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       # taz.de -- Kinoempfehlungen für Berlin: Schiffbruch in guter Gesellschaft
       
       > Das Acud Kino zeigt Animationen aus Afghanistan, in Neukölln gibt es
       > soliden Horror und im Filmmuseum Potsdam das Grauen der
       > Wohlstandsverwahrlosung.
       
   IMG Bild: Ruben Östlunds letztjähriger Cannes-Gewinner: „Triangle of Sadness“
       
       Krieg, Terror, radikale Islamisten: Wenn man in den vergangenen 30 Jahren
       etwas aus Afghanistan hörte, war es selten etwas Gutes. Dass das Land am
       Hindukusch zwischenzeitlich sogar eine kleine Animationsfilmszene aufgebaut
       hatte, dürfte deshalb wohl nur Spezialisten bekannt sein.
       
       Die Filmkünstler:innen studierten in Peking oder im Iran, und auch das
       deutsche Goethe-Institut war mit Weiterbildungen und Workshops an der
       Ausbildung beteiligt. Zum Erliegen kam all dies nach der erneuten
       Machtübernahme der Taliban, viele der Künstler:innen befinden sich heute
       im Exil.
       
       Die Veranstaltung „Afghanimation – Die afghanische Animationsszene der
       letzten 20 Jahre“ im ACUD Kino präsentiert neben einer Zusammenstellung von
       Kurzfilmen auch eine Gesprächsrunde mit der Regisseurin Lajaward Haqiqi
       sowie den Regisseuren Mohsen Hossaini und Mohammad Nasir Hashimi. Der
       Eintritt ist frei (2. 7., 16 Uhr, [1][ACUD Kino]).
       
       1902 verfasste der schottische Schriftsteller J. M. Barrie (bekannt vor
       allem durch „Peter Pan“) das satirische Bühnenstück „The Admirable
       Crichton“ mit einer Figurenkonstellation, die uns auch heute noch sehr
       bekannt vorkommt: Als nach einem Schiffbruch eine Gesellschaft auf einer
       einsamen Insel strandet, ist es der praktisch veranlagte Diener, der für
       das Überleben sorgt – die noble Oberschicht bekommt nämlich überhaupt
       nichts gebacken.
       
       Im Laufe der Jahrzehnte wurde der Stoff direkt oder indirekt immer wieder
       verfilmt, wobei die Filme die Spannungsfelder zwischen den verschiedenen
       Gesellschaftsschichten sowie zwischen Männern und Frauen immer wieder neu
       ausleuchteten.
       
       Das Filmmuseum Potsdam zeigt jetzt bis August Filmwerke, die im weitesten
       Sinn auf „The Admirable Crichton“ beruhen, darunter in der kommenden Woche
       Ruben Östlunds letztjährigen Cannes-Gewinner „Triangle of Sadness“ (wo die
       Putzfrau einer Luxusyacht auf der Insel das Ruder übernimmt) und Cecil B.
       DeMilles Stummfilm „Male and Female“ (1919), der von Peer Kleinschmidt
       musikalisch am Klavier begleitet wird („[2][Male and Female]“, 30. 6.,
       19.30 Uhr, „[3][Triangle of Sadness]“, 1. 7., 17 Uhr, Filmmuseum Potsdam).
       
       Effektiv soliden Horror präsentiert eine aktuelle Verfilmung von Stephen
       Kings berühmter Kurzgeschichte „The Boogeyman“: Der Schwarze Mann lebt im
       verborgenen Dunkel begehbarer Wandschränke und ernährt sich vom Kummer
       seiner unfreiwilligen Gastgeber.
       
       Das ist in diesem Fall Familie Harper, wo der Vater und seine beiden
       Töchter gerade die Ehefrau und Mutter bei einem Unfall verloren haben.
       Regisseur Rob Savage erzählt eher bedächtig und nimmt sich Zeit für die
       Figuren, spielt aber zugleich das Repertoire des klassischen Horrors durch:
       langsamer Spannungsaufbau und Überrumpelungsschreck, komplett mit
       suggestiver Musik und der immer wieder bedrohlichen Einengung des
       Kameraausschnitts (30. 6., 1. 7., 20 Uhr, 5. 7., 20.15 Uhr, [4][Cineplex
       Neukölln]).
       
       Wer damit so gar nichts anfangen kann, sollte es vielleicht mal mit „Molly
       Monster“ (R: Michael Ekblad, Matthias Bruns, Ted Sieger) probieren und dazu
       auch gleich den ganz kleinen Nachwuchs einpacken: Der Animationsfilm in
       knalligen Primärfarben erzählt, wie Molly, die kleine Monsterin, ihren
       Eltern zur entfernten Eier-Insel hinterherreist, weil diese Mollys Geschenk
       für das neue Geschwister vergessen haben.
       
       Hübsche Abenteuer ohne Angstszenarien und peppige kurze Lieder sorgen dabei
       für einen – möglicherweise ersten – Kinobesuch ohne Reue (29. 6.-2. 7., 16
       Uhr, [5][Bali Kino]).
       
       29 Jun 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://acudkino.de/Programm/afghanimation_die_afghanische_animationsfilmszene_der_letzte/19863
   DIR [2] https://www.filmmuseum-potsdam.de/index.php?id=f5c8be87ccc316453082001d907f4db1&year=2023&month=6
   DIR [3] https://www.filmmuseum-potsdam.de/index.php?id=386d88ccccc616458480001d907f4db1&year=2023&month=7
   DIR [4] https://www.cineplex.de/film/the-boogeyman/391213/berlin-neukoelln/
   DIR [5] https://www.balikino-berlin.de/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Lars Penning
       
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