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       # taz.de -- Action-Sport in München: Hauptsache, stylish
       
       > Die Spaß-Sport-Gemeinde feiert sich beim größten nationalen Event.
       > Olympia versucht, die Szene zu umarmen, doch die braucht das eigentlich
       > gar nicht.
       
   IMG Bild: Spaß im Team: Felix Georgii macht sich für seine Teampartnerin Jamie Lopina zum Hindernis
       
       München taz | Wenn der Actionsport in München Einzug hält, nennt sich die
       Stadt nach ihrem englischen Namen. Am Wochenende war das wieder mal der
       Fall. Das „Munich Mash“ hatte einen guten Teil des Olympiaparks für das
       größte Spaßsportfestival des Landes okkupiert. Zehntausende strömten zu den
       Events in den vier Disziplinen, bei denen es um klobige Medaillen ging. Auf
       dem Skateboard, im Wasser, mit dem Wakeboard und mit dem BMX-Rad wurde
       schon zum achten Mal in München um Mash-Medaillen gekämpft.
       
       Zum ersten Mal in diesem Jahr gehörte Streetdance zum Programm. Auch aus
       diesem Spaßsport ist längst Ernst geworden. Bei den Olympischen Spielen
       2024 in Paris geht es im Breaking zum ersten Mal um Medaillen. [1][Auf dem
       BMX-Rad] und dem Skateboard ist man schon länger olympisch unterwegs. Nur
       die Wakeboarder, die sich von einem Kabel angetrieben über Hindernisse im
       Wasser ziehen lassen, sind noch nicht in den Kreis der Etablierten
       vorgestoßen.
       
       Dafür dürfen sie an diesem Wochenende vor historisch olympischer Kulisse
       ihre Tricks vorführen. Und die ersten Medaillen, die an diesem
       Action-Wochenende vergeben wurden, waren auch ein wenig olympisch
       angehaucht. Marion Schöne, die Chefin der Olympiapark GmbH, hat sie den
       jugendlichen Siegern im Teamwettbewerb mit dem Wakeboard überreicht. Rivers
       Hedrick und Gavin Stuckey waren nicht zu schlagen.
       
       16 ist die eine, 17 der andere. So jung wie sich die Actionszene gerne
       präsentiert. Und natürlich ist es „stylish“, was die beiden auf den Rampen
       und Röhren aufführen, wie die Sprecher an den Mikros dem Publikum immer
       wieder sagen, als könnte es das nicht selbst erkennen. So wie es darauf
       hingewiesen wird, dass Pedro Caldas, der blondierte Stahlemann aus
       Brasilien, der im Teamwettberwerb die beste Einzelwertung von den „Judges“
       bekommen hat, der vielleicht „stylishste Boarder“ ist, der derzeit am
       „Cable“ unterwegs ist. „Was a fun one“, postete er unter das Siegerbild auf
       dem Instagram-Account des „Munich Mash“. Spaß, das ist das, was verkauft
       wird, an diesem Wochenende im Olympiapark.
       
       ## Sport als Markt
       
       T-Shirts mit einschlägig spaßigem Design, stylische Hemden, Kappen und
       andere Dinge zum Anziehen, gerne auch ökologisch korrekt, machen die
       Besucher, die sich da etwas zulegen, zum Teil der Szene. Mit dem neuen Teil
       wippt es sich gleich leichter mit zu der fetten Packung HipHop, die man
       verabreicht bekommt von den DJs, die unter den blau-roten Sonnenschirmen
       des Action-Sport-Großsponsors Red Bull ein wenig Ghetto-Sound über das
       wohlhabende München schicken. Eintritt kostet das Ganze nicht und Eltern,
       die mit ihren Familien kommen, sind an etlichen Stationen dazu eingeladen,
       ihre Kinder ein wenig Action ausprobieren zu lassen.
       
       Hier zeigt sich, wie weit sich der moderne Actionsport vom klassischen
       Vereinswesen entfernt hat. Wer ein paar Übungen auf einer kleinen
       Trainingsbühne für Streetdance mitgemacht hat, ist herzlich eingeladen,
       einen Kurs bei der „Streetlove Dance Academy“ zu buchen. Und wer sein Kind
       zur BMXerin machen lassen möchte, kann es ja zu den „Shred Dogs“ schicken.
       90 Minuten kosten 30 Euro, eine Zehnerkarte gibt’s für 225 Euro. Und
       hinterher kennt man vielleicht auch den Actionsport-Jargon besser und weiß
       zum Beispiel, was gemeint ist, wenn jemand an der Rampe „Shred it!“ ruft.
       
       Der Sport an diesem Wochenende ist ohne Frage erstklassig. Und doch ist
       etwas anders. Zwar bekommen die Sieger Medaillen, aber sonst spielen
       Platzierungen kaum eine Rolle. Wer stylish ist, wird gefeiert, fertig. Dann
       werfen die Fans und diejenigen, die es vielleicht bald werden, einen Blick
       auf die Hinterlassenschaften der Athleten auf ihren Social-Media-Kanälen,
       wo sie nicht nur Influencer für ihre Sportart sind, sondern auch
       Markenbotschafterinnen.
       
       Nach den Auftritten der Lokalmatadoren Dominik Gührs und Felix Georgii im
       Wakeboard-Contest ist man mit ein paar Klicks im schwedischen Winter, wo
       die beiden [2][bei tiefsten Temperaturen über Hindernisse aus Eis
       springen]. Das ist dann ganz weit weg vom olympischen Sport.
       
       Der kam den deutschen Olympiafans beim Skatboard-Event dann doch noch
       richtig nahe. Da trat mit der 16-jährigen [3][Lilly Stoephasius] das
       Mädchen an, das bei den Olympischen Spielen 2021 in Tokio für Schlagzeilen
       gesorgt hatte. Nicht etwa, weil sie so gut skateboarden kann, sondern weil
       sie so jung war. Beim „Munich Mas“ tun sie dagegen alles dafür, dass das
       Alter keine Rolle spielt. Gut ist allein, was stylish ist.
       
       2 Jul 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /BMX-Wettkampf/!5939882
   DIR [2] https://www.youtube.com/watch?v=IuB4cg7RPg8
   DIR [3] /Vom-Berliner-Skateverein-zu-Olympia/!5786599
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Andreas Rüttenauer
       
       ## TAGS
       
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