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       # taz.de -- USA gegen Europa bei der WM: Des Fußballs tektonische Platten
       
       > Viermal gewannen die US-Frauen die WM. Sie profitieren von einer
       > historischen Entwicklung. Aber kann sich der Soccer weiter gegen Europa
       > behaupten?
       
   IMG Bild: Tor gegen Germany: Carli Lloyd, Megan Rapinoe und Alex Morgan vom US-Team bei der WM 2015
       
       Der US-Fernsehsender Fox wirbt damit, dass bei der anstehenden WM die
       US-Frauen gegen den Rest der Welt antreten. Etwas arrogant ist das, aber
       die US-Spielerinnen widersprechen dem nicht. Asiatische, afrikanische und
       lateinamerikanische Teams werden zwar immer auffälliger, aber vor allem
       dürfen wir uns auf einen Showdown zwischen Nordamerika (Kanada und USA) und
       Europa (Deutschland, Schweden, England, Frankreich, Holland und Spanien)
       einstellen.
       
       Es sind zwei Fußballsysteme, die auf komplett unterschiedlichen Wegen zu
       dem wurden, was sie heute sind: Die nordamerikanischen Frauen traten in den
       1970er Jahren in eine Fußballwelt, die ihnen sofort offen stand. Das lag an
       Reformen, wie dem in den USA enorm wichtigen Title IX, der Zugang zu allen
       [1][Sportprogrammen an Schulen und Hochschulen] gewährleistet.
       
       Wichtig ist auch, dass männlich dominierte hegemoniale
       Mannschaftssportarten andere waren: Baseball, Football, Basketball und
       Eishockey. Die europäischen Frauen waren hingegen gezwungen, den wohl am
       stärksten von Männern dominierten Raum in ganz Europa zu erobern, den
       Fußball.
       
       Nicht nur in den USA und Kanada, auch die Erfolge der Teams aus Nord- und
       Südkorea, China, Japan, Australien und in Europa auch Norwegen und Schweden
       sind der beste Beweis, dass es die Schwäche des Männerfußballs war, die den
       Frauenfußball stark machte.
       
       ## Zwei unterschiedliche Nachwuchssysteme
       
       In traditionellen Fußballmächten wie England, Deutschland, Italien,
       Spanien, Frankreich, Niederlande oder Brasilien und Argentinien konnte sich
       der Frauenfußball schwieriger entwickeln. Umso erfreulicher, dass Europa
       mittlerweile die amerikanische Dominanz infrage stellen kann. Bereits bei
       der letzten WM wurde das Viertelfinale von sieben europäischen Ländern plus
       den Vereinigten Staaten bestritten. Diese [2][Auseinandersetzung] dürfte
       bei der anstehenden WM noch deutlicher zutage treten.
       
       Heutzutage haben europäische Mannschaften wie Real Madrid, FC Barcelona,
       Bayern München, Manchester United, Manchester City und Olympique Lyon den
       Frauenfußball mit ganzem Herzen angenommen. Mit solchen Riesen kann die
       NWSL in den USA nicht mithalten. Hier bleibt der Frauenfußball weitgehend
       Jugendclubs, High Schools und Colleges vorbehalten.
       
       Das klingt schwach, aber seien wir fair: Dieses System hat eine
       Fußball-Nationalmannschaft hervorgebracht, die seit über 30 Jahren, seit
       1991, den Globus beherrscht. Damals gewann sie den ersten ihrer vier
       WM-Titel, obwohl die meisten Menschen in den USA mit Fußball nichts
       anfangen konnten und die meisten Menschen in Europa mit Fußballerinnen
       nichts anfangen wollten.
       
       Es gibt immer noch diese zwei Systeme, wie talentierte Fußballerinnen
       entdeckt und gefördert werden. Was aber könnte in dieser Konstellation das
       nordamerikanische Pendant zu Real Madrid sein, dem reichen Überklub? Es
       sind die Tar Heels von der University of North Carolina in Chapel Hill, die
       22 nationale Meisterschaften erkämpft haben. Die Frage, die sich bei der WM
       stellt, ist die, wie sich das amerikanische College-System künftig gegen
       Europa halten wird.
       
       Andrei S. Markovits ist Politologe an der University of Michigan, Ann
       Arbor. Von ihm erschien gerade: „Women in American Soccer and European
       Football: Different Roads to Shared Glory“, Dickinson-Moses Press (2019,
       aktualisierte Neuauflage 2023), 184 Seiten, ca. 12 Euro.
       
       21 Jul 2023
       
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