
       
       ## Widersprüchliche Versionen der Tat
       
       Bisher sei er den Behörden in keiner Weise aufgefallen. Psychische
       Krankheiten seien auch nicht diagnostiziert gewesen. Nichts sprach nach
       einer ersten ärztlichen Untersuchung gegen eine polizeiliche Befragung. Von
       der erhofft sich die Staatsanwaltschaft, aber auch die Öffentlichkeit, mehr
       Aufschluss über die Motive dieser unfassbaren Attacke.
       
       Zunächst zirkulierten verschiedene und zum Teil widersprüchliche Versionen
       vom Ablauf seiner Attacke, aber auch einige Bilder. Ein Video, das der
       Nachrichtensender LCI ausgestrahlt hat, zeigt eine Szene vor der Festnahme:
       Der mutmaßliche Täter, ein bärtiger Mann mit dunkler Sonnenbrille, Kopftuch
       und Messer in der rechten Hand droht, rennt über den Rasen. Ihm folgt ein
       Mann in Zivil, der einen Rucksack vor sich hält, um sich so vermutlich
       gegen einen Angriff zu schützen.
       
       Der Ex-Fußballprofi Anthony Le Tallec behauptet gegenüber dem
       Nachrichtensender LCI, beim Joggen habe er plötzlich Leute bemerkte, die
       flohen, eine Frau habe ihm gesagt: „Achtung, ein Typ will mit einem Messer
       alle töten!“. Er habe dann selber gesehen, wie dieser einen „Großvater“
       angegriffen und andere Personen bedroht habe. Mütter hätten geschrien und
       ihre Kinder geschützt, andere Personen hätten zu intervenieren versucht.
       
       Le Tallec habe den herbei geeilten Polizisten zugerufen „Schießt auf ihn!“,
       diese hätten zuerst „lange“ gezögert. Diese Darstellung wurde von Sprechern
       der Polizeigewerkschaften zurückgewiesen, die Polizei sei bereits vier
       Minuten nach dem ersten Angriff am Tatort eingetroffen. Andere Zeugen
       erklärten, sie hätten den Tatverdächtigen bereits in den Tagen zuvor
       gesehen, wie er in der Nähe des Spielplatzes auf einer Bank gesessen habe.
       
       Wegen des Angriffs hat die französische Nationalversammlung eine Debatte
       für eine Schweigeminute unterbrochen, alle politischen Fraktionen äußerten
       sich betroffen und solidarisch mit den Familien der Kinder in Annecy. Auch
       Frankreichs Präsident Macron äußerte sich bestürzt. Er verurteile die
       „absolute Feigheit“ eines Angriffs auf Kinder. Premierministerin Elisabeth
       Borne und Innenminister Gérald Darmanin trafen am frühen Nachmittag in
       Annecy ein.
       
       Da es sich beim Festgenommenen um einen syrischen Asylbewerber handelt,
       ließ die [2][politische Instrumentalisierung mittels einer Polemik] um die
       Migrationspolitik nicht lange auf sich warten. Borne erklärte bei einer
       Medienkonferenz, vor Spekulationen müsse man der Untersuchung Zeit zur
       Aufklärung lassen.
       
       8 Jun 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Asylantraege-von-Gefluechteten-beim-Bamf/!5765177
   DIR [2] /Konservative-in-Frankreich/!5900076
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Rudolf Balmer
       
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