# taz.de -- WHO-Agentur bewertet Süßstoff Aspartam: Nur „möglicherweise“ krebserregend
> Die WHO-Krebsforschungsagentur sieht „begrenzte“ Belege für eine
> Krebsgefahr durch den Süßstoff Aspartam. Bisherige Verzehrsempfehlungen
> bleiben.
IMG Bild: Mögliches Risiko: Wer viel Coca-Cola Zero trinkt, nimmt viel Aspartam zu sich
Berlin taz | Die Krebsforschungsagentur IARC der
Weltgesundheitsorganisation [1][WHO] hat den weit verbreiteten Süßstoff
Aspartam wegen „begrenzter Evidenz“ nur als [2][„möglicherweise“
krebserregend] eingestuft. Der WHO-Sachverständigenausschuss für
Lebensmittelzusatzstoffe JECFA bekräftigte deshalb, dass es ungefährlich
sei, täglich 40 Milligramm Aspartam pro Kilogramm Körpergewicht zu
verzehren. Ein 70 Kilogramm schwerer Erwachsener müsste laut JECFA mehr als
9 bis 14 Dosen Diät-Limonade pro Tag trinken, um die zulässige tägliche
Aufnahmemenge zu überschreiten.
„Die Bewertungen von Aspartam haben gezeigt, dass die Sicherheit bei den
üblicherweise verwendeten Mengen zwar kein großes Problem darstellt, jedoch
potenzielle Auswirkungen beschrieben wurden, die durch mehr und bessere
Studien untersucht werden müssen“, teilte Francesco Branca, Direktor der
WHO-Abteilung für Ernährung und Lebensmittelsicherheit, am Freitag mit.
Aspartam ist ein synthetisch hergestellter kalorienarmer Süßstoff. Er ist
seit vielen Jahren für den menschlichen Verzehr zugelassen, etwa als
Tafelsüßstoff oder in Lebensmitteln wie Erfrischungsgetränken (etwa Cola),
Kaugummi, Joghurt, Eis, Senf, Soßen, sowie in Zahnpasta, Hustensaft und
manchen Vitamintabletten. Der Süßstoff muss auf dem Etikett angegeben sein,
entweder mit Namen oder seiner E-Nummer (E951).
Die IARC-Einstufung „möglicherweise krebserregend“ für den Menschen ist die
zweitschwächste von insgesamt vier Stufen, eben weil die Krebsgefahr nur
unzureichend belegt ist. Die nächste Stufe ist „wahrscheinlich
krebserregend“, in der die IARC zum Beispiel das Pestizid Glyphosat
einsortiert hat. Am besten belegt ist die Kategorie „krebserregend“.
## Experte: Aspartam besser als Zucker, aber Nutzen gering
„Die IARC stufte Aspartam als möglicherweise krebserregend für Menschen
(Gruppe 2B) auf der Grundlage begrenzter Hinweise auf Krebs beim Menschen
(insbesondere auf hepatozelluläres Karzinom, eine Form von Leberkrebs)
ein“, erläuterte die WHO. „Es gab auch begrenzte Hinweise auf Krebs bei
Versuchstieren und begrenzte Hinweise auf die möglichen Mechanismen der
Krebsentstehung.“
„Es gibt keinen soliden Grund, Süßstoffe aktiv zu vermeiden, aber auch
keinen Grund, Süßstoffe aktiv zu empfehlen. Der Nutzen ist gering, der
Schaden nicht klar nachweisbar“, sagte Stefan Kabisch, Studienarzt in der
Klinik für Endokrinologie und Stoffwechselmedizin an der Berliner Charité,
dem Science Media Center.
In „methodisch wirklich guten“ Studien am Menschen zeigten Süßstoffe wie
Aspartam einen „moderaten, aber signifikanten“ Nutzen zur Gewichtsabnahme.
„Dieser fällt kleiner aus, als man erwarten möchte“. Für Zucker hingegen
sei deutlich klarer belegt, dass er neben Karies auch Adipositas und
Typ-2-Diabetes fördert und somit zum Krebsrisiko beiträgt. „Ein Umstieg von
Süßstoffen auf Zucker würde sicherlich Krankheitsrisiken verstärken“,
warnte Kabisch.
14 Jul 2023
## LINKS
DIR [1] /WHO/!t5008423
DIR [2] https://www.who.int/news/item/14-07-2023-aspartame-hazard-and-risk-assessment-results-released
## AUTOREN
DIR Jost Maurin
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