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       # taz.de -- Tarifkonflikt bei der Deutschen Bahn: Ferien ohne Streik-Zugausfälle
       
       > Die Eisenbahngewerkschaft EVG nimmt das Angebot des Bahnkonzerns an, in
       > ein Schlichtungsverfahren zu gehen. Aber die Urabstimmung soll weiter
       > laufen.
       
   IMG Bild: Bahn frei für die Urabstimmung
       
       Berlin taz | Bei der Deutschen Bahn wird es vorläufig keine neuen
       Warnstreiks geben. Stattdessen kommt wieder Bewegung in die festgefahrenen
       Tarifverhandlungen bei dem Staatskonzern. Am Donnerstag hat die
       Eisenbahngewerkschaft EVG beschlossen, Gespräche mit dem Bahnvorstand über
       eine Schlichtung aufzunehmen.
       
       „Wir haben nach dem Scheitern der Verhandlungen erklärt, uns gegen ein
       solches Verfahren nicht zu verwehren – jetzt halten wir Wort“, sagte
       Verhandlungsführer Kristian Loroch nach der Sitzung des
       EVG-Bundesvorstands. „Dabei haben wir insbesondere die Reisenden im Blick,
       die wir in der Urlaubszeit nicht wirklich bestreiken wollen.“ Denn das
       würde „die völlig Falschen treffen“. Dass die Gewerkschaft jetzt erst
       einmal nicht zum Streik aufrufe, sondern zu einer Schlichtung bereit sei,
       zeige zudem, „dass wir im Interesse unserer Mitglieder, die dringend mehr
       Geld benötigen, einen baldigen Abschluss anstreben – allerdings nicht um
       jeden Preis“.
       
       Am Mittwoch vergangener Woche hatte die EVG die seit Ende Februar
       [1][laufenden Tarifgespräche für gescheitert] erklärt. Einen Tag später
       beschloss der Gewerkschaftsvorstand, in die Vorbereitung für die
       Urabstimmung unter den rund 110.000 bei der Bahn beschäftigten
       EVG-Mitgliedern zu gehen. Daran soll auch weiter festgehalten werden.
       
       „Klar ist: Der Bundesvorstand steht zu seiner Entscheidung, eine
       Urabstimmung durchzuführen“, sagte EVG-Tarifvorstand Cosima Ingenschay.
       Rund einen Monat dauert das Prozedere. Den stimmberechtigten
       EVG-Mitgliedern solle die Möglichkeit gegeben werden, über das Ergebnis der
       Schlichtung abzustimmen. „Überzeugt das Ergebnis nicht, [2][werden
       unbefristete Streiks] die Folge sein“, gab sich Ingenschay kämpferisch.
       
       ## Schlichtung kann „so schnell wie möglich beginnen“
       
       Zuletzt hatte der Bahnvorstand eine Lohnerhöhung von jeweils 200 Euro
       brutto im Dezember 2023 und im August 2024 angeboten, plus eine
       Inflationsausgleichsprämie von 2.850 Euro. Die Laufzeit des Tarifvertrags
       sollte 27 Monate betragen. Die EVG begründete ihre Ablehnung damit, dass
       angesichts der sehr langen Laufzeit, auf der der Bahnvorstand bestand, die
       vorgeschlagenen Gehaltssteigerungen viel zu niedrig seien und zu spät
       kämen.
       
       Die [3][Gewerkschaft war mit der Forderung] nach einer rückwirkend ab März
       dieses Jahres geltenden Lohnerhöhung um 650 Euro brutto oder 12 Prozent für
       die oberen Lohngruppen in die Verhandlungen gegangen. Nach ihrer
       Vorstellung sollte die Laufzeit des Tarifvertrags 12 Monate betragen.
       
       In den Verhandlungen mit Konkurrenzunternehmen der Bahn stimmte die EVG
       jedoch bereits angebotenen Lohnerhöhungen von 420 Euro monatlich in zwei
       Stufen sowie Inflationsausgleichprämien zwischen 1.000 und 1.400 Euro zu.
       Die Laufzeit der jeweiligen Tarifverträge beträgt 21 Monate. Die
       Vereinbarungen sind zwar besser als das Angebot der Deutschen Bahn, von
       diesem allerdings auch nicht Lichtjahre entfernt. Nun dürften sie als
       Blaupause für eine mögliche Einigung dienen.
       
       Die Initiative für das Schlichtungsverfahren ging vom Bahnvorstand aus.
       Nachdem er zunächst nur mit Empörung und einseitigen Schuldzuweisungen auf
       den Abbruch der Verhandlungen reagiert hatte, schlug er am Mittwoch vor, in
       die Schlichtung zu gehen. „Eine Lösung am Tisch ist im Sinne der
       Mitarbeitenden und der Fahrgäste“, begründete der Bahnvorstand seinen
       Vorstoß. Die EVG wurde um eine Rückmeldung bis Freitagmittag gebeten.
       
       „Wir sind bereit, mit den Vorbereitungen einer Schlichtung so schnell wie
       möglich zu beginnen“, sagte EVG-Mann Loroch. Sollte das Ergebnis jedoch
       letztlich nicht überzeugen, drohe „ein heißer Herbst mit massiven
       Auswirkungen bei Eisenbahn und Bus im Bereich der Deutschen Bahn“.
       
       Anders als beispielsweise zuletzt bei den Tarifverhandlungen für den
       Öffentlichen Dienst gibt es bei der Deutschen Bahn kein festgeschriebenes
       Verfahren zur Schlichtung. Die EVG hätte das Bahnbegehren also auch
       ablehnen können. Während der Schlichtung herrscht üblicherweise
       Friedenspflicht, Streiks oder sonstige Arbeitskampfmaßnahmen dürfte es also
       währenddessen nicht geben.
       
       Entsprechend erleichtert zeigte sich der Bahnvorstand. „Wir begrüßen die
       Entscheidung der EVG, in ein Schlichtungsverfahren einzusteigen, um den
       Tarifkonflikt beizulegen“, teilte der Konzern am Donnerstag mit. „Wir
       werden nun Ablauf und Prozess besprechen.“
       
       29 Jun 2023
       
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   DIR Pascal Beucker
       
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