# taz.de -- Die Linkspartei bricht mit Wagenknecht: In letzter Sekunde
> Die Linke sieht ihre Zukunft ohne Sahra Wagenknecht. Damit zieht die
> Partei endlich die Reißleine. Das war längst überfällig.
IMG Bild: Auch ein Streitpunkt mit Wagenknecht: Solidaritätsaktion des Linken-Parteivorstands für Geflüchtete
Die Ansage kommt spät, möglicherweise zu spät: „Die Zukunft der Linken ist
eine Zukunft ohne Sahra Wagenknecht“, [1][hat der Parteivorstand der Linken
am Wochenende einstimmig beschlossen]. Damit manifestiert er jetzt endlich
unmissverständich den Bruch, den Wagenknecht längst de facto vollzogen hat.
Das war mehr als überfällig. Denn: Hat die Partei überhaupt noch eine
Zukunft?
Ob die zerfledderte Linke noch zu retten ist, ist offen. Klar ist aber:
Eine Fortsetzung des bisherigen Zauderns und Zögerns würde sicher den
Untergang bedeuten. Bislang stets gedeckt von der grandios fehlbesetzten
Führung der Bundestagsfraktion, denunzieren Wagenknecht und ihre
Kombattant:innen bis heute die Mehrheit der Partei als [2][Ansammlung
von „Lifestylelinken“], die den Bezug zu den wahren gesellschaftlichen
Problemen verloren hätte. Das lässt sich nicht nur auf Dauer nicht
aushalten, sondern ist auch infam.
Um es ganz konkret zu machen: Viel zu wenig beachtet, ist die Linke
bedauernswerterweise die einzige Partei im Bundestag, die sich der
[3][fatalen Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems] verweigert,
die also nicht dabei mitmachen will, die [4][Grundrechte von Menschen in
Not an den EU-Außengrenzen] weitgehend zu schleifen. Das zeigt, wie wichtig
eigentlich die Partei ist. Von einem „Anschlag auf die Menschenrechte“ und
einem „Kniefall vor Rechtsaußen“ spricht zu Recht die Linken-Vorsitzende
Janine Wissler. Und was sagt Wagenknecht dazu? Sie distanziert sich von den
Äußerungen Wisslers: „Wenn man ein Problem versucht zu lösen, dann ist das
kein Kniefall.“
Für die „Linkskonservative“ Wagenknecht ist das Problem nicht die Not der
Geflüchteten, sondern die „unkontrollierte Zuwanderung“, die halt
„irgendwie“ gelöst werden müsse. Damit befindet sich die vermeintliche
Nonkonformistin im Bundestag im antihumanen Mainstream – von den
Ampelparteien SPD, FDP und Grünen bis zur Union und der AfD, die laut
Beifall klatschen. Aber weit jenseits der Positionen ihrer derzeitigen
Partei. Und links ist das schon einmal gar nicht.
Dass sich die Linkspartei in einer Existenzkrise befindet, verdankt sich
ihrem jahrelangen Unvermögen, einen klaren Trennstrich zu der in trüben
Gewässern fischenden Populistin und ihrem zerstörerisch wirkenden Anhang zu
ziehen. Selbst den nunmehr seit etwa einem Jahr laufenden [5][Planungen für
eine Konkurrenzkandidatur zur Europawahl] wurde bislang hilflos zugeschaut.
Jetzt hat die Partei endlich die Reißleine gezogen. Es war allerhöchste
Zeit.
11 Jun 2023
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## AUTOREN
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