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       # taz.de -- WM-Auftakt von Australien: Starten und stolpern
       
       > Die Australierinnen konnten nur dank eines Elfmeters Irland bezwingen.
       > Nun wird noch mehr gerätselt, ob das Team den hohen Erwartungen gerecht
       > werden kann.
       
   IMG Bild: Erleichterung: Torschützin Steph Catley (7) und Teamkolleginnen feiern den einzigen Treffer
       
       Manchmal braucht es einen Elfmeter, um einer zähen Partie Leben
       einzuhauchen. 50 Minuten lang war sportlich nicht allzu viel los bei der
       australischen WM-Eröffnung gegen Neuling Irland. Bis Steph Catley den Ball
       vom Elfmeterpunkt souverän ins Netz schlenzte und damit eine vogelwilde
       zweite Hälfte lostrat. Eine gewisse Erleichterung durfte man in die
       Jubeltraube von Catleys Kolleginnen nach dem Treffer hineinlesen. Die
       hochgehandelten Australierinnen, denen [1][Englands Trainerin Sarina
       Wiegman] öffentlich gar den Titel zutraute, haben die deutlich höhere
       Fallhöhe als Außenseiterin Neuseeland – und sie kurz gespürt.
       
       Das Abschneiden der populären Matildas gilt nicht nur als enorm wichtig für
       den Publikumserfolg der Gesamt-WM. Geschlechterübergreifend geht es in dem
       Land, wo Fußball als Ligasport ein Schattendasein fristet, auch ums große
       Ganze. „Viele haben gesagt, dass Australien keine Fußballnation ist, und
       ich denke, wir werden ihnen zeigen, dass das nicht stimmt“, so Sam Kerr vor
       dem Turnier.
       
       Das ist der Druck, der auf dem Team lastet, und der Bogen, der gespannt
       werden soll. Ausgerechnet mit Blick auf die Ausnahmespielerin Kerr
       allerdings starteten die Australierinnen mit einem Schock: Wegen einer
       Wadenverletzung fiel sie für dieses wie auch für das zweite Spiel aus. Für
       das qualitativ schwer einschätzbare Team, das sich immer noch stark auf
       sein Aushängeschild fokussiert, eine große Hypothek.
       
       Es lag aber gewiss nicht nur am Ausfall [2][der Chelsea-Stürmerin], dass
       sich die Matildas gegen bissige Irinnen überaus schwertaten. Zwar
       verzeichnete Australien die höheren Spielanteile und technische Vorteile,
       doch echter Spielfluss und Strafraumgefahr entsprangen daraus kaum.
       
       ## Wenig Einfälle im Zusammenspiel
       
       Anfänglich gute Ansätze mit vielen Vertikalpässen über die starken Gorry
       und Catley wichen rasch eher schlichten Versuchen über starke
       Einzelkönnerinnen wie Arsenal-Legionärin Caitlin Foord und die sehr viel
       Betrieb machende Cortnee Vine. Wo dem Team im Zusammenspiel nicht viel
       einfiel, wich man darauf aus, individuell gegen den couragiert grätschenden
       und konternden irischen Block zu agieren. Oft mit durchwachsenem Erfolg. 50
       Minuten lang kam am kühlen Winterabend in Sydney der Spaß daher vorwiegend
       von den eindrucksvollen Rängen.
       
       Offiziell 75.000 Fans, etwas weniger als erwartet, sorgten für einen neuen
       Publikumsrekord [3][der Matildas.] Unablässig trommelnde
       Australier:innen im Duell mit zahlreichen Ir:innen, die aus voller
       Kehle „Fields of Athenry“ schmetterten – geschlechterübergreifend hat man
       wahrlich schon weniger atmosphärische Eröffnungsspiele gesehen. Schon vor
       dem Stadion herrschte an den zahlreichen beleuchteten Buden
       Volksfestatmosphäre.
       
       Ohnehin war es eine Eröffnung, bei der man versuchte, auch politisch
       wirklich alles richtig zu machen: Zum Auftakt eine Tanz- und Rauchzeremonie
       von Ureinwohner:innen, neben der australischen Flagge hingen zwei
       indigene Flaggen, und dann gab es noch eine Schweigeminute für die
       Schießerei in Neuseeland kurz vor WM-Auftakt.
       
       Erst mit dem Elfmeter wurde der Abend auch sportlich bewegender: Irland
       musste zwangsweise aufmachen, Räume auf beiden Seiten führten zu einem
       wilden Hin und Her. Schnörkelloser und effektiver aber waren die Irinnen,
       die Australien über die Flügel plötzlich immer wieder gewaltig in
       Bedrängnis brachten. Und um ein Haar wäre nach einem brandgefährlichen
       Freistoß in der 90. Minute von Megan Connolly noch der Ausgleich gelungen.
       In der Nachspielzeit sorgte ein weiteres Mal Katie McCabe für höchste
       Gefahr.
       
       Australiens Abwehr machte wahrlich nicht den besten Eindruck. Weiter
       bleiben die Australierinnen, die zuletzt Frankreich im Test mit 1:0 und
       England mit 2:0 besiegten, eine Blackbox. „Wir wissen jederzeit, wir haben
       vielleicht nicht das beste Team, aber wir können die besten Teams
       schlagen“, hatte Coach Tony Gustavsson vor dem Turnier gesagt. Dass es
       allerdings für einen WM-Titel reichen soll, dafür müssen die Matildas in
       den folgenden beiden Gruppenspielen bessere Argumente liefern.
       
       20 Jul 2023
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Alina Schwermer
       
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