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       # taz.de -- Warum „Abolitionismus“ helfen kann: Die Alternative lautet Abschaffen
       
       > Termindruck, schlechte Nachrichten und rechte Rechte: Das alles kann
       > überfordern. Aber Menschengemachtes lässt sich ändern – und dafür gibts
       > Konzepte.
       
   IMG Bild: Grundsätzliches Graffitti an einer Hauswand
       
       Manchmal sieht der Tag nicht nach la doce vita aus. Der Crush aus dem Café
       hat aufgehört, dort zu arbeiten, bevor man sich hat verabschieden können.
       Man hat sich dagegen entschieden, einen Schirm einzupacken und plötzlich
       regnet es in Strömen. Und der Zug kommt zu spät, wenn man einen dringenden
       Termin hat. Manchmal hört man Nachrichten und wird mit Meldungen
       überfordert, die einen so sehr beschäftigen, dass man nicht einschlafen
       kann. Vielleicht, weil eine Bedrohungslage besonders nah zu sein scheint
       oder sie Menschen trifft, die man liebt.
       
       Das kann ein Krieg sein, Repressionen wie in [1][Iran] oder
       [2][Rechtsextreme], die mithilfe von Teilen der Bevölkerung staatliche
       Organe als Funktionäre und Entscheidungsträger*innen unterlaufen. Das
       passiert natürlich nur, weil die Grünen Gendern gut finden und die Ossis
       von den Wessis verarscht wurden (was sogar stimmt) und nicht, weil Rechte
       rechte Ideologien unterstützen.
       
       Wer den Wahlkampf des AfD-Landrats Robert Sesselmann aus Sonneberg verfolgt
       hat, weiß, dass er mit nationalistischen und rassistischen Inhalten
       gepunktet hat und nicht mit sozialem Wohnungsbau, Armutsbekämpfung und
       Inklusion.
       
       Doch weil Linke ja wissen, dass Menschengemachtes vom Menschen auch wieder
       verändert werden kann, verliere ich die Hoffnung nicht. Gerade bin ich
       guter Dinge, denn ich war vergangenes Wochenende auf einer Konferenz zum
       Thema Abolitionismus (von lat. abolitio = Abschaffung) in Hamburg.
       Verschiedene Grassrootinitiativen, die zu Themen wie Klima, Grenzregime,
       Rassismus und Polizei arbeiten, konnten sich dort vernetzen. Input gab es
       unter anderem von der Abolitionistin und Gefängnisforscherin Ruth Wilson
       Gilmore, einer Koryphäe in diesem Feld, die in ihrer Rede beispielhaft
       erläutert hat, was Abolitionismus sein kann.
       
       ## Soziale Beziehungen neu denken
       
       Ich erzähle das, weil hin und wieder, wenn ich über starke Rechte in
       Deutschland oder den Kapitalismus spreche, Kommentator*innen meiner
       Kolumne fragen: Und was bitte ist die Alternative? Als ob man nicht selbst
       nach nicht-rechten Alternativen schauen könnte. Für alle, deren Horizont
       weiter reicht als der Schlager „Layla“, werfe ich diesen Ansatz hier in den
       Raum.
       
       Abolitionismus ist mehr als die Forderung nach weniger Finanzierung oder
       Abschaffung staatlicher Organe, wie der Polizei oder Gefängnisse. Die Idee
       ist, Herrschaft, Besitz und Eigentum grundsätzlich zu hinterfragen und
       soziale Beziehungen neu zu denken und einzugehen.
       
       Wer nicht will, dass wir hier noch weiter nach rechts driften, muss sich
       diese Fragen stellen und kann sich offenbar nicht auf parlamentarische
       Politik verlassen. Abolitionismus ist eine Möglichkeit kreativer,
       gesellschaftlicher Transformation, mit der sich, in Zeiten, in denen die
       AfD eine*n Kanzlerkanditat*in aufstellen will, die Auseinandersetzung
       lohnt.
       
       28 Jun 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Drohende-Hinrichtung-im-Iran/!5939133
   DIR [2] /Nach-dem-AfD-Sieg-in-Sonneberg/!5940175
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Amina Aziz
       
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