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       # taz.de -- Geflüchtete im deutschen Arbeitsmarkt: Sie schaffen das, nach und nach
       
       > Mehr als die Hälfte der im Jahr 2015 hierher Geflüchteten hat einen Job,
       > viele davon sogar als Fachkraft. Die Einkommen sind aber noch gering.
       
   IMG Bild: Ein junger Syrer schraubt im Jahr 2019 an seinem Hamburger Ausbildungsplatz an einer Schaltleiste
       
       Berlin taz | Mehr als die Hälfte aller Schutzsuchenden, die 2015 nach
       Deutschland kamen, ist inzwischen erwerbstätig. Zwei Drittel davon arbeiten
       in Vollzeit, 70 Prozent gehen einer qualifizierten Beschäftigung nach –
       haben also eine Berufsausbildung oder ein Studium absolviert. Das zeigt
       eine [1][am Donnerstag veröffentlichte Studie des Instituts für
       Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB)]. Sie beruht auf Daten von 2021.
       
       Die [2][Arbeitsmarktintegration Geflüchteter sei schwieriger] und
       langwieriger als bei anderen Migrant*innen, zeigt die Studie auf: Diese
       Menschen hatten nicht vor, ihr Land zu verlassen, haben entsprechend keine
       Sprachkurse besucht, keine Arbeits- oder Ausbildungsplätze gesucht und
       seltener eine den deutschen Ansprüchen entsprechende Ausbildung. „Die
       Erwerbstätigenquoten der Geflüchteten sind unmittelbar nach ihrer Ankunft
       in Deutschland gering, also während der Zeiträume, in denen sie zum Teil
       noch Beschäftigungsverboten unterliegen oder sich in den Asylverfahren
       befinden; sie steigen dann aber mit zunehmender Aufenthaltsdauer“,
       bilanziert das IAB.
       
       Im ersten Jahr nach Zuzug liegt die Erwerbstätigenquote demnach bei sieben
       Prozent, nach sechs Jahren bei 54 und nach sieben Jahren sogar bei 62
       Prozent. Der Anteil der Erwachsenen, die seit ihrer Ankunft in Deutschland
       eine Bildungseinrichtung besucht haben, liegt nach sechs Jahren bei 33
       Prozent.
       
       Auch steigt das mittlere Bruttomonatsentgelt der beschäftigten Geflüchteten
       mit der Zeit deutlich – von 664 Euro in den ersten beiden Jahren auf 1.638
       Euro im sechsten Jahr. Bei den Vollzeitbeschäftigten sind es 2.037 Euro.
       Diese Zahlen zeigen aber auch: Zwar finden viele Geflüchtete Arbeit, viele
       davon sogar als Fachkraft – trotzdem verdienen sie wenig.
       
       ## Beschäftigte sind meist jünger
       
       „Der Verdienst der Geflüchteten wird vor allem durch ihr junges Alter
       gedrückt“, erklärt Herbert Brücker vom IAB. Auf dem deutschen Arbeitsmarkt
       verdiene man in der Regel mit zunehmendem Alter besser. Das
       Durchschnittsalter der Erwerbstätigen sei dabei mit etwa 50 Jahren recht
       hoch. „Die erwerbstätigen Geflüchteten sind aber meist zwischen 25 und 30
       Jahre alt und stehen noch am Anfang ihrer Berufslaufbahn“, so Brücker.
       
       Eine weitere Rolle spielten die Jobs selbst: „[3][Wir finden Geflüchtete
       weniger in der Industrie,] wo überdurchschnittlich verdient wird, und mehr
       in der Dienstleistung – und dort oft in Branchen, in denen die Löhne trotz
       Fachkräfteniveau niedrig sind“, sagt Brücker. Das seien etwa die
       Gastronomie, die Pflege oder der Transport. Mit 45 Prozent ist ein großer
       Teil der 2015 zugezogenen Geflüchteten nach wie vor auf staatliche
       Leistungen angewiesen.
       
       Dabei sind 28 Prozent der Erwerbsfähigen aus Haushalten mit Leistungsbezug
       erwerbstätig. Zum einen seien wie beschrieben die Verdienste oft niedrig,
       sagt Brücker, zum anderen hätten junge Menschen oft kleine Kinder zu
       versorgen. „Da reicht das Einkommen vielleicht für den Erwerbstätigen
       alleine, aber nicht auch noch für drei Kinder.“
       
       ## Frauen betreuen die Kinder
       
       Auch gibt es deutliche Geschlechterunterschiede: Nach sechs Jahren sind
       zwar 67 Prozent der Männer erwerbstätig, aber nur 23 Prozent der Frauen. Zu
       „erheblichen Teilen“ lässt sich das laut Studie durch Sorgearbeit,
       insbesondere durch das Vorhandensein kleiner Kinder unter drei Jahren im
       Haushalt, erklären.
       
       Die Förderung von Frauen sei „vordringlich“, bilanziert das Institut – etwa
       durch Zugang zu umfassender Kinderbetreuung, flexible Arbeitszeitmodelle
       oder mehr Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
       
       27 Jul 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://iab.de/erwerbstaetigkeit-und-loehne-vongefluechteten-steigen-deutlich/
   DIR [2] /Studie-zu-Einwanderung-nach-Deutschland/!5945834
   DIR [3] /Einwanderung-von-Arbeitskraeften/!5938852
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Dinah Riese
       
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