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       # taz.de -- Kohlegrube Turow in Polen: Polens Premier baggert weiter
       
       > Am Kohletagebau Turow darf weiter abgebaut werden, hat ein Gericht
       > entschieden. Das endgültige Urteil über dessen Zukunft fällt aber erst
       > Ende August.
       
   IMG Bild: Mit Kohle befeuertes Kraftwerk Turow
       
       Warschau taz | Im Braunkohletagebau Turow im deutsch-polnisch-tschechischen
       Dreiländereck darf weiter gebaggert werden. Polens Premier Mateusz
       Morawiecki freute sich so sehr über das Urteil des Obersten
       Verwaltungsgerichts (NSA) in Warschau, dass er noch am Dienstagabend auf
       Facebook einen Videoclip postete: „Wir haben uns durchgesetzt“, sagt er da,
       mit hochgekrempelten Ärmeln an einem Tisch sitzend. „Wir haben das
       schlechte und wahnwitzige Urteil des Bezirksverwaltungsgerichts nicht
       befolgt und weder das Kohlekraftwerk noch das Bergwerk Turow geschlossen.“
       
       Morawiecki schließt seinen Videoclip mit einem Seitenhieb auf die
       Deutschen, wie dies im Wahlkampf der regierenden Nationalpopulisten von der
       Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) üblich ist: „Wir haben uns nicht von
       den [1][Öko-Terroristen aus dem Westen und insbesondere aus Deutschland
       erpressen lassen.“]
       
       Doch das Oberste Verwaltungsgericht (NSA) hob mit seinem Urteil am Dienstag
       nur eine einstweilige Verfügung des Bezirksverwaltungsgerichts vom 31. Mai
       auf. Es anerkannte damit das Argument des Turow-Betreibers und der
       Staatsanwaltschaft, dass die polnische Bevölkerung ein Recht auf stetige
       Energieversorgung habe.
       
       Mit der einstweiligen Verfügung sollte aber nicht das Bergwerk von einem
       Tag auf den anderen – vorübergehend – stillgelegt werden, wie es die
       [2][PiS und viele PiS-nahe Experten] darstellten.
       
       ## Die Umweltverträglichkeitsprüfung steht noch aus
       
       Vielmehr sollte lediglich das bürokratische Verfahren zur Verlängerung der
       Betriebserlaubnis bis 2044 gestoppt werden. Dieses Verfahren sollte erst
       dann wieder anlaufen dürfen, wenn der Gerichtsstreit über die
       Umweltverträglichkeitsprüfung abgeschlossen sei.
       
       Gegen beide hatten unter anderem die sächsische Grenzstadt Zittau und die
       Umweltorganisation Greenpeace mit ihren Niederlassungen in Tschechien und
       Deutschland geklagt. Aus ihrer Sicht seien die Folgen des Turow-Tagebaus
       unzureichend berücksichtigt worden – denn durch den Abbau des neuen
       Braunkohleflözes würde der Tagebau auf bis zu drei Kilometer an die Grenzen
       der Nachbarländer heranrücken und die Erde wesentlich tiefer als bisher
       aufreißen. Schon jetzt fließt das Grundwasser aus tschechischen und
       deutschen Orten in die Kohlegrube, lässt die Häuser absinken und handbreite
       Risse im Mauerwerk entstehen.
       
       Tschechien, das Polen in dieser Frage vor dem Europäischen Gerichtshof in
       Luxemburg verklagt hatte, konnte durch Verhandlungen eine Lösung erreichen.
       Das wichtigere Urteil über die Rechtmäßigkeit der
       Umweltverträglichkeitsprüfung und der auf ihr beruhenden
       Betriebsverlängerung für Turow soll Ende August fallen – ebenfalls im
       Obersten Verwaltungsgericht in Warschau.
       
       19 Jul 2023
       
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