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       # taz.de -- Fragwürdige Nachspielzeit: Schluss mit Überstunden!
       
       > Bei der WM wird schon wieder exzessiv nachgespielt. Doch statt der
       > Willkür Tür und Tor zu öffnen, sollte die Fifa auf eine Nettospielzeit
       > setzen.
       
   IMG Bild: Spielt auf Zeit: Referee Bouchra Karboubi lässt auch überbordernd nachspielen
       
       Notabene hinkt der Frauenfußball den Männern noch immer hinterher. [1][Bei
       der Fußballweltmeisterschaft in Katar] durften die Kicker Englands und
       Irans fast 28 Minuten nachspielen. Daraus hat die höchst gendersensible
       Fifa gelernt und bietet den Frauen in Neuseeland und Australien auch
       Überstunden an. 14 Minuten waren schon drin in einem Spiel nach 90 Minuten.
       
       Zählt man die Extraminuten in Halbzeit eins und zwei bei dieser
       Weltmeisterschaft jeweils zusammen, dann werden 10 Minuten und mehr
       nachgespielt. Warum die Fifa so exzessiv Minuten dranpappt an die
       anderthalb Stunden Spielzeit, ist ein wenig rätselhaft, weil der
       Ligafußball ja bisher ganz gut gefahren ist mit den zwei, drei Minuten
       zusätzlich.
       
       Es kann sich nur um eine Demonstration des irgendwie Möglichen handeln. Der
       Fetisch der Neuerung wird ausgestellt auf großer Bühne. Und so schwitzen
       die Kickerinnen nun bis zur 102. Minute im Akkord, zusätzlich klären die
       Schiedsrichterinnen knifflige Situationen übers Stadionmikrofon. Und auch
       die Torhüterinnen, in fiebriger Erwartung des Elfmeterschusses, werden beim
       Verlassen der Linie streng gemaßregelt. All das bringt das Fußballspiel
       keinen Deut voran. Der Aktionismus befriedigt nur ein sinnfreies
       Agendasetting, das einer Simulation von Fortschritt huldigt.
       
       ## Plädoyer für eine runde Stunde
       
       Wirklich neu wäre, wenn der Weltverband Fifa eine effektive Spielzeit von
       60 Minuten einführte. Nur wenn der Ball im Spiel ist, läuft der Zeiger. Man
       kennt das beispielsweise vom Basketball oder vom Eishockey. Eine reale
       Stunde Nettospielzeit – das korrespondierte mit der Wirklichkeit auf dem
       Fußballplatz. Schon jetzt dauern Fußballspiele auf der effektiven Uhr 60
       Minuten, plus minus ein paar Zerquetschte.
       
       Da die Verlängerung der Spielzeit aktuell bei der Schiedsrichterin liegt,
       ist die Ansage des Referees willkürlich und Pi mal Daumen. Das menschelt
       zwar ganz nett, ist aber fehleranfällig. Die eine will mehr Brutto vom
       Netto, die andere weniger. Wenn sich die Fifa schon den Schein der
       Objektivierung des Fußballs gibt mit VAR und allem Pipapo, dann sollte sie
       umsetzen, was ganz einfach ist: eine runde Stunde. Das ist messgenau und
       gut zu kalibrieren.
       
       Da gibt es kein Wenn und Aber. Das unheilvolle Wetten auf die Dauer der
       Nachspielzeit hätte ein Ende (und somit auch diese Manipulationsmöglichkeit
       auf den Plattformen) – und die armen Leute am Regiepult der
       Fernsehanstalten könnten endlich die Zuschauer mit dem Banner „Die
       nachfolgenden Sendungen verspäten sich um XY Minuten“ verschonen.
       
       Gehütet werden die Fußballregeln von den Vertretern [2][des Ifab, The
       International Football Association Board], das aus je einem Vertreter der
       britischen Fußballverbände und vier Emissären der Fifa besteht. Sie
       spreizen sich regelmäßig, versuchen mit dem einen Zeh die Vergangenheit zu
       touchieren – und mit dem anderen die Zukunft. Dass es bei den älteren
       Herren regelmäßig zu einer Zerrung im Adduktorenbereich kommt, ist
       unvermeidlich. Die Schmerzen sind ansteckend (auch übers TV!) und können
       chronisch werden.
       
       30 Jul 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.dw.com/de/wm-in-katar-nachspielzeit-bricht-rekorde/a-63839488
   DIR [2] https://www.theifab.com/de/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Markus Völker
       
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