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       # taz.de -- Die Kunst der Woche: Papier, ins Rollen gebracht
       
       > Das Haus des Papiers lädt zum Papierkunstfestival „papier & klang“. Als
       > Erstes eröffnet hat eine Ausstellung im Willy-Brandt-Haus. Ein genialer
       > Auftakt.
       
   IMG Bild: Seit 1991 formt Nham-hee Völkel-Song die Papierperlen-Installation „Saatgut der Worte“ neu
       
       Papier in all seinem materiellen Potential, vom delikaten Bildträger bis
       zur raumaktivierenden Installation – alls das feiert das vom Haus des
       Papiers präsentierte Kunstfestival „papier & klang“. Neben Ausstellungen im
       Willy-Brandt-Haus, im Museum für Kommunikation Berlin, im Projektraum Die
       Möglichkeit einer Insel und im Haus des Papiers selbst umfasst das Festival
       Performances und Projektwerkstätten, unter anderem in der
       [1][Jugendkunstschule FRI-X BERG], in der ein Kinderpapierorchester
       entstand.
       
       Die Anfang Juli eröffnete Ausstellung im Erdgeschoss und den Räumen der
       Regine-Hildebrandt-Galerie im [2][Willy-Brandt-Haus] ist so vielfältig und
       reich bestückt, dass an dieser Stelle nur einige Positionen genannt seien,
       um die Bandbreite, mit der der Werkstoff hier zelebriert wird, abzubilden.
       
       Für ihre Installation „Der Lärm der Stille“ im Erdgeschoss hat Jutte
       Steudle Papierbahnen mit Acryl und Lack in matten Schwarz- und Salbeitöne
       eingestrichen. Locker über einen Bauzaun geschwungen, überlagern sie
       Schichten in Zartrosa und hellem Blau, das auf den heruntergeklappenden
       Rückseiten hervortritt. Die von Hand gerissenen Ränder, die zerknüllte und
       wieder flach gestriche Oberfläche, das Auslaufen über den Boden, sie machen
       die Großzügigkeit des Materials im Raum erfahrbar.
       
       Sandra Lakićević wiederum hat im Tintenstrahlverfahren gedruckte
       Fotografien so dicht zusammengefaltet und von Hand gewebt, dass sie im
       Relief versinken, von ihm aborbiert werden und seiner Form, die hier als
       organischer Rundumfächer erscheint, komplett den Bildraum überlassen. Eine
       fantastische, anziehende skulpturale Arbeit, die Lust auf ihre anderen
       [3][“Marks, Gaps and Windows“] macht.
       
       Martin Sprengler setzt nicht weit davon entfernt das Innere des zu Pappe
       gewordenen Zellstoffs in Szene, wenn er für seine dreidimensionale
       Zeichnungen „Ideal (L)“ und „Ideal (R) (Sollbruch)“ aus mit Gesso
       bestrichener Wellpappe Gebäude freilegt. Im rechten Bild erreichen sie
       einen Punkt der Stauchung, die sie an die Grenze des Kollabierens drängt.
       Noch werden sie gehalten.
       
       ## Immersiv und freischwebend
       
       In den oberen Räumen lässt Astrid Busch mit einer großformatigen
       All-Over-Faltung ihre abstrakten Fotoarrangements eine Reduzierung in
       Schwarz, Grau und Weiß erfahren, die das Immersive ihres Worldbuildings
       noch verstärkt.
       
       Bei Fee Kleiß' Objekt „Undescribed“ stellt sich aus Produktionsresten, die
       sich hier in feinen dünnne Streifen in Gelb, Schwarz und Ocker umeinander
       schlingen, ein ebenfalls kongenialer Effekt ein, der an freischwebende,
       implodierende Materie erinnert.
       
       Gegenüber eine großartige Installation von Nham-Hee Völkel-Song. Unter
       leichtgewichtigen, vertikal gehängten und teils kalligraphierten Streifen
       tummeln sich geformte Bällchen aus Papier und Wasser, aus denen bedruckte
       Stellen hervorblitzen. Auf mehreren Sockeln bilden sie Gruppen, rücken
       dicht zusammen oder machen sich scheinbar auf den Weg. Die Dumplings, wie
       die Künstlerin ihre von Hand geformten Kleinplastiken nennt, bringen hier
       alles ins Rollen.
       
       15 Jul 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Die-Kunst-der-Woche-fuer-Berlin/!5859566
   DIR [2] https://www.willy-brandt-haus.de/
   DIR [3] https://sandralakicevic.com/works/marks-gaps-and-windows/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Noemi Molitor
       
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