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       # taz.de -- Politdrama in Thailand: Kein Regierungschef gewählt
       
       > Der siegreiche Oppositionskandidat ist bei der Wahl zum Premierminister
       > im Parlament durchgefallen. Er bereitet sich auf eine zweite Wahlrunde
       > vor.
       
   IMG Bild: Die Mehrheit verpasst: Pita Limjaroenrat im Parlament in Bankok
       
       Bangkok taz | Die Gegend um das thailändische Parlament glich am Donnerstag
       einem Heerlager. Ein massives Polizeiaufgebot war am Tag der Wahl des
       Premierministers zum Schutz der Volksvertretung aufgeboten worden.
       Demonstranten durften sich allerdings auf einem Platz in Sichtweite des
       Parlaments hinter Barrikaden versammeln.
       
       Die extremen Sicherheitsmaßnahmen wurden nicht von ungefähr ergriffen, denn
       schon seit der Parlamentswahl vom Mai dieses Jahres war klar, dass [1][die
       Wahl von Pita Limjaroenrat] von der liberal-demokratischen Reformpartei
       Move Foward (MFP) zum Premierminister Thailands am Widerstand der Elite und
       des Militärs scheitern wird. So kam es auch. Pita fehlten bei der
       Abstimmung am späten Donnerstagnachmittag 51 Stimmen zur Mehrheit.
       
       Das Ergebnis der von Wahlbeobachtern als einigermaßen fair eingeschätzten
       Wahl im vergangenen Mai war eindeutig: [2][MFP und ihr charismatischer
       Spitzenkandidat Pita, 42, wurden stärkste Kraft]. Die beiden der dem
       Militär nahestehenden bisherigen Regierungsparteien fielen mit Pauken und
       Trompeten bei den Wählern durch. Nicht so in Thailand.
       
       [3][Nach dem Putsch vom Mai 2014] sorgten die Elite und das Militär mit
       einer maßgeschneiderten Verfassung dafür, dass nur Premierminister werden
       kann, wer bei einer gemeinsamen Sitzung von Repräsentantenhaus und Senat
       die Mehrheit beider Kammern – 375 Stimmen – erhält. Die Senatoren aber
       wurden samt und sonders vom Militär ernannt und die MFP und ihre Koalition
       kommen zusammen auf 312 Abgeordnete.
       
       Von den 705 teilnehmenden Abgeordneten aus Senat und Repräsentantenhaus
       stimmten 182 dagegen, 199 enthielten sich, und nur 324 stimmten für
       Limjaroenrat – 51 zu wenig.
       
       ## Es fehlten 51 Stimmen zur Mehrheit
       
       Knackpunkt des Widerstands der Elite gegen Pita und die MFP ist deren
       erklärtes Ziel, [4][den Majestätsbeleidigungsparagrafen 112] des
       Strafgesetzbuches zu reformieren. Für die Elite aber ist der Paragraf 112
       unverzichtbar für den Schutz der Monarchie. Und auch die Koalitionsparteien
       der MFP wollen das Thema 112 nicht anrühren. Der Paragraf wurde in den
       letzten Jahren verstärkt gegen junge Menschen eingesetzt, die 2020 nach der
       erzwungenen Auflösung der Future Forward Partei, der Vorgängerorganisation
       der MFP, demokratische Reformen und – bis dahin ein absolutes Tabuthema –
       öffentlich eine Reform der Monarchie forderten.
       
       ## Zurück auf Los, ziehe nicht den Premierministerposten ein
       
       „Wir wussten von zwanzig Senatoren, dass sie trotzdem für Pita stimmen
       wollten“, sagt Akarachai Chaimaneekarakate von den „Thai Lawyers for Human
       Rights“. Letztlich waren es aber nur 13. Den Stimmungswandel der anderen
       sieben Senatoren könnte die Wahlkommission bewirkt haben, die einen Tag vor
       der Abstimmung beim Verfassungsgericht die Aberkennung des
       Parlamentsmandats von Pita beantragt hatte. Grund: er besitzt Anteile an
       dem Sender iTV und laut Wahlrecht ist Bürgern mit Anteilen an
       Medienunternehmen die Kandidatur für ein politisches Amt verboten.
       
       Der doppelte Witz bei dem Vorwurf, den jetzt das vom Senat ernannte
       Verfassungsgericht prüfen muss: die Firma iTV existiert zwar noch auf dem
       Papier, aber der Sender hat schon vor vielen Jahren den Betrieb eingestellt
       und über die Anteile verfügt Pita nur als Nachlassverwalter seines Vaters.
       
       14 Jul 2023
       
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