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       # taz.de -- Ausstellung der Malerei Rosalba Carrieras: So fulminant wie das Rokoko
       
       > Die Venezianerin Rosalba Carriera war im 18. Jahrhundert berühmt für ihre
       > Porträts in Pastell. Die Gemäldegalerie Dresden widmet ihr eine
       > Ausstellung.
       
   IMG Bild: Sanft: Rossalba Carriera, Porträt eines jungen Mannes im blauen Mantel (Ausschnitt)
       
       Die Venezianerin Rosalba Carriera (1673–1757) war eine der erfolgreichsten
       Künstler:innen der europäischen Kunstgeschichte, eine Porträtistin, von
       der sich die High Society Europas abbilden ließ, ein Superstar der
       Pastellmalerei und als Berühmtheit und erfolgreiche Geschäftsfrau im 18.
       Jahrhundert durchaus vergleichbar mit dem [1][Pop-Künstler und Porträtisten
       Andy Warhol].
       
       Den 350. Geburtstag von Rosalba Carriera feiert die Gemäldegalerie Alte
       Meister in Dresden mit einer großen Retrospektive ihrer Werke. Sie
       beschreibt nicht nur diese einzigartige Künstlerin, sondern auch die
       Lebensart des Rokoko und die Rolle Dresdens als führende Kunstmetropole.
       Ein großer Bewunderer von Rosalba Carriera war der sächsische Prinz
       Friedrich August der II., Sohn von August dem Starken und späterer König
       August III. von Polen.
       
       In seiner neugestalteten Gemäldegalerie im Dresdener Stallhof widmete er
       ihr das „Kabinett der Rosalba“, 157 ihrer Pastellbilder stellte er dort
       aus. Seine Sammelleidenschaft ging so weit, dass er in ganz Europa Boten
       aussandte, um Bilder der Carriera zu erwerben. Mehrmals fuhr er selbst
       nach Venedig, um sich von der berühmten Künstlerin malen zu lassen.
       
       Das ursprüngliche „Kabinett der Rosalba“ ist jetzt im Dresdener Zwinger
       wieder ausgebreitet, erweitert um Leihgaben aus anderen europäischen
       Sammlungen, wie dem Rijksmuseum Amsterdam und den Uffizien in Florenz, die
       nur unter Ausnahme die empfindlichen Kunstwerke für die
       Jubiläumsausstellung nach Deutschland reisen ließen.
       
       ## Innovativer Umgang mit Pastellkreide
       
       Ihren Platz in der Kunstgeschichte erlangte Rosalba Carriera durch ihren
       innovativen Umgang mit Pastellkreide, die bis dahin vornehmlich zum
       Zeichnen und schnellen Skizzieren auf Papier diente. Carriera aber setzt
       Pastellkreiden großflächig ein, erkannte es als ideales Medium für ihre
       Porträtmalerei und allegorischen Darstellungen.
       
       Die Ausstellung beleuchtet die einzigartige Karriere einer Frau aus
       einfachen Verhältnissen: Die Tochter eines Angestellten und einer
       Spitzenklöpplerin musste sich nach dem Tod des Vaters um Mutter und
       Schwestern kümmern, das Geld verdienen. Sie begann mit dem Malen von
       Miniaturen, woran männliche Künstler damals kaum Interesse hatten. In
       kurzer Zeit wurde die Autodidaktin mit ihren Porträts und allegorischen
       Darstellungen in der italienischen Kunstszene so bekannt, dass sie 1705 in
       die Accademia di San Luca in Rom aufgenommen wurde. Eine ungewöhnliche
       Auszeichnung für eine Künstlerin zu einer Zeit, als Frauen nur selten eine
       künstlerische Ausbildung erhielten.
       
       1720 trat Carriera auch der Accademia Clementina in Bologna bei, im Jahr
       darauf nahm sie die bedeutende französische Académie Royale de Peinture et
       de Sculpture in Paris auf.
       
       Carriera wusste ihre Kunst zu vermarkten, war in Venedig bestens vernetzt,
       verkehrte in diplomatischen Kreisen. Ihr Können sprach sich schnell in
       Europa herum und es gehörte zum guten Ton, sich auf einer Europareise von
       Rosalba Carriera porträtieren zu lassen. 1720 verbrachte Carriera ein
       erfolgreiches Jahr in Paris, auch der junge König Ludwig XV. saß ihr dort
       für ein Porträt vor.
       
       Der Kurator der Ausstellung, Roland Enke, schöpft aus der reichen Dresdner
       Sammlung und führt das Publikum mit Canalettos Ansichten vom Canal Grande
       in die Lagunenstadt Venedig ein, wo Rosalba Carriera in einem Palazzo neben
       der heutigen Guggenheim-Sammlung residierte. Von den ehemals 157
       Pastellbildern aus dem „Kabinett der Rosalba“ sind wegen Kriegsverlusten,
       Diebstahl und Verkäufen heute nur 70 Arbeiten in den Dresdner Sammlungen
       erhalten. Adlige, Könige, Künstler:innen, Venezianer:innen, die
       verschiedensten Personen saßen bei ihr Modell. Inmitten der Porträts ragt
       das ihrer selbst als Allegorie des Winters heraus: eine herbe Frau,
       selbstbewusst schaut sie einen mit kühlem Blick an. Daneben verdeutlicht
       eine vergrößerte Detailaufnahme des Selbstporträts die Virtuosität der
       Künstlerin. Die farbliche Dichte, die Pudrigkeit – Carrieras Pastellmalerei
       muss noch 150 Jahre später [2][auch Impressionisten wie Auguste Renoir]
       beeindruckt haben.
       
       Wie schwierig die Restaurierung ihrer fragilen Werke ist, wird in Dresden
       anhand von zwei stark beschädigten Bildern vermittelt. Ebenso werden die
       langwierige Herstellung von Pastellfarben und die damit verbundenen
       Maltechniken erklärt. Diese waren gar nicht weit entfernt von der Mode des
       18. Jahrhunderts, wie in der Schau zu sehen ist. Denn die kreidig-cremige
       Oberfläche der Pastelle entsprach dem Schönheitsideal des Rokoko, den
       makellosen, blass rosa geschminkten Gesichtern mit viel Wangenrouge, den
       gepuderten Haaren und gelockten Perücken. Die [3][üppige Haartracht trugen
       Frauen wie Männer] bekanntermaßen gleichberechtigt. Alle Geschlechter
       schmückten sich zur Zeit Rosalba Carrieras gerne.
       
       4 Jul 2023
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Renata Stih
       
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