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       # taz.de -- EU-Gipfel zur Ukrainekrise: Den Krieg im Nacken
       
       > Die Staats- und Regierungschefs der EU tagen in Brüssel. Die Ukraine und
       > Russland stehen dabei im Mittelpunkt – sind aber nicht das einzige Thema.
       
   IMG Bild: Will die Ukraine vor einem Bankrott bewahren: EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen
       
       Brüssel taz | Mittagessen mit dem Nato-Generalsekretär, Aussprache über
       Russland und die Ukraine: Der zweitägige EU-Gipfel, der am Donnerstag in
       Brüssel beginnt, steht ganz im Zeichen des Krieges in Osteuropa. Gipfelchef
       Charles Michel will ein Zeichen der Einheit gegen Präsident Wladimir Putin
       setzen und der Ukraine noch mehr helfen als bisher.
       
       „Wir werden die Ukraine so lange wie nötig unterstützen – auch durch
       nachhaltige finanzielle und militärische Hilfe“, heißt es in Michels
       Einladung an die 27 Staats- und Regierungschefs der EU. „Felsenfeste
       Einigkeit“ gegenüber „Uneinigkeit in Russland“.
       
       Dies ist ein Seitenhieb auf Putin und den Aufstand der Söldnergruppe
       Wagner. Die Vorgänge in Russland sind ganz oben auf die Gipfel-Agenda
       gerückt; sie dürften auch das Gespräch mit Nato-Generalsekretär Jens
       Stoltenberg beherrschen.
       
       Doch schon bei der Einschätzung der Folgen [1][des gescheiterten
       Wagner-Putsches in Russland] sind sich die 27 nicht einig. Während Polen
       und Balten fordern, die Nato-Ostflanke zu stärken und Putin weiter zu
       schwächen, warnen die Westeuropäer vor den Folgen des Machtkampfs. Auch
       EU-Chefdiplomat Josep Borrell mahnt zu Vorsicht. Die unklare Lage in Moskau
       könne Gefahren bergen, sagte er.
       
       ## Milliarden für die Ukraine, russisches Vermögen einfrieren
       
       Erste Risse zeigen sich auch bei der Unterstützung der Ukraine.
       EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen will das Land bis 2027 mit
       weiteren 50 Milliarden Euro vor dem drohenden Bankrott bewahren und mit dem
       eingefrorenen russischen Auslands-Vermögen den Wiederaufbau finanzieren.
       Beide Vorschläge stoßen auf Widerstand. Die Europäische Zentralbank
       fürchtet, dass [2][der Zugriff auf russisches Vermögen] die Märkte
       verunsichern und den Euro schwächen könne. Die Bundesregierung in Berlin
       warnt vor einem Präzedenzfall. Diese Pläne seien juristisch heikel und
       finanziell unausgegoren. Die EU müsse sparen.
       
       Wegweisende neue Beschlüsse zur Ukraine-Hilfe werden vor diesem Hintergrund
       nicht erwartet. Die EU-Chefs wollen, wie längst geplant, 3,5 Milliarden
       Euro aus der europäischen Friedensfazilität für Waffenkäufe freigeben.
       Außerdem werden sie [3][den Nato-Gipfel Mitte Juli in Vilnius vorbereiten].
       
       Ein zunächst ebenfalls im Juli geplanter Friedensgipfel wird hingegen auf
       unbestimmte Zeit verschoben. Ein Vorbereitungstreffen in Kopenhagen, an dem
       auch Südafrika, Brasilien und Indien teilgenommen hatten, endete ohne
       Ergebnis. Der Globale Süden hat Vorbehalte gegen die ukrainische
       „Friedensformel“; die EU unterstützt sie.
       
       Auch in weiteren Themen des Gipfels, wie Chinapolitik und Migration, sind
       keine großen Entscheidungen zu erwarten. Zu China ist bloß eine
       „strategische Debatte“ ohne Beschlüsse geplant. Bei der Migration gibt es
       einen Rückschlag: Der geplante Flüchtlingsdeal mit dem wirtschaftlich
       angeschlagenen Tunesien lässt auf sich warten. Von der Leyen hatte eine
       Milliarde Euro in Aussicht gestellt, Tunesien soll gegen Menschenschlepper
       vorgehen, die zunehmend Menschen über das Mittelmeer schleusen. Doch die
       autoritäre Regierung in Tunis sträubt sich.
       
       29 Jun 2023
       
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