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       # taz.de -- Politische Gefangene in Ägypten: Erst eingesperrt, dann „begnadigt“
       
       > Ägypten hat zwei bekannte Menschenrechtler entlassen. Aktivisten fordern
       > die Freilassung von Tausenden weiteren Gefangenen.
       
   IMG Bild: Patrick Zaki nach seiner Freilassung in Mansoura
       
       Berlin taz | Nur zwei Tage nach seiner Verurteilung zu drei Jahren Haft in
       Ägypten ist der Wissenschaftler und Menschenrechtler Patrick George Zaki am
       Donnerstag freigelassen worden. Präsident Abdel Fattah al-Sisi hatte Zaki
       am Mittwoch „begnadigt“. Auch der bekannte ägyptische Menschenrechtsanwalt
       Mohammed Baker und weitere Gefangene sollten freigelassen werden.
       
       Zaki, ein ägyptischer Christ und Mitarbeiter der [1][Ägyptischen Initiative
       für Persönliche Rechte (EIPR)], hatte in Italien Gender Studies studiert.
       Im Februar 2020 wurde er festgenommen, kurz nachdem er zu einem Besuch in
       Kairo gelandet war. Im Dezember 2021 wurde er aus der Untersuchungshaft
       entlassen, durfte Ägypten aber nicht verlassen.
       
       Am vergangenen Dienstag schließlich verurteilte ihn ein Gericht wegen eines
       Meinungsartikels aus dem Jahr 2019. Der Vorwurf lautete unter anderem:
       Verbreitung von Falschnachrichten. In dem Text ging es um die
       Diskriminierung koptischer Christen in Ägypten.
       
       Der Fall hatte international, vor allem in Italien, für Schlagzeilen
       gesorgt. Regierungschefin Giorgia Meloni erklärte, Zaki werde bereits am
       Donnerstag nach Italien zurückkehren, und bedankte sich bei al-Sisi für die
       „sehr wichtige Geste“. Sie erklärte, sie habe sich mehrfach gegenüber
       al-Sisi für Zaki eingesetzt.
       
       ## Viele Muslimbrüder unter den Gefangenen
       
       Meloni ist unter anderem deshalb um gute Beziehungen zu den
       nordafrikanischen Staaten bemüht, da sie mit Hilfe der autoritären
       Herrscher in der Region Menschen davon abhalten will, über das Mittelmeer
       zu fliehen.
       
       Der Anwalt Mohammed Baker, der bis Donnerstagnachmittag noch nicht auf
       freiem Fuß war, war 2019 festgenommen und 2021 verurteilt worden. Auch ihm
       wurden Falschnachrichten vorgeworfen. Amnesty International geht jedoch
       davon aus, dass er für seine Menschenrechtsarbeit bestraft werden sollte.
       
       Baker hatte Ägyptens wohl bekanntesten politischen Gefangenen, [2][den
       Aktivisten Alaa Abdel Fattah], vertreten, der seit knapp zehn Jahren mit
       kurzen Unterbrechungen im Gefängnis sitzt. Dessen Schwester Sanaa Seif
       schrieb nach Bekanntwerden der Begnadigungen am Mittwoch auf Twitter:
       „Zehntausende stehen noch aus, aber heute feiern wir.“
       
       Wie viele politische Gefangene genau in Ägypten im Gefängnis sitzen, ist
       unklar. Schätzungen gehen von mehreren Zehntausend aus. Bei vielen handelt
       es sich um [3][Anhänger/innen der Muslimbruderschaft und andere
       Islamist/innen, deren Schicksal im Westen wenig Aufmerksamkeit erhält].
       [4][Das Militär unter al-Sisi hatte die Muslimbruderschaft 2013 entmachtet]
       und geht seitdem rigoros gegen jegliche Gegner*innen der
       Militärherrschaft vor.
       
       „Wir haben früher schon in einer Diktatur gelebt, aber nicht in einer so
       rigiden“, sagte [5][Sanaa Seif kürzlich im taz-Interview]. Sie beklagte,
       das in Ägypten mittlerweile – anders als vor der Revolution 2011 –
       jeglicher Raum für Meinungsäußerung fehle. Dies lasse Ägypten zwar
       äußerlich stabil erscheinen, jedoch habe sich viel Wut angestaut, so dass
       die Lage jederzeit eskalieren könne.
       
       20 Jul 2023
       
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   DIR Jannis Hagmann
       
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