# taz.de -- Neue Staffel „Black Mirror“ auf Netflix: Dämonen streamen
> Dystopie reiht sich auch in der sechsten Staffel „Black Mirror“ an
> Dystopie. Die Botschaft dahinter: So geht es nicht weiter.
IMG Bild: Dunkel: Annie Murphy als Joan
Die fünfte Staffel der dystopischen [1][Serie „Black Mirror“] (von nun
sechs insgesamt) kam im Juni 2019 auf Netflix raus. Seitdem haben wir die
Covid-19-Pandemie hinter uns gebracht, eine Hochwasserkatastrophe im
Westen Deutschlands mit mindestens 180 Toten, über 7.000 seit 2020 auf der
Flucht übers Mittelmeer ertrunkene Menschen, Waldbrände in Kanada, deren
Schwaden [2][inzwischen sogar in Europa ankommen] – die Liste des Horrors,
für den wir Menschen ganz allein verantwortlich sind, ließe sich
unnatürlich ausweiten.
[3][Brauchen wir also überhaupt noch schaurige Episoden] über die Gefahren
der technischen Entwicklung, ach was, über die hausgemachte
Weltvernichtung? Aber klar doch: Noch wenn der alles zerstörende Komet auf
uns zurast oder wir die letzte Biene beim torkelnden Verenden beobachten,
wird es uns nach Geschichten verlangen, die uns den Grusel als etwas
letztlich außer uns Beheimatetes ans Herdfeuer zaubern. Denn die
Innovationskraft des Genres besteht nach Freud darin, immer „neue
Möglichkeiten des unheimlichen Gefühls“ zu entdecken.
Die aktuelle „Black Mirror“-Staffel hat fünf Episoden, von denen ich eine
großartig fand, eine sehr gut und die drei anderen mau. Die beiden
gelungenen Folgen rahmen das Ganze: Folge 1, „Joan Is Awful“, beschäftigt
sich reichlich autoreferenziell mit den Möglichkeiten, (Streaming-)Angebote
immer weiter zu individualisieren, was sich klarerweise als Albtraum
entpuppt, nach dem Motto „Protect me from what I want“.
## Die Ära Thatcher
Mit Annie Murphy und Salma Hayek ist hier wohl am meisten Prominenz
aufgefahren. Folge 5, „Dämon 79“, ist in der Auseinandersetzung mit der
beginnenden Ära Thatcher politisch am schärfsten.
Wenn in letzter Zeit mal wieder vom Globalen Süden die Rede ist und warum
der nicht alles so macht, wie wir das vielleicht gern hätten – bitteschön:
Die Geschichte um die unglückliche Schuhverkäuferin Nida (Anjana Vasan),
die einen Dämon beschwören muss, um dem niederschmetternd-rassistischen
englischen Alltag zu entkommen, liefert reichlich Material. Beide Folgen
sagen, dass wir als normale brave Bürger diese Welt nicht retten werden.
Das ist noch kein Aufruf zur Revolution. Aber eine Ansage ist es schon.
30 Jun 2023
## LINKS
DIR [1] /Kolumne-Die-Couchreporter/!5356368
DIR [2] https://www.spiegel.de/wissenschaft/portugal-rauchwolke-aus-kanada-weht-ueber-europa-a-2a81f9d2-9e6b-4749-8288-f62cea46861e
DIR [3] /Black-Mirror-pausiert-in-Corona-Krise/!5681712
## AUTOREN
DIR Ambros Waibel
## TAGS
DIR Serien-Guide
DIR Schwerpunkt Klimawandel
DIR Serie
DIR Netflix
DIR Dystopie
DIR Black Mirror
DIR Dystopie
DIR Comedy
DIR Black Mirror
DIR Musikstreaming
DIR Serien-Guide
DIR Schwerpunkt Coronavirus
DIR Dystopie
## ARTIKEL ZUM THEMA
DIR Neue „Black Mirror“- Staffel: Abo aufs Hirn
„Black Mirror“ geht weiter. In der siebten Staffel gibt es die erste
Fortsetzungsepisode. Aber ist die Realität nicht düsterer als die Dystopie?
DIR Mystery-Horror-Thriller: Eingeschlagen wie ein Komet
In „Leave the world behind“ dient ein Ferienhaus als Bastion gegen den
Untergang. Ein Endzeitfilm für die Familie – und dabei erstaunlich radikal.
DIR Britische Fantasyserie „Good Omens“: Mit Engel und Dämon ins Chaos
„Good Omens“ zeigt das Leben von Engel und Teufel auf der Erde. Jetzt
bekommt sie die Fortsetzung, die nie geplant war, aber die sie verdient
hat.
DIR Serie „Die nettesten Menschen der Welt“: Geister der Gegenwart
„Die nettesten Menschen der Welt“ spiegelt den Horror einer intakten
Gesellschaft. Die Serie ist eine gewagte Produktion der ARD.
DIR Neue Zahlen der Musikindustrie: Musik existiert nicht mehr (analog)
Streaming kontrolliert den Musikmarkt und wir haben uns dafür entschieden.
Was bedeutet es jedoch, Kunst nicht mehr zu besitzen?
DIR Dystopische Serie „Black Knight“: Wenn man die Luft nicht atmen kann
Es ist 2071, die Welt ist eine lebensfeindliche Wüste. Alle Menschen leben
in Bunkern – und Lieferanten sind nicht mehr unterbezahlt, sondern Helden.
DIR Dystopische Serie „Station Eleven“: Überleben allein reicht nicht
In der Pandemie eine Serie über eine Pandemie zu machen, ist gewagt. Doch
„Station Eleven“ überzeugt, auch weil Platz für Humor und Leichtigkeit ist.
DIR „Black Mirror“ pausiert in Corona-Krise: Böse Geschichten für böse Zeiten
Die dystopische Netflix-Serie „Black Mirror“ macht Pause, weil die
Wirklichkeit schon beängstigend genug ist. Ist das angemessen?