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       # taz.de -- Nach Korruptionsskandal im EU-Parlament: Ein Gremium, das mal reden soll
       
       > Als Konsequenz aus dem "Katargate"-Korruptionsskandal will die
       > EU-Kommission ein Ethikgremium einsetzen. Das bleibt hinter den
       > Erwartungen zurück.
       
   IMG Bild: Dürfte von Sanktionen unbehelligt bleiben: der frühere deutsche EU-Kommissar Günther Oettinger
       
       Brüssel taz | Ein halbes Jahr nach dem „[1][Katargate]“ – dem großen
       Korruptionsskandal im Europaparlament, der Ende 2022 aufgedeckt wurde –
       will die Europäische Union aufräumen und für mehr ethisches Verhalten ihrer
       Politiker und Beamten sorgen. Einen entsprechenden Entwurf stellte die
       EU-Kommission am Mittwoch in Brüssel vor.
       
       Der Skandal habe gezeigt, dass es immer noch Lücken im Regelwerk der EU
       gebe, sagte die für „Werte und Transparenz“ zuständige
       Kommissionsvizepräsidentin Vera Jourova. Diese gelte es rechtzeitig vor der
       Europawahl im Juni 2024 zu schließen, um die Demokratie zu schützen und den
       Vormarsch von EU-Gegnern zu stoppen.
       
       Ihr Entwurf für ein Ethikgremium bleibt jedoch weit hinter den Erwartungen
       zurück. Geplant ist zunächst nur, dass sich neun EU-Institutionen – neben
       der Kommission sind dies etwa das Parlament, der Ministerrat oder der
       Rechnungshof – um gemeinsame Verhaltens-Standards bemühen. Eine erste
       Aussprache ist im Juli geplant.
       
       Man wolle über die Annahme von Geschenken, die Bezahlung von Auslandsreisen
       und Treffen mit [2][Lobbyisten] reden, so Jourova. Weitere Themen sind
       Nebenjobs und neue lukrative Tätigkeiten nach dem Ausscheiden aus einer
       EU-Behörde. Der frühere deutsche EU-Kommissar Günther Oettinger war deshalb
       wiederholt in die Schlagzeilen geraten.
       
       ## Große Konsequenzen sind offenbar nicht zu erwarten
       
       Sanktionen sind jedoch nicht geplant. Das neue Ethikgremium soll sich auch
       nicht um die Durchsetzung der Regeln kümmern – dies bleibt den jeweiligen
       Institutionen vorbehalten. Oettinger dürfte daher ebenso unbehelligt
       bleiben wie der frühere Chef des Rechnungshofs, [3][Klaus-Heiner Lehne],
       der in einen Spesenskandal verwickelt war.
       
       Nicht einmal beim „Katargate“ werde das neue Gremium für Abhilfe sorgen,
       fürchten Kritiker wie der grüne Europa-abgeordnete Daniel Freund. „Der
       Vorschlag ist ein zahnloser Tiger“, so Freund. Er sei „unzureichend,
       unterfinanziert und uninspiriert“. Nötig wäre eine unabhängige Behörde, die
       mögliche Interessenkonflikte, Korruption und Missmanagement überwacht.
       
       Ähnlich äußerte sich „Transparency International“, eine auf Ethikfragen
       spezialisierte Nichtregierungs-Organisation. Kommissionschefin Ursula von
       der Leyen habe schon 2019 eine Ethikbehörde versprochen, jedoch nichts
       getan. Auch der neue Vorschlag bedeute bloß „Business as usual“, so
       TI-Experte Nicholas Aiossa. Der vom „Katargate“ angerichtete Schaden werde
       damit nicht behoben.
       
       8 Jun 2023
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Eric Bonse
       
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