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       # taz.de -- Altersfrage bei der Tour de France: Auf anderem Wege
       
       > Abseits des optimalen Radprofialters trumpfen sowohl junge als auch alte
       > Fahrer bei der diesjährigen Tour de France auf. Wie machen die das?
       
   IMG Bild: Tour-de-France-Etappensieger Michael Woods vor seinem größten Triumph mit 36 Jahren
       
       Die Tour de France ist wieder einmal für Extreme gut. Junge Radprofis, also
       jene, die noch das weiße Trikot tragen dürfen, fahren gestandenen Männern
       davon. [1][Der 24-jährige Tadej Pogacar] gehört dazu. Aber auch der
       Österreicher Felix Gall, 25, trug bei dieser Tour schon das Bergtrikot.
       
       Allerdings trumpfen die Oldies auch auf. Michael Woods, 36 Jahre alt, holte
       auf der Hitzeschlacht zum Puy de Dome den Etappensieg. Es war sein
       allererster, trotz zehn Profijahren. Erfahrung spielte natürlich eine
       Rolle.
       
       Der Kanadier teilte sich seine Kräfte perfekt ein, ging erst auf den
       letzten Kilometern auf Alleinfahrt und holte nach und nach spektakulär die
       vor ihm ausgerissenen Fluchtkollegen ein.
       
       Woods ist indes auch ein eher ungewöhnliches Beispiel. Denn er stieg
       außergewöhnlich spät in den Profiradsport ein, mit Mitte 20. „Ich war schon
       in dem Alter, indem manche Radprofis auszubrennen beginnen, als ich
       überhaupt mit dem Profiradsport begann“, erzählte Woods einmal. Der
       Kanadier war früher Leichtathlet, brachte also Trainingserfahrung und
       gewisse Grundausdauer mit.
       
       ## Spätstarter im Radsport
       
       Was die spezifische Belastung der Muskelgruppen angeht, die im Radrennsport
       gebraucht werden, war er aber ein Neuling. Nimmt man Tadej Pogacar zum
       Vergleich, dessen erste ernsthafte Leistungsmessungen als Radsportler im
       Alter von 14 Jahren erfolgten, dann haben der Etappensieger der 9. Etappe
       dieser Tour, eben Woods, und auch der Etappensieger der 6., Pogacar, beide
       ungefähr eine Dekade Radsporttraining hinter sich. Von den Geburtsurkunden
       liegen sie weit auseinander, gemessen am Radsportalter sind sie aber fast
       Zwillinge.
       
       Das relativiert die Extreme. Allerdings wartet diese Tour mit Oldies auf,
       die fast drei Mal so lange Radsport betreiben wie Pogacar. Dries Devenyns
       etwa, verlässlicher Helfer von [2][Sprinter Fabio Jakobsen] bei Soudal
       Quick Step, ist schon 38 Jahre alt. 18 Jahre ist er allein als Profi
       unterwegs. Gut, er gewinnt nicht mehr, er hat überhaupt wenig gewonnen.
       Aber er ist, als fast 40-Jähriger, immer noch fit genug für eine Tour de
       France.
       
       Als das beste Alter für Tour de France-Fahrer galt lange Zeit die Spanne
       zwischen 27 und 33 Jahren. Lange Trainingsphasen, Saison über Saison,
       bringen die Ausdauerfähigkeiten auf ein Maximum. Die optimale Balance
       zwischen Muskelfasern und Körpergewicht zu finden, ist auch eine Frage von
       Erfahrung. Und wer nicht nur an einem Tag super klettern, sondern am Ende
       der dritten Woche immer noch am schnellsten auf den Rampen oben sein will,
       für den sind Widerstands- und Erholungsfähigkeit von großer Bedeutung. Das
       braucht ebenfalls Zeit.
       
       Man kann es teilweise trainieren, teilweise ist das aber auch genetisch
       vorgegeben. Deshalb können eine Tour de France auch nicht 176 Fahrer
       gewinnen, sondern nur fünf oder sechs pro Ausgabe. Und der Rest der etwa
       170 Starter konzentriert sich auf Subdisziplinen wie Sprint oder Ausreißen
       oder ganz simpel auf Helferdienste.
       
       Dass in den vergangenen Jahren auch in Rundfahrerkeisen eine Jugendwelle zu
       verzeichnen war, hat gewiss mit einer Professionalisierung des gesamten
       Systems zu tun. „Auch in den Nachwuchsrennställen wird bereits
       wissenschaftlich gearbeitet. Trainingsmethoden von uns sickern nach unten
       durch“, meint Matxin Fernandez, Sportdirektor bei Pogacars Rennstall UAE.
       
       Jüngster europäischer Radsportler mit einem Profivertrag ist der 17-jährige
       Seppe van den Boer. Er ist beim belgischen Cross-Rennstall Baloise Trek
       Lions angestellt, der von der Gelände-Legende Sven Nys gemanagt wird. Die
       Jungen drücken also weiter.
       
       Und die Alten treten nicht nur nicht ab, sondern werden durch
       Seiteneinsteiger wie Woods o[3][der auch den Ex-Springer Primoz Roglic]
       verstärkt. Etwas Normalität gibt es aber doch noch. Das schnellste Rennen
       auf WorldTour-Niveau in dieser Saison war mit 47,7 km/h die achte Etappe
       der Tour de France. Die gewann Ex-Weltmeister Mads Pedersen. Er ist 27,
       also genau im Normalalter für Höchstleistungen im Straßenradsport.
       
       13 Jul 2023
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
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