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       # taz.de -- Facebook-Urteil: Mehr Freiraum für Kartellaufsicht
       
       > Wettbewerbsbehörden dürfen nun auch den Datenschutz berücksichtigen. Das
       > hat der EuGH entschieden. Es könnte ein wegweisendes Urteil werden.
       
   IMG Bild: Wer bekommt welche Daten? Da darf nun auch die Kartellaufsicht mitreden
       
       Der Kampf gegen Datenschutzverstöße bekommt einen neuen Akteur: das
       Bundeskartellamt. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) [1][entschied] am
       Dienstag, dass Kartellbehörden nun auch in Sachen Datenschutz tätig werden
       dürfen. „Eine nationale Wettbewerbsbehörde kann im Rahmen der Prüfung, ob
       eine beherrschende Stellung missbraucht wird, einen Verstoß gegen die
       Datenschutz-Grundverordnung feststellen“, teilte das Gericht mit.
       
       In dem konkreten Fall geht es um mutmaßliche Verstöße des Tech-Konzerns
       Meta. Das Bundeskartellamt hatte im Jahr 2019 dem Unternehmen, das zuvor
       Facebook hieß, das Zusammenführen und Verarbeiten persönlicher Daten der
       Nutzer:innen von Instagram, Whatsapp und Facebook ohne explizite
       Zustimmung untersagt. Die Datenverarbeitung einfach über die
       Nutzungsbedingungen zu ermöglichen, reiche nicht. Facebook klagte dagegen
       mit der Begründung, die Behörde habe ihre Kompetenzen überschritten. Der
       EuGH entschied nun: Das Bundeskartellamt darf tätig werden. Es muss aber
       mit den zuständigen Datenschutzaufsichtsbehörden zusammenarbeiten und ist
       an deren Bewertung gebunden.
       
       Die Datenschutzorganisation Noyb begrüßte die Entscheidung. „Das ist ein
       schwerer Schlag für Meta, aber auch für andere Online-Werbeunternehmen“, so
       Noyb-Gründer Max Schrems. Ramona Pop vom Verbraucherzentrale Bundesverband
       vzbv sprach von einem „wichtigen Zwischenerfolg, um die Datensammelwut der
       großen Plattformen einzudämmen“.
       
       Kartellamtspräsident Andreas Mundt sagte, das Urteil werde „weitreichende
       Auswirkungen auf die Geschäftsmodelle der Datenwirtschaft haben“. Eine
       Sprecherin des Meta-Konzerns gab an, man sei noch dabei, das Urteil zu
       evaluieren.
       
       ## Über Meta entscheidet nun das OLG Düsseldorf
       
       Der EuGH gab noch weitere Hinweise, die für kommende Verfahren wichtig
       werden könnten. So erteilte er eine Absage an die bei Unternehmen gängige
       Praxis, personalisierte Werbung als „berechtigtes Interesse“ darzustellen,
       das keiner gesonderten Einwilligung der Nutzer:innen bedürfe. Im
       Gegenteil müsse die Einwilligung zu personalisierter Werbung bewusst und
       freiwillig sein. Gleiches gelte für die Personalisierung von Inhalten. Denn
       die sei für das Angebot eines Online-Netzwerks nicht zwingend.
       
       Über den Meta-Fall muss nun das Oberlandesgericht Düsseldorf abschließend
       entscheiden. Das OLG hatte den Fall dem EuGH vorgelegt. Der Konzern hatte
       [2][laut Bundeskartellamt im Juni angekündigt], eine neue Funktion
       einzuführen, mit der Nutzer:innen selbst entscheiden können, ob sie
       Meta-Dienste isoliert nutzen oder die Daten miteinander verknüpfen wollen.
       
       Am Montagabend hatte außerdem die Ampelkoalition mitgeteilt, sich auf eine
       Verschärfung des Kartellrechts geeinigt zu haben. Das hatte
       Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) im vergangenen Jahr angekündigt,
       als zu Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine etwa die Preise
       für Kraftstoff stark stiegen. Wie genau sich die Rechte und Instrumente des
       Bundeskartellamts ändern werden, teilten die Parteien allerdings nicht mit
       – bekannt ist nur Allgemeines, wie etwa, dass sich Gewinne aus
       Kartellrechtsverstößen einfacher abschöpfen lassen sollen. Laut
       Staatssekretär Sven Giegold (Grüne) soll die Behörde unter anderem „mehr
       Eingriffsbefugnisse“ erhalten.
       
       4 Jul 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://curia.europa.eu/juris/documents.jsf?num=C-252%2F21
   DIR [2] https://www.bundeskartellamt.de/SharedDocs/Meldung/DE/Pressemitteilungen/2023/07_06_2023_Meta_Datenaenderung.html
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Svenja Bergt
       
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