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       # taz.de -- Haus & Grund in Hannover: Vermieter-Verband voll auf AfD-Kurs
       
       > In Hannover nutzt der Haus-&-Grund-Vorsitzende die Mitgliederzeitschrift,
       > um AfD-Positionen zu propagieren – und kaum jemanden scheint das zu
       > stören.
       
   IMG Bild: Wer hat, der gibt nicht gern her: Rohe Bürgerlichkeit blüht bei der AfD wie bei Haus & Grund
       
       Hannover taz | [1][WohnArt heißt das Mitglieder-Magazin der Haus & Grund
       Hannover], es geht an die – nach Vereinsangaben rund 12.000 Mitglieder –
       und beschäftigt sich normalerweise mit Themen, die für Hauseigentümer und
       Vermieter eben so interessant sind: Trends im Badezimmer. Renovieren und
       Sanieren.
       
       Aber auch mit politischen Themen: Straßenreinigungsgebühren,
       Grundsteuerreform, Abfallwirtschaft. Als Lobbyverband der Besitzenden gilt
       Haus & Grund bundesweit als quasi von Natur aus CDU- und FDP-nah.
       
       Auch in Hannover wird der Verband von einem ehemaligen CDU-Ratsherrn und
       Landtagsabgeordneten als Vorstandsvorsitzenden geführt. Rainer Beckmann
       stellt routinemäßig bisher noch jeder Stadtverwaltung ein schlechtes
       Zeugnis aus – aber die wurden ja auch lange von der SPD und jetzt eben von
       den Grünen geführt. Bei der Stichwahl ums Oberbürgermeisteramt, die
       letztlich Belit Onay (Grüne) gewann, sprach Beckmann eine Wahlempfehlung
       für den CDU-Kandidaten Eckhard Scholz aus.
       
       In der Juni-Ausgabe der Mitgliederzeitung ging er allerdings noch einen
       Schritt weiter. Direkt unter dem erwartbar freundlichen Gruppenfoto mit der
       CDU-Ratsfraktion prangte ein genauso freundliches mit der Spitze der
       städtischen AfD-Fraktion.
       
       Das sorgte vor allem bei der SPD für Empörung: „Man kann und darf [2][nicht
       mit Nazis paktieren“, schnaubte SPD-Fraktionschef Lars Kelich] und forderte
       Vereinsmitglieder auf, sich zu distanzieren. Immerhin gälten diese
       AfD-Ratsherrn als ausgewiesene Björn-Höcke-Fans.
       
       ## Zwei Seiten Interview mit einem Klimawandel-Leugner
       
       Der Haus-&-Grund-Vorstand empfindet die Kritik als übertrieben: Man habe ja
       alle anderen Fraktionen auch zu einem Gespräch über die
       Straßenreinigungsgebühren eingeladen – die anderen seien aber eben nicht
       gekommen, [3][sagte Beckmann der HAZ.]
       
       Für eine Stellungnahme gegenüber der taz war er nicht erreichbar. SPD-Mann
       Kelich rechtfertigt die Abwesenheit seiner Fraktion im Übrigen damit, dass
       die Konflikte um die Gebühren ja inhaltlich längst ausgeräumt seien.
       
       Was bei diesem Schlagabtausch fast unterging: Das Foto mit der AfD-Fraktion
       ist nicht der einzige Ausschlag nach rechts außen. In der gleichen Ausgabe
       findet sich ein Interview, das Haus & Grund aus einer Internetpublikation
       mit dem Namen „Eifelon“ übernommen hat.
       
       Auf zwei Seiten breitet der hannoversche Biologe Klaus D. Döhler ohne jede
       kritische Nachfrage [4][alle gängigen Behauptungen der Klimawandelleugner
       aus]: CO2 ist in Wirklichkeit super für Pflanzen und gar kein Problem, den
       menschengemachten Klimawandel gibt es nicht, die selbst ernannten
       Klimaforscher haben sich mit den Grünen und den Profiteuren der
       Energiewende verschworen, der internationale wissenschaftliche Konsens sei
       nur vorgegaukelt.
       
       Gespickt wird das Ganze mit pseudowissenschaftlichen Referenzen auf die
       üblichen Verdächtigen: den Trump-Anhänger David Legates, der sich seine
       Studien von der amerikanischen Petrolindustrie und Exxon-Mobil bezahlen
       lässt, zum Beispiel. Oder den russischen Astrophysiker Chabibullo
       Abdussamatow, der erhöhte Sonnenaktivität für die Erderwärmung
       verantwortlich macht.
       
       ## Im typischen AfD-Untergangssound
       
       Woraus Beckmann in einem persönlichen Kommentar bequemerweise schließt,
       dass dieser ganze Ärger um das Gebäudeenergiegesetz und „Habecks
       Heizhammer“ doch total überflüssig sei. Garniert mit Medienschelte und dem
       Vorwurf, Rot-Grün ziele ja in Wirklichkeit auf die „totale Kontrolle aller
       Unternehmen, Bürgerinnen und Bürger“.
       
       Auch Beckmanns Editorial in der gleichen WohnArt-Ausgabe atmet den
       typischen AfD-Weltuntergangssound: Von einem überfordertem Land ist die
       Rede, der nicht zu stoppenden Inflation, steigenden Flüchtlingsströmen, dem
       nach dem Zweiten Weltkrieg erarbeiteten Wohlstand, der den Bach runter zu
       gehen droht.
       
       Das ist nun auch dem ein oder anderen Mitglied zu viel: „Ich bin aus rein
       sachlichen Gründen Mitglied des H&G-Verbandes und entsetzt darüber, dass
       von der Mitgliedszeitschrift AfD-nahe, verschwörungsideologische und
       wissenschaftsleugnende Positionen vertreten werden“, schreibt eine
       taz-Leserin. Sie überlege, ihre Mitgliedschaft zu kündigen.
       
       Die sachlichen Gründe wiegen allerdings für viele Hausbesitzer schwer: Haus
       & Grund bietet einen umfassenden Service von Vertragsformularen über
       Verwaltungsdienstleistungen bis zur Rechtsberatung. Das veranlasst bisher
       wohl so manchen, über die politische Mission des Vorsitzenden
       hinwegzusehen.
       
       22 Jul 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.haus-und-grundeigentum.de/aktuelles/wohnart
   DIR [2] https://spd-ratsfraktion-hannover.de/meldungen/spd-ratsfraktion-fordert-von-haus-grund-distanzierung-von-der-afd
   DIR [3] https://www.haz.de/lokales/hannover/nicht-mit-nazis-paktieren-hannovers-spd-empoert-ueber-haus-und-grund-LZCCJ4C64RA4NFO5244NOX64UQ.html
   DIR [4] https://www.klimafakten.de/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Nadine Conti
       
       ## TAGS
       
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