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       # taz.de -- Gesundheitsversorgung für Wohnungslose: Mehr als nur das Nötigste
       
       > Wohnungslose Menschen ohne Krankenversicherung werden meist nur im
       > Notfall behandelt. Ein Gremium soll Ideen zur Verbesserung der Situation
       > vorlegen.
       
   IMG Bild: Oft der einzige Ort, an dem Wohnungslose medizinisch versorgt werden
       
       Berlin taz | Krankheit macht arm und Armut krank: Ein Teufelskreis für
       wohnungslose Menschen, denn sie haben oft keine Krankenversicherung.
       [1][Wer dann medizinische Hilfe braucht, für den kommt meist nur die
       Notfallversorgung im Krankenhaus in Frage.]
       
       Seit 2018 gibt es in Berlin zwar eine [2][Clearingstelle] für Menschen ohne
       ausreichenden Krankenversicherungsschutz. Menschen, bei denen ein
       Versicherungsschutz auch nach dem „Clearing“ nicht möglich ist – vor allem
       mittellose EU-Bürger:innen und Menschen ohne Aufenthaltsstatus – können
       aber kaum mehr als mit einer Basisversorgung rechnen.
       
       Außerdem werden wohnungslose Menschen nach einer Notfallbehandlung aus den
       Krankenhäusern meist entlassen, bevor der Heilungsprozess abgeschlossen
       ist. Für Menschen, die nicht in einer Wohnung vollständig genesen können,
       sondern auf die Straße entlassen werden, ist das ein Problem, denn so
       drohen die Wunden sich zu entzünden.
       
       [3][Schätzungen zufolge leben mindestens 50.000 Menschen] ohne Wohnung in
       Berlin, immer mehr von ihnen kommen aus dem Ausland und haben keinen
       Anspruch auf einen Versicherungsschutz über das Sozialamt. Ihre oftmals
       prekäre Gesundheitssituation sorgt für eine hohe Übersterblichkeit in der
       Gruppe, 76 Prozent der wohnungslosen Menschen sind außerdem von teils
       schweren psychischen Erkrankungen betroffen: substanzbezogene Abhängigkeit,
       schwere Depressionen oder psychotische Erkrankungen kommen deutlich gehäuft
       vor.
       
       Die Landesgesundheitskonferenz, die den Berliner Senat berät, hat nun eine
       Untergruppe einberufen, die auf [4][wohnungslose Menschen ausgerichtete
       Gesundheitsziele] auf den Weg bringen soll. Am Mittwoch stellte das Gremium
       mit Mitgliedern aus Senatsverwaltungen, Ärztekammern, Gesundheitsämtern und
       NGOs seine ersten drei Teilziele vor. Diese seien sehr elementar, hieß es,
       denn es müssten erst mal Grundlagen geschaffen werden. Eine berlinweite
       Strategie gebe es bislang nicht.
       
       ## Bessere Finanzierung notwendig
       
       Alle Vorhaben sollen möglichst schnell umgesetzt werden, danach könnten
       weitere Ziele erarbeitet werden. Bis Juli 2024 will das Gremium zunächst
       ein Konzept für niederschwellige Gesundheitsversorgung erarbeiten, [5][denn
       die vorhandenen Hilfen und Angebote erreichten Bedürftige häufig nicht.]
       Menschen, die nicht in der Regelversorgung behandelt werden, stünden einem
       sehr komplexen System gegenüber. Der hohe Navigationsaufwand sei für sie
       meist nicht zu leisten.
       
       Ebenfalls 2024 soll ein Konzept zur Gesundheitsberichterstattung vorliegen,
       2025 der erste Bericht. Bislang fehlten nämlich die Daten zum
       Gesundheitszustand wohnungsloser Menschen, die als Grundlage für weitere
       Maßnahmen nötig wären. Außerdem soll ein Expertennetzwerk aufgebaut werden,
       in dem ein regelmäßiger Austausch zur gesundheitlichen Versorgung
       wohnungsloser Menschen stattfinden soll.
       
       Alle Beteiligten äußerten Bedarf nach besserer Finanzierung, um die
       Gesundheitsversorgung wohnungsloser Menschen nachhaltig zu verbessern. Die
       Krankenhäuser kämen zwar ihrer Verantwortung nach und behandelten Menschen
       auch ohne Versicherung, blieben deshalb aber jährlich auf Kosten von 10 bis
       15 Millionen Euro sitzen, so Marc Schreiner, Geschäftsführer der Berliner
       Krankenhausgesellschaft.
       
       Laut Burkhard Ruppert, Vorstand der Kassenärztlichen Vereinigung, sind alle
       notwendigen Regelungen eigentlich vorhanden, Menschen könnten sich
       versichern lassen. Das Problem sei nur, dass die entsprechenden Angebote
       nicht angenommen würden. Dem widersprach Kai-Gerrit Venske vom
       Caritasverband: „Wir wissen von genug Notfällen, in denen die Menschen
       abgewiesen werden“. [6][Zudem seien viele der wohnungslosen Menschen nicht
       dazu berechtigt, über das Sozialamt krankenversichert zu werden.] Das
       Grundproblem bleibe: Es sei nicht genug Geld im System vorhanden.
       
       30 Jun 2023
       
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