URI: 
       # taz.de -- Einigung vor dem Nato-Gipfel: Erdoğan lässt Schweden rein
       
       > Der türkische Präsident stimmt nun doch Schwedens Nato-Beitritt zu.
       > Schweden sagt im Gegenzug gemeinsamen Kampf gegen Terrorismus zu.
       
   IMG Bild: Erdoğan und Kristersson reichen sich vor ihrem Treffen mit Stoltenberg in Vilnius die Hände
       
       Vilnius taz | Der türkische Präsident Erdoğan hat seine Blockade des
       Nato-Beitritts von Schweden aufgegeben. Nach Wochen von diplomatischen
       Bewegungen hat Erdoğan bei einem Treffen am Montagabend in der litauischen
       Hauptstadt dem schwedischen Regierungschef Ulf Kristersson zugestimmt, das
       Beitrittsprotokoll so bald wie möglich dem türkischen Parlament vorzulegen.
       
       In Vilnius beginnt [1][am Dienstag der Nato-Gipfel mit den 31 Staats- und
       Regierungschefs]. Das Treffen zwischen Erdoğan und Kristersson hatte
       Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg arrangiert.
       
       „Ein genaues Datum kann ich nicht nennen: Das liegt an dem türkischen
       Parlament, das die Ratifizierung zustimmen muss“, sagte Stoltenberg in
       einer Pressekonferenz kurz vor 22.30 Uhr lokaler Zeit in Vilnius. Den
       ganzen Montag über hatte das Nato-Presseteam gegenüber den drängenden
       internationalen Journalist*innen versichert, dass es auf keinen Fall
       spät am Abend noch eine spontane Pressekonferenz geben werde. Am Ende kam
       es doch anders.
       
       Schweden und Finnland hatten im Mai 2022 unter dem Eindruck des russischen
       Angriffskriegs gegen die Ukraine die Mitgliedschaft in der Nato beantragt.
       [2][Finnland ist bereits Anfang April zum 31. Mitglied des Bündnisses
       geworden]. Schweden fehlt dagegen nach wie vor die Zustimmung der Türkei
       und Ungarns, was in erster Linie an der türkischen Blockadehaltung gelegen
       hat.
       
       „Mit Ungarn wird es auch kein Problem sein“, versicherte Stoltenberg am
       Abend. „Das vor einem Jahr auf dem Madrider Nato-Gipfel beschlossene
       Memorandum hat Wirkung gezeigt“, erklärte der Nato-Generalsekretär.“ Als
       Teil des Prozesses hat Schweden seine Verfassung geändert, Gesetze
       geändert“. Deswegen komme jetzt das „Ja“ aus Ankara. Aber nicht nur.
       
       ## Bilaterale Kooperation und Anti-Terror-Koordinator
       
       Eine Einigung mit der Türkei wurde vor allem möglich, weil das Kernthema
       „Terrorismus“ und die letzte Forderung Erdoğans, EU-Perspektiven für die
       Türkei, in dem letzten Treffen in Vilnius auf den Tisch gelegt wurden. In
       der gemeinsamen Erklärung heißt es nun, dass Schweden und die Türkei ein
       neues bilaterales Sicherheitskonzept vereinbart haben. „Die Zusammenarbeit
       zwischen der Türkei und Schweden im Kampf gegen den Terrorismus als
       Verbündete wird auf ein höheres Niveau gebracht: Jährliche Treffen werden
       stattfinden, sie werden einen gemeinsamen Fahrplan entwickeln“, erklärte
       Stoltenberg auf Nachfrage der Journalist*innen.
       
       Zuvor hatte die Türkei Schweden vorgeworfen, dass das skandinavische Land
       nicht ausreichend gegen „Terrororganisationen“ vorgehe – [3][dabei geht es
       ihr vor allem um die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK].
       
       Kurz vor seinem Abflug nach Vilnius hatte Erdoğan in Ankara noch
       überraschend erklärt, [4][seine Zustimmung zum Nato-Beitritt Schwedens an
       den EU-Beitritt der Türkei koppeln zu wollen]. Dazu sagte Stoltenberg nach
       dem Dreiertreffen, Stockholm habe versprochen, die Bemühungen der Türkei um
       einen EU-Beitritt zu unterstützen. „Die EU ist jedoch kein Thema für die
       Nato. Es handelt sich lediglich um die vereinbarten Ansichten auf dem
       heutigen Treffen“, fügte Stoltenberg hinzu. Der gemeinsame Wirtschafts- und
       Handelsauschuss Schweden-Türkei soll gestärkt werden.
       
       Zusätzlich wird die Nato zum ersten Mal in ihrer Geschichte einen
       speziellen Koordinator für Terrorismusbekämpfung bekommen. „Es ist ein
       historischer Schritt“, sagte der Nato-Chef. Die Nato sei mit dem
       Terrorismus und mit Russland konfrontiert, diese seien die Kernaufgabe des
       Bündnisses, fügte Stoltenberg hinzu.
       
       ## Baerbock und Biden hoch erfreut
       
       Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) und US-Präsident Joe Biden
       haben das grüne Licht des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan für
       einen Nato-Beitritt Schwedens begrüßt. „Gute Nachrichten aus Vilnius: Der
       Weg für die Ratifizierung von Schwedens Nato-Mitgliedschaft durch die
       Türkei ist endlich frei“, erklärte Baerbock am Montag im
       Kurzbotschaftendienst Twitter. „Unsere gemeinsamen Anstrengungen haben sich
       gelohnt. Zu 32 sind wir alle zusammen sicherer. Herzlichen Glückwunsch,
       Schweden!“
       
       Biden erklärte, er begrüße die Ankündigung von Schweden, der Türkei und
       Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg. „Ich stehe bereit, mit Präsident
       Erdogan und der Türkei zusammenzuarbeiten, um die Verteidigung und
       Abschreckung im Euroatlantik-Raum zu verstärken. Ich freue mich,
       Regierungschef Kristersson und Schweden als unseren 32. Nato-Verbündeten zu
       begrüßen. Und ich danke Generalsekretär Stoltenberg für seine standhafte
       Führung.“
       
       10 Jul 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Nato-Gipfel-in-Vilnius/!5943366
   DIR [2] /Abstimmung-im-tuerkischen-Parlament/!5925314
   DIR [3] /NATO-Beitritt-Schwedens-und-Finnlands/!5900008
   DIR [4] /Tuerkei-knuepft-EU-Zusage-an-Nato-Streit/!5943365
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Gemma Teres Arilla
       
       ## TAGS
       
   DIR Nato
   DIR Recep Tayyip Erdoğan
   DIR Schweden
   DIR Jens Stoltenberg
   DIR Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
   DIR GNS
   DIR Recep Tayyip Erdoğan
   DIR Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
   DIR Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
   DIR Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
   DIR Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
   DIR Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Türkei zu Schwedens Nato-Beitritt: Die Flexibilität des Herrn Erdoğan
       
       Um Schweden ging es Erdoğan immer nur am Rande. Vor allem wollte er aus der
       Isolation kommen und mit der Nato-Führungsebene und Joe Biden verhandeln.
       
   DIR Nato-Gipfel in Litauen: Ukraine-Beitritt aber ohne Zeitplan
       
       Der Nato-Gipfel plädiert für die Aufnahme der Ukraine in das Bündnis wie
       schon 2008. Ein Zeitplan aber fehlt. Den hatte Ukraines Präsident
       gefordert.
       
   DIR +++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: Waffenpaket für die Ukraine
       
       Die Bundesregierung hat weitere Waffenlieferungen an die Ukraine im Wert
       von 700 Millionen Euro angekündigt. Selenskyj bestätigt Teilnahme am
       Nato-Gipfel.
       
   DIR Nato-Gipfel in Vilnius: Ringen um gemeinsame Haltung
       
       Vor dem Treffen stellen sich noch einige knifflige Fragen. Ob der
       ukrainische Präsident Selenski überhaupt nach Vilnius kommt, ist auch noch
       unklar.
       
   DIR Türkei knüpft EU-Zusage an Nato-Streit: Erpressen statt demokratisieren
       
       Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan will über die Nato die
       Beitrittsgespräche mit der EU wieder aufnehmen. Die Chancen stehen dafür
       schlecht.
       
   DIR Konflikte beim Nato-Gipfel in Vilnius: Nato an der eigenen Front
       
       Die Ukraine will ins Bündnis, nicht alle Mitgliedstaaten sind dafür. Auch
       nebensächliche Differenzen werden den Blick aufs Wesentliche verstellen.