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       # taz.de -- Schmerzensgeld vom Erzbistum: 300.000 Euro für Missbrauchsopfer
       
       > Eine solche Gerichtsentscheidung gab es noch nie: Das Erzbistum Köln muss
       > einem Missbrauchsbetroffenen 300.000 Euro Schmerzensgeld zahlen.
       
   IMG Bild: In den vergangenen Monaten war die katholische Kirche in der Missbrauchsfrage unter Druck geraten
       
       Köln dpa/taz | In einer wegweisenden Gerichtsentscheidung ist das
       [1][katholische Erzbistum Köln zu 300.000 Euro Schmerzensgeld] für einen
       Missbrauchsbetroffenen verurteilt worden. Das Landgericht Köln sprach das
       Urteil am Dienstag nach einer mündlichen Verhandlung, bei der kein
       Vergleich zwischen den beiden Parteien zustande gekommen war. Der heute
       62-jährige ehemalige Messdiener war in den 70er Jahren viele Jahre lang von
       einem Priester sexuell missbraucht worden.
       
       Das Urteil dürfte eine wichtige Signalfunktion haben. Die
       Betroffenenorganisation „Eckiger Tisch“ kommentierte, es gebe nun erstmals
       ein Urteil eines deutschen Gerichts, das einem Opfer sexuellen
       Kindesmissbrauchs durch einen Priester der katholischen Kirche eine
       Entschädigung in Form eines Schmerzensgelds zuspreche. Dabei werde [2][auch
       die institutionelle Verantwortung der Kirche für diese Verbrechen]
       berücksichtigt. „Dies ist ein wichtiges Signal für Tausende ähnlich
       gelagerte Fälle in Deutschland“, so der „Eckige Tisch“. Es gilt als
       wahrscheinlich, dass nun auch viele andere Missbrauchsbetroffene den
       Klageweg beschreiten werden, so dass auf die Kirche hohe Kosten zukommen
       könnten.
       
       Der Kläger, der mehr als 300 Mal von dem inzwischen verstorbenen Priester
       vergewaltigt und auf andere Weise sexuell missbraucht worden war, hatte
       750.000 Euro Schmerzensgeld gefordert. Nach der Urteilsverkündung lobte er
       die Gerichtsentscheidung jedoch als „Meilenstein für die Betroffenen“. Ihr
       Leid werde damit anerkannt. Seine Anwälte sagten, sie müssten noch prüfen,
       ob sie in Berufung gehen würden. In jedem Fall werde mit dem Urteil
       Rechtsgeschichte geschrieben, die bisherige Rechtsprechung werde
       „pulverisiert“.
       
       ## Opfer ist „furchtbares Unrecht“ zugestoßen
       
       Die Vertreter des Erzbistums wollten zunächst keine Stellungnahme angeben.
       Das Erzbistum hatte entschieden, in dem Fall keine Verjährung geltend zu
       machen. Der Vorsitzende Richter Stephan Singbartl sagte in seiner
       Urteilsbegründung, dem Kläger sei furchtbares Unrecht widerfahren. Das
       Gericht sei jedoch nicht in den höchsten Schmerzensgeld-Bereich
       vorgestoßen, weil sein Leben glücklicherweise trotz der Verbrechen nicht
       zerstört worden sei. Er habe geheiratet, Kinder bekommen und einem Beruf
       nachgehen können.
       
       Damit solle sein Leid in keiner Weise kleingeredet werden, doch sei es
       Aufgabe des Gerichts, dies auch ins Verhältnis zu anderen Geschädigten zu
       setzen. Dazu sagte der Kläger nach der Verhandlung, er habe viele Jahre
       intensiver Therapie hinter sich. Fertig sei man mit den furchtbaren
       Kindheitserlebnissen nie: „Die Flashbacks kommen immer wieder.“
       
       Bisher leistet die katholische Kirche freiwillige Zahlungen für
       Missbrauchsbetroffene, sogenannte Anerkennungsleistungen. Die dafür
       zuständige Unabhängige Kommission für Anerkennungsleistungen (UKA) in Bonn
       hat bisher in 143 Fällen eine Summe von mehr als 50.000 Euro zuerkannt. In
       24 Fällen ging es um mehr als 100.000 Euro. Betroffene haben die Zahlungen
       immer wieder als zu gering kritisiert.
       
       In den vergangenen Monaten war die katholische Kirche in der
       Missbrauchsfrage weiter unter Druck geraten. So enthüllten neue Gutachten
       für die [3][Bistümer Freiburg] und Mainz, dasss die verantwortlichen
       Bischöfe dort über Jahrzehnte hinweg konsequent die Täter geschützt und die
       Opfer ignoriert hatten.
       
       13 Jun 2023
       
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