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       # taz.de -- Diplomatischer Eklat um AfD-Politikerin: Maulkorb für von Storch gefordert
       
       > Beatrix von Storch beleidigte nach einer parlamentarischen
       > Brasilien-Reise einen hohen Richter als „Verbrecher“. Nun drohen interne
       > Konsequenzen.
       
   IMG Bild: Hat einen guten Draht zum rechtsextremen Ex-Präsidenten Bolsonaro: Beatrix von Storch
       
       Berlin taz | Die Berliner Bundestagsabgeordnete Beatrix von Storch steht
       nach einem diplomatischen Eklat nicht nur international, sondern auch
       intern in der Kritik. Der stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden der
       extrem rechten AfD drohen nun Konsequenzen, nachdem sie nach einer Reise
       der deutsch-brasilianischen Parlamentariergruppe den Präsidenten des
       obersten Wahlgerichtshofs, Alexandre de Moraes, in einem Instagram-Post als
       „Brasiliens größten Verbrecher“ beschimpft hatte.
       
       Eine Gruppe AfD-Abgeordneter schlagen deswegen nun verschiedene mögliche
       Ordnungsmaßnahmen gegen von Storch vor – darunter eine offizielle
       Entschuldigung von Storchs sowie ein Redeverbot für sechs Sitzungswochen.
       Das geht aus einem der taz vorliegenden Antrag für die anstehende
       Fraktionssitzung vor.
       
       Die Äußerungen von Storchs haben für einen internationalen Eklat gesorgt.
       Die Beleidigungen waren Thema in der brasilianischen Presse und hatten ein
       diplomatisches Nachspiel: Die brasilianische Regierung bestellte den
       Gesandten der deutschen Botschaft ein, dem man „tiefes Befremden“
       übermittelte. Zudem hatte der brasilianische Botschafter mitgeteilt,
       künftig nicht an Veranstaltungen teilzunehmen, bei denen auch von Storch
       anwesend sei.
       
       Die deutsch-brasilianische Parlamentariergruppe hatte die AfD-Politikerin
       bereits zum Rücktritt aus der interfraktionellen Gruppe aufgefordert.
       Parlamentarische Gruppen sollen eigentlich den Austausch zwischen Ländern
       stärken und Abgeordnete international vernetzen. Von Storch bewirkte mit
       ihrer Beleidigung des obersten Richters bei der Reise der
       deutsch-brasilianischen Parlamentariergruppe entsprechend das Gegenteil.
       
       ## Interner Angriff auf von Storch
       
       Jetzt nutzen auch parteiinterne Gegner*innen die Gelegenheit, um von
       Storch anzugreifen, und haben den gemeinsamen Antrag für eine Debatte über
       mögliche Konsequenzen für die Fraktionssitzung am Dienstag eingebracht.
       Teil der Gruppe sind insgesamt elf AfD-Abgeordnete. Darunter mehrere
       Mitglieder des AfD-Arbeitskreises Außenpolitik wie Stefan Keuter, Steffen
       Kotré, Eugen Schmidt, Petr Bystron, Markus Frohnmaier und Matthias
       Moosdorf, aber auch das Bundesvorstandsmitglied Mariana Harder-Kühnel und
       Höcke-Vertraute wie Jürgen Pohl und Harald Weyel.
       
       Die Abgeordneten argumentieren, dass die „bilateralen Beziehungen beider
       Länder schweren Schaden genommen“ hätten. Infolge des Storch-Eklats seien
       keine Empfänge mehr für AfD-Abgeordnete in der Botschaft Brasiliens
       möglich, ebenso wenig offizielle Termine in Brasilien.
       
       Darauf angesprochen, habe sich von Storch wenig einsichtig gezeigt,
       weswegen die Antragssteller in der Fraktion über mögliche
       Disziplinarmaßnahmen und Konsequenzen diskutieren wollten: Neben dem
       Redeverbot und einer förmlichen Entschuldigung beim Vorsitzenden und den
       Mitgliedern des Europa-Ausschusses solle ebenfalls eine offizielle
       Entschuldigung der Fraktionsspitze an Brasilien, die
       deutsch-brasilianischen Parlamentariergruppe oder Bundestagspräsidentin
       Bärbel Bas diskutiert werden.
       
       ## Von Storchs guter Draht zu Bolsonaro
       
       Die international gut vernetzte Antifeministin und christliche
       Fundamentalistin von Storch hat gute Verbindungen zum [1][rechtsextremen
       Ex-Präsidenten Jair Bolsonaro]. Bolsonaro unterlag bei der letzten
       Parlamentswahl, erkannte seine Niederlage aber nicht an und eskalierte mit
       Lügen von vermeintlicher Wahlmanipulation die politisch angespannte Lage –
       ähnlich wie Donald Trump in den USA vor dem Sturm aufs Kapitol 2021.
       
       In Brasilien stürmten und verwüsteten daraufhin aufgepeitschte
       Rechtsextreme Anfang des Jahres den Kongress, das Verfassungsgericht und
       den Präsidentenpalast in der Hauptstadt Brasilia. Nun [2][drohen Bolsonaro
       mehrere Ermittlungsverfahren], weswegen sich die dortige Rechte unter
       anderem auf de Moraes, den obersten Richter für Wahlgerichtsbarkeit, als
       Sündenbock eingeschossen hat. Auch von Storch raunte von „Berliner
       Verhältnissen“ bei der Wahl in Brasilien – obwohl es keine Belege für
       Unregelmäßigkeiten gibt.
       
       Auf taz-Anfrage wollte sich von Storch nicht zu den Vorwürfen äußern. Sie
       schickte stattdessen ein Statement über ihre Social-Media-Kanäle, in dem
       sie Vorwürfe gegen de Moraes wiederholte: Der oberste Richter breche die
       Verfassung, verletze Menschenrechte und zerstöre die Gewaltenteilung, so
       von Storch – „Konservative“ seien massivem Verfolgungsdruck ausgesetzt.
       
       Den rechtsextremen Putschversuch lässt sie unerwähnt, verteidigt
       stattdessen ihr Verhalten bei der Reise und suhlt sich in der Opferrolle:
       „Negative Meinungsäußerungen“ gegen de Moraes würden sanktioniert, „selbst
       wenn sie von Parlamentariern im Ausland getätigt werden.“ Man dürfe nicht
       zulassen, dass „konservative Regierungen“ angegriffen würden, das Vorgehen
       sei – antisemitische Codes dürfen nicht fehlen – „die Agenda der linken,
       woken Globalisten“, so von Storch.
       
       ## SPD fordert Austritt aus der Gruppe
       
       Manuel Gava, der für die SPD Teil der interfraktionellen
       Parlamentariergruppe ist, bestätigte der taz, dass man von Storch wegen des
       Eklats bei der Brasilien-Reise Anfang Mai zum Rückzug aus der Gruppe
       aufgefordert habe. Ihre Äußerungen hätten negative Auswirkungen auf die
       künftige Arbeit des parlamentarischen Gremiums, so Gava.
       
       Gava sagte der taz, dass von Storch beim Empfang von Anfang an eine
       Abwehrhaltung gezeigt und keinen konstruktiven Austausch gesucht habe. Als
       sie dann anfing, in der Runde Selfies zu machen, habe er bereits mit einem
       problematischen Posting gerechnet. Er hält die brasilianische Empörung über
       das Verhalten der Abgeordneten für nachvollziehbar: „Wie würden wir damit
       umgehen, wenn Abgeordnete aus anderen Ländern den Richter vom
       Bundesverfassungsgericht beleidigen würden?“
       
       Von Storch habe de Moraes als Institution beleidigt – „das lässt tief
       blicken, was sie und die Anhänger ihrer Partei vom Rechtsstaat halten“, so
       Gava. Das Verhalten sei beschämend und auch unwürdig dem Bundestag
       gegenüber. Entsprechend habe man dem obersten Richter das Bedauern der
       Gruppe mitgeteilt und von Storch aufgefordert, von ihrem Amt
       zurückzutreten: „Frau von Storch hat so viel Schaden verursacht, dass es
       nicht gut für das deutsch-brasilianische Verhältnis wäre, wenn sie weiter
       Teil der Gruppe ist“, so Gava.
       
       13 Jun 2023
       
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       Wahlbetrugs.