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       # taz.de -- Deutsches Stromnetz in der Energiewende: Wattzahlen allein zählen nicht
       
       > In Deutschland können noch so viele Windräder gebaut werden. Ohne
       > Ertüchtigung des Stromnetzes wird es mit der Energiewende auch so nichts.
       
   IMG Bild: Auch auf den Stromleitungsbau wird es in der Energiewende ankommen
       
       taz | Wie jedes Halbjahr hat die Windbranche wieder ein umfassendes
       Zahlenwerk über den Anlagenzubau vorgelegt – zufrieden ist sie damit
       natürlich nicht. Der Zubau von Windrädern an Land, so formuliert die Lobby,
       sei „hinter den Erfordernissen für die sichere Erreichung [1][eines
       Ausbauziels von 115 Gigawatt] im Jahr 2030“ zurückgeblieben.
       
       Neu aufgestellte Megawatt – für eine Branche sind das naturgemäß
       entscheidende Zahlen. Will man jedoch aus einer übergeordneten Perspektive
       beurteilen, wie es mit der Energiewende vorangeht, ist das nur ein Aspekt
       von vielen. Denn an anderer Stelle hakt es noch gewaltiger: Immer öfter
       reichen die Netze nicht mehr aus, um den wetterabhängig erzeugten Strom
       vollumfänglich aufzunehmen. Immer mehr Energie aus Windkraft und
       [2][zunehmend auch aus Photovoltaik] muss in der Folge abgeregelt werden.
       
       Trotzdem hat man in der Energiewende-Debatte den Eindruck, als hinge der
       Erfolg der Energiewende alleine am Ausmaß des Anlagenzubaus. Eine
       gefährliche Kurzsichtigkeit. Wenn wir die Windkraft von heute 59 Gigawatt
       bis in sieben Jahren verdoppeln und die Photovoltaik von heute 72 Gigawatt
       verdreifachen wollen, müssen wir endlich darüber reden, was das für die
       Stromwirtschaft bedeutet.
       
       Wir müssen diese Debatte einerseits technisch führen, also die Frage
       beantworten, wie ein Netz mit 330 Gigawatt summierter Solar- und
       Windleistung stabil zu managen sein wird. Ausreichend [3][Speicher] dürfte
       es dafür auch 2030 noch nicht geben.
       
       ## Ökonomischer Kannibalismus
       
       Wir müssen die Debatte zudem ökonomisch führen. Schon in den vergangenen
       Wochen fiel der Börsenstrompreis mittags immer wieder auf null oder sogar
       satt ins Negative. Bei 215 Gigawatt Photovoltaik, wie sie die
       Bundesregierung für 2030 anpeilt, wird Solarstrom, sobald die Sonne
       landesweit scheint, nichts mehr wert sein. Gleichermaßen wird der Windstrom
       wertlos sein, wenn es ordentlich bläst. Ökonomisch werden sich die Anlagen
       also kannibalisieren. Soll das dann der Staat auffangen? Viele Fragen also
       – abseits der reinen Megawattzahlen.
       
       19 Jul 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.bmwk.de/Redaktion/DE/Downloads/U/ueberblickspapier-beschleunigung-des-ausbaus-erneuerbarer-energien-und-erweiterung-der-vorsorgemassnahmen.pdf?__blob=publicationFile&v=6
   DIR [2] /Mehr-Photovoltaik-in-Deutschland/!5942296
   DIR [3] /Speicher-fuer-erneuerbare-Energien/!5869044
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Bernward Janzing
       
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