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       # taz.de -- Formschwaches DFB-Team bei U21-EM: Schlechte Haltung
       
       > Die U21-Nationalmannschaft steht bei der Fußball-EM nach einem 1:2 gegen
       > Tschechien überraschend vor dem Turnier-Aus.
       
   IMG Bild: Gruppenbild mit Rasen: Yann Bisseck (v.) macht sich nach dem Abpfiff lang
       
       Die Verantwortlichen beim Deutschen Fußball-Bund (DFB) haben mittlerweile
       eine beachtliche Routine in der Kunst der Krisenkommunikation entwickelt.
       Bei der A-Nationalmannschaft muss schon länger ein Misserfolg nach dem
       anderen erklärt und verarbeitet werden, in diesen Sommertagen zieht nun
       auch die zuletzt recht erfolgreiche U21-Nationalmannschaft nach. Dem
       enttäuschenden Unentschieden gegen Israel [1][zum Auftakt der EM] in
       Georgien und Rumänien folgte am Sonntagabend eine 1:2-Niederlage gegen
       Tschechien.
       
       Die Mannschaft muss am Mittwoch England besiegen und im Parallelspiel
       darauf hoffen, dass Israel Tschechien schlägt, allerdings nicht allzu hoch.
       „Es ist enttäuschend“, sagte DFB-Sportdirektor Rudi Völler am Montag im
       Teamhotel an der georgischen Schwarzmeerküste und monierte, dass „diese
       drei, vier, fünf Prozent, egal, wie man das nennt, diese Konsequenz, dieser
       Willen ein bisschen gefehlt“ haben.
       
       Völler wies auf ein Problem hin, das sich deutlich als Grundsatzthema der
       DFB-Gegenwart entpuppt. Jedenfalls sprach Völler vom „Spiegelbild zum
       A-Nationalteam“. Analog zu den Spielen des Teams von Bundestrainer Hansi
       Flick wirken auch bei diesem Juniorenturnier weniger prominent besetzte
       Gegner entschlossener, leidenschaftlicher und engagierter als die
       Deutschen. Es drängt sich der Eindruck auf, im Glauben an die eigene Stärke
       es langsam angehen zu können. Dem widersprach Völler: „Das täuscht.“ Es
       gebe schließlich genug warnende Beispiele.
       
       ## „100 Prozent Glauben“
       
       Klar ist aber, dass die große Herausforderung der kommenden Monate darin
       besteht, das Wesen der wichtigsten Männerteams anzupassen: „Mentalität,
       Qualität, das ist ja alles gewissermaßen ein Paket“, sagte Völler. „Diese
       letzte Konsequenz, mit aller Macht diesen Ball vor dem Tor zu bekommen, den
       Gegner zu bedrängen, das geht mir ein bisschen ab.“ Bis zum in Deutschland
       stattfindenden Kontinentalturnier im kommenden Jahr müssen die DFB-Teams an
       genau dieser Stelle Fortschritte machen, lautete die Hauptforderung. Wobei
       [2][U21-Nationaltrainer Antonio Di Salvo] nach der Niederlage gegen
       Tschechien ein wenig anders klang: „Generell kann man der Mannschaft nicht
       absprechen, 100 Prozent gegeben und den Glauben zu haben, ein Tor zu
       erzielen. Es ist halt nicht gefallen.“
       
       Die Spieler Jannik Keitel und Angelo Stiller sprachen unterdessen von
       „Spielglück“, das gefehlt habe, was sicher nicht ganz falsch ist. Das
       Siegtor der Tschechen fiel aus einer von Zufällen beeinflussten
       Strafraumsituation im Anschluss an eine Ecke, nach einer Szene, wie sie
       sich in ähnlicher Form mehrfach auch vor dem anderen Tor ergeben hatte.
       „Aber denen fällt der Ball dann vor die Füße“, sagte Keitel. Dass die
       deutsche U21 von solchen Zufallsmomenten abhängig ist, statt Wege zu
       finden, Gegner ohne Spieler aus größeren Ligen wie Tschechien und Israel
       mit der eigenen überlegenen Klasse zu besiegen, bleibt allerdings
       bedenklich.
       
       In jedem Fall hinterließ die Reisegruppe des DFB in Georgien nicht den
       Eindruck, die richtige Haltung zum Wettbewerb gefunden zu haben. Wochenlang
       war während des Trainingslagers der Teamgeist beschworen worden, und
       vermutlich verstehen die Spieler sich tatsächlich ganz gut in Batumi, wo
       mit Hingabe Tischtennis oder Fußballtennis gespielt wird. Aber auf dem
       Platz traf die Mannschaft bisher zwei Mal auf Gegner, die eher den Anschein
       von Kollektiven hinterließen, die mit der Kraft der Gemeinschaft über sich
       hinauswachsen.
       
       Zuletzt wurde angesichts dieser Probleme sogar darüber spekuliert, ob
       Völler bei weiteren Misserfolgen für die Zeit bis nach der EM den
       unglücklichen Hansi Flick ersetzen könnte. „Das ist ausgeschlossen“,
       erwiderte Völler auf solche Überlegungen, „der Hansi ist ein Toptrainer,
       der wird das super hinbekommen.“
       
       Seit Völler in der vergangenen Woche nach der Niederlage der
       A-Nationalmannschaft gegen Kolumbien die Qualität einiger Akteure
       kritisiert hatte, steht vielmehr die Frage nach der grundlegenden Eignung
       der deutschen Profis für das höchste Niveau auch bei der U21 im Raum. „Da
       kann man drüber streiten“, sagte Angelo Stiller. Vielleicht wäre ein wenig
       Streit gar nicht so schlecht im DFB, der in diesem Sommer des Misserfolges
       verkrampft harmonisch wirkt.
       
       26 Jun 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://gff.ge/under21/en/home/
   DIR [2] https://de.wikipedia.org/wiki/Antonio_Di_Salvo
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Daniel Theweleit
       
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