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       # taz.de -- Mindestlohn wegen der Inflation erhöhen: Mehr Geld – gegen die AfD
       
       > Fast ein Viertel der Beschäftigten bekommt weniger als 14 Euro brutto.
       > Das zeigt schlaglichtartig, dass der Mindestlohn von 12 Euro zu niedrig
       > ist.
       
   IMG Bild: 14 Euro, wer weniger verdient Arbeit im Niedriglohnsektor
       
       Superreiche und Bitterarme – das gibt es in den USA. Bei uns hingegen, im
       rheinischen Konsenskapitalismus, ist das anders. Dieses Selbstbild der
       deutschen Gesellschaft ist wetterfest, ja fast unzerstörbar. Und eine
       Täuschung. Diese Gesellschaft ist nicht egalitär. Weil krasse Ungleichheit
       reflexartig verdrängt wird, löst die Nachricht, dass [1][derzeit fast ein
       Viertel aller Beschäftigten weniger als 14 Euro brutto bekommt], Erstaunen
       aus.
       
       Der bundesdeutsche Niedriglohnsektor ist nicht vom Himmel gefallen. Seine
       Ausweitung war das Ziel von Schröder und Rot-Grün. In Ostdeutschland
       arbeiteten 2007 fast die Hälfte aller Beschäftigten im Niedriglohnsektor.
       Das ist übrigens ein Euphemismus für: arm trotz Arbeit.
       
       Also alles rabenschwarz? Nein. Löhne sind kein Effekt einer unsteuerbaren
       Globalisierung, sondern politisch regulierbar. Seit ungefähr zehn Jahren
       wächst der Niedriglohnsektor nicht mehr, sondern schrumpft langsam. Dafür
       gibt es zwei Gründe: höhere Mindestlöhne und demografisch bedingt weniger
       Angebot auf dem Arbeitsmarkt. Der wichtigste politische Schritt war die
       Anhebung des Mindestlohns auf 12 Euro 2022.
       
       Allerdings sind diese 12 Euro schon ein paar Monate nach Einführung ein
       untaugliches Instrument geworden. Denn die von Energiepreisen, dem
       russischen Krieg gegen die Ukraine und Corona-Engpässen getriebene
       Inflation hat nicht nur das Mehr getilgt, das die 12 Euro den Working Poor
       bringen sollten. Preissteigerungen bei Energie und Lebensmitteln
       [2][treffen Ärmere viel heftiger als die Mittelschicht.] Faktisch geht es
       Millionen, denen die SPD mit den 12 Euro helfen wollte, schlechter als zu
       Zeiten, als der Mindestlohn noch unter 10 Euro lag.
       
       Die Linkspartei fordert nun zu Recht eine Anhebung auf 14 Euro, die SPD in
       Schleswig-Holstein sogar auf 15. Nötig ist nun ein politischer Eingriff:
       Die Mindestlohnkommission, die bloß Cent-Erhöhungen will, muss gezwungen
       werden, die Inflation stärker zu beachten. Das ist ein Gebot der Moral und
       der politischen Klugheit. Denn zu viel Ungleichheit fördert nachweislich
       [3][die Neigung, AfD zu wählen.]
       
       27 Jul 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.tagesschau.de/wirtschaft/geringverdiener-14-euro-mindestlogn-100.html
   DIR [2] https://www.diw.de/de/diw_01.c.875816.de/empfehlung_der_mindestlohnkommission_ist_eine_bittere_enttaeuschung.html
   DIR [3] https://www.boeckler.de/de/boeckler-impuls-ungleichheit-nahrt-den-rechtspopulismus-41324.htm
       
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