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       # taz.de -- Verhandlung zu Batterien im EU-Parlament: Neue Regeln für Batterien
       
       > Am Dienstag soll das EU-Parlament über eine neue Batterieverordnung
       > abstimmen. Die soll den Lebenszyklus von Akkus nachhaltiger machen.
       
   IMG Bild: Ohne Batterien kommt man heute kaum noch aus
       
       Egal ob für Spielzeug, Handys, E-Zigaretten oder E-Autos – ohne Batterien
       kommt man heute kaum noch aus. Außerdem sind sie wichtig für die
       [1][Energiewende]. 2022 wurden in Europa so viele batteriebetriebene
       Fahrzeuge zugelassen wie noch nie, ihr Marktanteil lag bei 12 Prozent. Und
       schon 2035 sollen in Europa keine Autos mehr mit Verbrennungsmotor verkauft
       werden. Mehr Batterien heißt auch mehr Umweltbelastung. Denn die
       Produktion, Nutzung und Entsorgung von Batterien hat enorme Auswirkungen
       auf die Umwelt. Sie enthalten Schadstoffe wie Blei, Cadmium oder
       Quecksilber.
       
       Weil die bisherigen EU-Richtlinien nur die Entsorgung von [2][Batterien]
       regeln, soll es neue Regeln auch für Produktion und Verkauf und ein
       resourcenschonendes Kreislaufsystem geben. Über die neue Batterieverordnung
       stimmt an diesem Dienstag das EU-Parlament ab. Sie ist Teil des European
       Green Deals, mit dem sich alle 27 Mitgliedstaaten verpflichtet haben,
       Europa bis 2050 zum ersten klimaneutralen Kontinent zu machen.
       
       Die geplante Batterieverordnung will den Umweltschutz stärken, unter
       anderem mit einem Batteriepass, einem CO2-Fußabdruck für die
       Batterieproduktion, der die Emissionen transparent macht, und gestaffelte
       Recyclingziele für unterschiedliche Batterietypen. Neu in die Regulierung
       sollen jetzt auch bisher nicht berücksichtigte Stromspeicher kommen,
       darunter „Batterien für leichte Verkehrsmittel“ wie E-Bikes und E-Roller.
       
       Bis Ende 2027 sollen dafür beispielsweise 50 Prozent des gesamten dafür
       benötigten Lithiums recycelt werden müssen, bis 2031 sollen es sogar 80
       Prozent sein. Lithium ist neben Kobalt ein notwendiger Bestandteil von
       wiederaufladbaren Lithium-Ionen-Batterien. Die Nachfrage nach Lithium und
       anderen Metallen wird in Zukunft enorm steigen. Der Grund: Für die
       Herstellung benötigen Elektrofahrzeuge mehr Metalle als konventionelle.
       Elektromotoren beinhalten Magnete, für sie werden zudem Metalle wie seltene
       Erden benötigt.
       
       ## Geringe Sammelquote
       
       Für Deutschland auch ein geopolitisches Problem: Zwei Drittel der
       importierten seltenen Erden kam 2021 aus China. Um Ressourcen zu schonen,
       setzt deshalb die Batterieverordnung verstärkt auf Recycling und
       Alternativen zum Abbau von vielen Rohstoffen.
       
       Das Batterierecycling ist in Deutschland bereits über das Batteriegesetz
       geregelt, aber die Sammelquote von Batterien ist gering. Im Jahr 2022 waren
       etwa 63.000 Tonnen Gerätebatterien im Umlauf. Umgerechnet sind das etwa 21
       der sogenannten AA-Batterien pro Person pro Jahr in Deutschland. Etwa jede
       zweite Batterie wurde in Deutschland nicht fachgerecht entsorgt, zeigen
       aktuelle Zahlen der Deutschen Umwelthilfe.
       
       Um Verbraucher*innen über die enthaltenen Stoffe aufzuklären, sieht die
       neue Verordnung den „Batteriepass“ vor. Der informiert über die
       Lebensdauer, Kapazität und Anzahl der Ladezyklen, gefährliche Stoffe und
       Sicherheitsrisiken. Das sei „sehr begrüßenswert“, findet Gregor Kolbe vom
       Bundesverband Verbraucherzentrale, da so Verbraucher*innen zum Kauf von
       nachhaltigeren Batterien motiviert werden können.
       
       ## Wasserfeste Batterien
       
       Ein weiterer Kernpunkt der Verordnung ist, dass Akkus für
       Verbraucher*innen leichter auswechselbar gemacht werden sollen.
       Momentan sind viele Batterien in die Geräte geklebt. Ein Einbau solcher
       Akkus soll in Zukunft untersagt werden.
       
       Ausgenommen sind dabei solche Geräte, die „waschbar“ sind. „Da fällt aber
       höchstens so was wie eine elektrische Zahnbürste drunter“, schätzt
       EU-Parlamentsmitglied Malte Gallée von den Grünen. Auch die konservative
       EVP-Fraktion im EU-Parlament hat Bedenken bei der Herausnehmbarkeit der
       Akkus. Der Grund: Einige Geräte könnten dann nicht mehr wasserdicht sein,
       so die EVP.
       
       „Spannend wird es für Verbraucher dann bei der Umsetzung. Welche
       Schlupflöcher zum Beispiel bei der Definition über Waschbarkeit gefunden
       werden“, meint auch Verbraucherschützer Kolbe. Der Grüne Gallée sieht durch
       den Punkt der Austauschbarkeit das Ende von Einweg-E-Zigaretten voraus, die
       derzeit vor allem bei jungen Menschen beliebt sind. Die E-Kippen
       funktionieren bisher mit einer fest integrierten Lithium-Batterie.
       
       ## Lange Übergangsfristen
       
       „Die Regeln für die Herausnehmbarkeit bei wiederverwendbaren Batterien
       hätten nach Einschätzung der Deutschen Umwelthilfe klarer festgelegt werden
       können“, sagt Barbara Metz, Bundesgeschäftsführerin der DUH. Dabei ginge es
       zum Beispiel um die Kosten für die Reparatur oder Verpflichtungen für
       Unternehmen, dass sie Software-Updates auf älteren Geräten möglich machen.
       
       „Der Plan sieht ziemlich lange Übergangsfristen vor, etwa acht Jahre für
       manche neuen Regelungen. Da hätten wir uns mehr Druck gewünscht“, meint
       Kolbe von der Verbraucherzentrale. Ihn enttäuscht, dass ein wichtiger
       Aspekt ausgeklammert worden sei: „Die Anforderungen an die Dauerhaltbarkeit
       von E-Autobatterien“.
       
       ## Breite Mehrheit für Verordnung
       
       Die Deutsche Kommission für Elektrotechnik, zuständig für die
       Normgestaltung in der Elektroindustrie, reagiert verhalten auf die
       Batterieverordnung. Sie sei teilweise ohne die Rücksprache mit
       Industrieakteur*innen entstanden. Dabei sei die elektrische
       Sicherheit und der Transport von Batterien nicht genügend berücksichtigt
       worden, heißt es in einem [3][Positionspapier zum EU-Entwurf].
       
       Bei einigen Punkten müsse sich erst noch zeigen, wie die Umsetzbarkeit
       möglich ist, meint der Grüne Gallée. Zum Beispiel ist für die Abfrage nach
       dem [4][CO2-Fußbabdruck] ein IT-Tool notwendig, auf das alle
       Händler*innen und Verbraucher*innen zugreifen können.
       
       Auch welche Anreize die Regelung für Unternehmer*innen schafft, dass
       sie sich tatsächlich an die sozialen und ökologischen Verbesserungen
       anpassen, sei noch unklar. An mancher Stelle zeige sich aber schon jetzt
       die Wirkung der kommenden Verordnung. So bei Energizer Holdings, einem der
       größten Hersteller von Batterien und Taschenlampen weltweit. „Ein Berater
       von Energizer hat angekündigt, schon jetzt die Produktion umzustellen, um
       auf dem europäischen Markt bestehen zu bleiben“, meint der Grüne Gallée.
       
       Nach der Abstimmung im Parlament muss die Verordnung noch vom Europäischen
       Rat bestätigt werden. Mit einer Umsetzung der Verordnung ist ab Anfang 2024
       zu rechnen, heißt es. Sie wäre dann direkt in den Mitgliedstaaten gültig.
       „Ich rechne mit einer breiten Mehrheit für die Verordnung“, schreibt ein
       Sprecher der sozialdemokratischen S&D-Fraktion.
       
       13 Jun 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Globale-Energiewende/!5935675
   DIR [2] /Kinder-fragen-die-taz-antwortet/!5920563
   DIR [3] https://www.dke.de/de/arbeitsfelder/components-technologies/news/positionspapier-zur-batterie-verordnung
   DIR [4] /Oekologischer-Fussabdruck-und-Klimakrise/!5892875
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Ann-Kathrin Leclere
       
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