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       # taz.de -- Sonneberg in Thüringen: AfD-Kandidat wird fast Landrat
       
       > Robert Sesselmann verfehlt die Mehrheit nur knapp. Der zweitplatzierte
       > CDU-Mann liegt 11 Prozentpunkte zurück. Das Entsetzen ist groß.
       
   IMG Bild: Robert Sesselmann (AfD) im Thüringer Landtag
       
       Sonneberg taz | Bei der Landratswahl im südthüringischen Sonneberg hat der
       [1][AfD]-Kandidat Robert Sesselmann 46,7 Prozent der Stimmen erhalten – und
       wäre damit beinahe im ersten Wahlgang zum ersten AfD-Landrat Deutschlands
       gewählt worden. Weil Sesselmann die notwendigen 50 Prozent für eine
       Direktwahl aber knapp verfehlte, kommt es in zwei Wochen zu einer Stichwahl
       zwischen Sesselmann und dem Zweitplatzierten: Jürgen Köpper von der CDU. Er
       erhielt mit 35,7 Prozent elf Prozentpunkte weniger als der AfD-Politiker.
       Die parteilose SPD-Kandidatin Anja Schönheit kam auf 13,3 Prozent, die
       gemeinsame Kandidatin der Linken und Grünen, Nancy Schwalbach, auf 4,4
       Prozent.
       
       Die Kreisverbände der Linken, Grünen und SPD in Sonneberg wollen nun den
       CDU-Politiker Jürgen Köpper unterstützen und dazu aufrufen, ihn zu wählen.
       [2][„Unter Demokraten gehört sich das so“], hieß es etwa von der
       Sonneberger SPD. Es müsse verhindert werden, dass der AfD-Kandidat gewinnt.
       Bei der Stichwahl im brandenburgischen Landkreis Oder-Spree vor einem Monat
       hatten CDU und Freie Wähler nicht explizit zur Wahl des AfD-Konkurrenten
       Frank Steffen (SPD) aufgerufen – wofür sie scharf kritisiert wurden. Am
       Ende gewann der SPD-Politiker nur knapp: Er erhielt 52,4 Prozent, der
       AfD-Kandidat 47,6 Prozent.
       
       Die Wahlbeteiligung bei der Landratswahl in Sonneberg lag bei 49,1 Prozent.
       „Die Hälfte, die nicht hingegangen ist, trägt auch ein Stück
       Mitverantwortung dafür, dass der AfD-Kandidat beinah aus dem Stand 50
       Prozent gekriegt hat“, sagte Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow
       (Linke).
       
       Mit Blick auf die Stichwahl sagte er, dass er es gut fände, wenn sich nun
       Demokraten versammelten und sich auch lokale Firmen zu Wort meldeten.
       Ramelow fürchte, das Wahlergebnis könne internationale Fachkräfte
       abschrecken, nach Sonneberg zu kommen.
       
       ## Entsetzen unter Landespolitiker*innen
       
       Der Thüringer CDU-Chef Mario Voigt kündigte an, dass seine Partei bis
       Stichwahl in zwei Wochen „alles geben“ werde, damit Sonneberg „stabil“
       bleibe. „In zwei Wochen geht es um eine klare Entscheidung: Sachpolitik und
       echte Heimatliebe oder leere Versprechen, die die Zukunft des Landkreises
       Sonneberg gegen die Wand fahren.“
       
       Georg Maier, der Vorsitzende der Thüringer SPD, wirbt ebenfalls wie die
       Sonneberger SPD für eine Wahl des CDU-Kandidaten. Die SPD-Kandidatin habe
       „grandios“ gekämpft, „für die Stichwahl empfehle ich Jürgen Köpper
       @cdu_thueringen“, schrieb Maier bei Twitter. Über die Ursachen dieses
       Wahlergebnisses müsse intensiv diskutiert werden. „Eines ist jedoch klar.
       Wer unsere Demokratie bewahren will, muss jetzt aktiv werden. Und das nicht
       nur bei der Stichwahl in #Sonneberg. Demokratie braucht uns alle als
       Unterstützerinnen und Unterstützer.“
       
       Die Sprecherin der Thüringer Grünen Ann-Sophie Bohm twitterte, es sei
       erschreckend, wie viele Menschen den „rechtextremen Kandidaten“ gewählt
       haben. „Das Ergebnis zeigt, wie gefährlich es ist, den Diskurs durch
       Rechtspopulismus weiter zu verschieben. Wir Demokrat*innen müssen
       gemeinsam Konsequenzen daraus ziehen!“
       
       ## „Richtig krass, richtig schlimm“
       
       Auch die Sprecherin für Antifaschismus der Linken im Thüringer Landtag,
       Katharina König-Preuss, fand klare Worte: „Es ist richtig krass, richtig
       schlimm, dass fast 50 % der Wählenden für die AfD in #Sonneberg stimmen“,
       schrieb sie auf Twitter.
       
       [3][Thüringens FDP-Chef Thomas Kemmerich] teilte mit: „Das Ergebnis der
       Landratswahl ist nicht gut für den Landkreis Sonneberg. Die Chance im
       zweiten Wahlgang sollte sein, die über 50 Prozent Nichtwähler zu
       mobilisieren, um das Ergebnis zugunsten des Kandidaten der CDU, Jürgen
       Köpper, positiv für den Landkreis zu gestalten.“
       
       Die Landratswahl in Sonneberg fand vorzeitig statt, weil der 2018 gewählte
       Landrat Hans-Peter Schmitz (parteilos) aufgrund einer Erkrankung in den
       Ruhestand versetzt wurde – regulär wäre seine Amtszeit erst am 30. Juni
       2024 zu Ende gegangen. Schmitz, der von der Linken und SPD unterstützt
       wurde, wird seit März 2021 von dem CDU-Kandidaten Jürgen Köpper vertreten.
       
       12 Jun 2023
       
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