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       # taz.de -- In Ägypten inhaftierter Aktivist frei: Bologna hält zusammen
       
       > Der Menschenrechtsaktivist Zaki saß fast zwei Jahre in ägyptischer Haft.
       > Die Menschen in seiner Wahlheimat Bologna haben für seine Freiheit
       > gekämpft.
       
   IMG Bild: Patrick Zaki bei seiner Ankunft am Flughafen Milan Malpensa am 23. Juli
       
       Bologna taz | Die Schwarz-Weiß-Skizze von [1][Patrick Zaki], dem jungen
       Mann mit den wuscheligen Locken, hing überlebensgroß an der zentralen
       Piazza Maggiore und den zwei mittelalterlichen Türmen. Sie sind die
       Wahrzeichen von [2][Bologna], und wer die Stadt in den letzten dreieinhalb
       Jahren besuchte, dem stellte sich dadurch automatisch die Frage: Wer ist
       dieser Patrick Zaki?
       
       Eine Zaki-Pappfigur saß nicht nur in den Bologneser Bibliotheken und im
       Rathaus, sondern in öffentlichen Gebäuden in ganz Italien. Eine gelbe Fahne
       mit dem Schriftzug „Libertà per Patrick Zaki“ hängt noch immer aus einem
       Fenster des Bologneser Rathauses.
       
       Der junge ägyptische Menschenrechtsaktivist studierte in Bologna Gender
       Studies, als er Anfang 2020 bei einem Familienbesuch in Kairo wegen der
       angeblichen „Verbreitung von Falschinformationen“ verhaftet wurde.
       
       Danach befand er sich fast zwei Jahre lang in Untersuchungshaft, wurde laut
       Aussage seines Anwalts gefoltert und einem Scheinprozess mit gefälschten
       Beweisen ausgesetzt. Das Land verlassen durfte er nicht. Am 18. Juli 2023
       wurde er schließlich zu drei Jahren Haft verurteilt, am Folgetag jedoch von
       Präsident al-Sisi begnadigt. Am vergangenen Sonntag kehrte er schließlich
       nach Bologna zurück.
       
       ## Festnahme 2020
       
       Als die Nachricht von Zakis Festnahme im Februar 2020 in Bologna bekannt
       wurde, sei es direkt zu Protestaktionen gekommen, sagt Lustina Mocanu von
       Amnesty International Bologna. „Wir haben noch am selben Abend
       demonstriert, weil die ersten Stunden nach der Verhaftung die kritischsten
       Stunden sind, in denen es zu Menschenrechtsverletzungen kommen kann.“
       
       Und das, obwohl Zaki zuvor nur ein Student von vielen war, betont Matteo
       Lepore, Bürgermeister von Bologna: „Patrick war eine praktisch unbekannte
       Person, aber trotzdem gingen Tausende von Studenten und Bürgern auf die
       Straße, um seine Freilassung zu fordern.“
       
       Es ging Schlag auf Schlag: Am 7. Februar 2020 wurde Zaki in Kairo
       verhaftet, daraufhin sorgte die Street-Art-Künstlerin Laika mit einem
       Wandbild unweit der ägyptischen Botschaft in Rom für Aufmerksamkeit. Das
       Bild wurde sofort entfernt und von der Künstlerin umgehend wieder neu
       angebracht. Am 17. Februar gab es die erste große Demonstration mit
       Tausenden Teilnehmer:innen in Bologna, danach wurde die Fahne mit dem
       Schriftzug „Libertà per Patrick Zaki“ am Rathaus angebracht und am 26. Mai
       schließlich das überlebensgroße Porträt von Zaki an der Piazza Maggiore.
       
       All das passierte in den ersten Wochen der Pandemie, die Italien besonders
       hart getroffen hatte. Die Protestbewegung ging von zivilgesellschaftlichen
       Akteur:innen aus, also Menschen und Organisationen ohne ein faktisches
       politisches Gewicht, was aber politische Aktionen nach sich zog: Am 11.
       Januar 2021 verlieh ihm der Stadtrat einstimmig die Ehrenbürgerschaft von
       Bologna.
       
       Jetzt, bei seiner Rückkehr nach Italien, ist die mediale Aufmerksamkeit für
       seine Geschichte besonders hoch: Rund sechzig Journalist:innen erwarten
       ihn bei der Pressekonferenz im Rektorat der Universität, ein Dutzend
       Videokameras von lokalen und nationalen Fernsehsendern sowie unzählige
       Fotoapparate und Handys sind auf ihn gerichtet. Als Zaki den Raum betritt,
       wird er sofort von der Presse umzingelt. Nicht einmal seine Locken ragen
       mehr zwischen den hochgehaltenen Kameras heraus.
       
       ## Geschichte voller symbolischer Aktionen
       
       Als er dann neben dem Rektor Giovanni Molari und der Professorin Rita
       Monticelli am Rednerpult sitzt, hört Zaki den beiden aufmerksam zu und
       nickt. Er wirkt schüchtern, auch wenn er die ganze Zeit lächelt und sich
       immer wieder im Raum umsieht, als könne er selbst kaum fassen, was gerade
       passiert.
       
       Der Rektor überreicht ihm seine Masterurkunde, dann spricht Zaki selbst mit
       ruhiger Stimme. Wenn ihm etwas besonders wichtig ist, wird sie lauter und
       kräftiger. Zum Beispiel, wenn er eine Verbindung zwischen seiner Geschichte
       und der vieler anderer politischer Gefangener zieht: „Ich bin heute hier
       als Teil einer Erfolgsgeschichte. Es muss noch viel mehr davon geben.“
       
       „Wir haben gezeigt, dass man die Rechte des Individuums mit einer spontanen
       Bewegung verteidigen kann“, sagt Rektor Molari. Die Geschichte von Patrick
       Zaki ist eine Geschichte voller symbolischer Aktionen, voller Zeichnungen,
       Pappfiguren, Gesten. Der Fußballclub von Bologna hat ihm ein signiertes
       Trikot nach Ägypten geschickt. Auf einem der bekanntesten Fotos trägt Zaki
       stolz das offizielle T-Shirt der Uni Bologna.
       
       Nach seiner Begnadigung lehnte er den Staatsflug nach Rom ab, kommt lieber
       einen Tag später mit einem Linienflug in Mailand an und fährt von dort
       direkt mit Molari und Monticelli, der Betreuerin seiner Masterarbeit, nach
       Bologna. Den Master hat er während des Prozesses von Ägypten aus beendet.
       Erst Anfang Juli bestand er die Abschlussprüfung via Videocall. „Ich nutze
       Bildung als eine Form von Widerstand“, sagt Zaki.
       
       Draußen vor der Universität und auf der Piazza erwartet ihn eine
       Menschenmenge, obwohl der Termin immer wieder in letzter Sekunde verschoben
       und deshalb kaum angekündigt wurde. Dort stehen Personen, denen Zakis
       Geschichte aus den verschiedensten Gründen nahegeht.
       
       Manche, wie Nicole und Andrea, studieren selbst in Bologna und sagen: „Er
       ist ein Student so wie wir alle.“ Andere, wie Elena, fühlen sich ebenfalls
       wie Adoptivkinder der Stadt Bologna, so wie Zaki: „Ich komme nicht aus
       Bologna, aber hier fühle ich mich zu Hause.“ Wieder andere waren schon bei
       den ersten Demonstrationen dabei, so wie Margherita. Natürlich sind auch
       Zakis Freunde aus Ägypten dort, wie Michael, der inzwischen selbst in
       Bologna lebt: „Bologna war das Zentrum der Unterstützung für Patrick.“
       
       ## Sieg der Zivilgesellschaft
       
       Gegen halb zehn Uhr abends steht Zaki schließlich auf der Bühne auf der
       Piazza Maggiore, vor ihm ein Dutzend Fernsehteams, um ihn die
       mittelalterlichen Gebäude in sanftem orangefarbenem Licht. Seine ersten
       Worte sagt er auf Italienisch: „Finalmente sono a casa“, endlich bin ich zu
       Hause. Dann setzt er seine Dankesrede auf Englisch fort. „Ich würde am
       liebsten an jede Tür in Bologna klopfen und mich bei allen Menschen
       bedanken.“
       
       Er unterstreicht immer und immer wieder, dass er nach Bologna gehöre, dass
       Bologna seine Heimat sei, dass er nun dortbleiben und sich weiterhin für
       Menschenrechte einsetzten wolle. Er dankt auch der Regierung. Das machen
       auch der Rektor und der Bürgermeister – aber stets erst an dritter oder
       vierter Stelle: nach den Menschen in Bologna, nach der Universität, nach
       Amnesty. Zaki sagt: „Dass ich jetzt hier bei euch bin, verdanke ich den
       Menschen in Bologna und in Italien. Sie sind der Hauptgrund für meine
       Träume.“
       
       Rechts neben Zaki auf der Bühne steht seine Verlobte, deren Hand er fest
       umschlossen hält, zu seiner linken Professorin Monticelli, hinter ihnen
       Freund:innen und Aktivist:innen, die sich in den letzten Jahren für ihn
       eingesetzt haben. Oder, wie Bürgermeister Lepore sie nennt: „Die Band des
       heutigen Abends: Patrick Zaki and Friends!“ Professorin Monticelli findet
       die richtigen Worte für dieses kleine Wunder: „Dies ist meiner Meinung nach
       ein Beweis für eine wunderbare Synergie und dafür, dass sich Utopien
       verwirklichen lassen.“ Denn: „Hoffnung ist nicht nur ein Gefühl, sondern
       eine politische und kulturelle Positionierung.“
       
       27 Jul 2023
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Judith Eisinger
       
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