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       # taz.de -- Nachruf auf Jazzpionier E.L. Petrowsky: Der Michael Jordan des Jazz
       
       > Ernst-Ludwig Petrowsky ist tot.Der große Saxofonist war einer der
       > Begründer des Jazz in der DDR. Er nahm mehr als 100 Alben auf und tourte
       > im Westen.
       
   IMG Bild: Ernst-Ludwig Petrowsky während eines Konzerts in Jena 2008
       
       Er war ein Meister der Ballade. Bei all den aufgerissenen Tönen, den tiefen
       Schluchten und dem felsigen Geröll auf abschüssigem Gelände, in das man
       sich verirren konnte und wollte [1][bei dieser aufwühlenden Musik]: Es war
       dieser immer warme Tenorklang von Ernst-Ludwig „Luten“ Petrowsky, der den
       Weg wies, der lockte und wiegte. In der DDR offiziell Berufsmusiker in
       Tanzorchestern, organisierte der 1933 in Güstrow geborene Saxofonist schon
       in den 1950ern Jamsessions und Jazzkonzerte.
       
       Wichtig war die Sendung „Voice of America“ von Willis Connover, die in der
       DDR empfangen werden konnte, als einzige Möglichkeit, die Musik der
       US-Vorbilder – heimlich – zu hören. Der schon früh einzigartige Ton
       Petrowskys ist nachzuhören auf seinen Kompositionen „Gral“ und dem
       wunderschönen „E.W. Als Gruß“ auf dem Album „Jazz mit Dorothy Ellison und
       dem Manfred Ludwig-Sextett von 1965. Beide Stücke sind übrigens auch im
       Soundtrack des Films „Das Leben der Anderen“.
       
       Parallel zu den Aufnahmen für das Staatslabel Amiga, entstanden Alben für
       das Westberliner Label FMP. Seit Ende der 1960er konnte Petrowsky außerhalb
       der DDR auftreten, wie [2][1968 beim Montreux Jazz Festival.]
       
       [3][[6384428]]Ab den 1970er Jahren war er die Vaterfigur des DDR-Freejazz
       mit der Band Synopsis, gemeinsam mit Ulrich Gumpert, Günter „Baby“ Sommer
       und Conny Bauer. Ursprünglich gegründet für einen Auftritt bei der Jazz
       Jamboree in Warschau 1973, erlangte die Band in der DDR Kultstatus und
       wurde zur Projektionsfläche für Regimekritik und Systemverweigerung.
       
       ## Anspielung aufs Zentralkomitee
       
       Aus Synopsis wurde dann 1984 das Zentralquartett, eine Anspielung auf das
       Zentralkomitee der SED. Die Musiker erforschten landestypische Folklore,
       quasi als Basislager für teilweise epische, sich überlagernde,
       kontrapunktische, hymnische, humorvolle und feinsinnige Improvisationen.
       Seit 1983 trat er immer wieder [4][im Duo mit seiner Frau, der Jazzsängerin
       Uschi Brüning], auf.
       
       Im Globe Unity Orchestra von Alexander von Schlippenbach spielte Petrowsky
       auch mit dem US-Posaunisten George E. Lewis. Über seinen Freund schrieb
       dieser: „Ich bin tieftraurig über den Tod meines großen Kollegen Luten. Im
       Globe Unity Orchestra war er wie Michael Jordan. Stand das Spiel auf der
       Kippe, wurde Luten gerufen, einer der Größten, mit denen ich je gespielt
       habe.“ P
       
       etrowsky hinterlässt mehr als 100 Aufnahmen, den ihm 2022 verliehenen
       Deutschen Jazzpreis für sein Lebenswerk konnte er leider nicht mehr selbst
       entgegennehmen. Am 10. Juli 2023 ist Ernst-Ludwig Petrowsky nach langer
       Krankheit 89-jährig verstorben.
       
       13 Jul 2023
       
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