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       # taz.de -- +++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: Russland stoppt Getreideabkommen
       
       > Russland verlängert das Getreideabkommen mit der Ukraine vorerst nicht.
       > Auf der Brücke zur von Russland annektierten Krim gab es Explosionen.
       
   IMG Bild: Kreml stoppt Abkommen zum Export von ukrainischem Getreide
       
       ## Baerbock: Putin setzt „Hunger als Waffe ein“
       
       Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hat vom russischen Präsidenten
       Wladimir Putin verlangt, das Getreideabkommen mit der Ukraine sofort wieder
       in Kraft zu setzen. Sie forderte Putin „auf, dass er es unterlässt, erneut
       Hunger als Waffe in diesem brutalen Angriffskrieg einzusetzen. Im Sinne des
       Friedens in der Ukraine, aber im Sinne des Friedens in der Welt“, sagte die
       Grünen-Politikerin am Montag am Rande eines Besuches in der UN-Zentrale in
       New York. Putins Vorgehen mache deutlich, dass der russische Präsident
       „weltweit auf die Schwächsten keine Rücksicht nimmt“, sagte die
       Bundesaußenministerin.
       
       Sie sei dankbar, dass trotz der wiederholten Unterbrechungen die Vereinten
       Nationen und auch die Türkei „nicht aufgeben, dieses Getreideabkommen immer
       wieder am Leben zu erhalten“, ergänzte Baerbock. Zugleich zeige das
       Vorgehen Putins, wie wichtig es gewesen sei, dass die Europäische Union
       nicht nur auf Putin vertraut, sondern dafür gesorgt habe, dass das Getreide
       auch über den Landweg per Zug aus der Ukraine heraus transportiert werden
       könne. „Daran müssen wir weiter arbeiten, dass wir einen zweiten Weg haben,
       gerade über die Europäische Union, dass das Getreide in die Welt kommt.“
       
       Von Anfang an habe man deutlich gemacht, dass die Sanktionen gegen Russland
       Lebensmittel und wichtige Medikamente ausnähmen, sagte Baerbock. „Dass der
       russische Präsident das jedes Mal erneut auf den Kopf stellt und Getreide
       als Waffe einsetzt, macht deutlich, mit welcher Brutalität er diesen Krieg
       führt.“
       
       Auch Olaf Scholz kritisierte die Entscheidung aus Moskau. Am Rande des
       Gipfeltreffens der Europäischen Union mit der Gemeinschaft der
       Lateinamerikanischen und Karibischen Staaten (Celac) in Brüssel sagte der
       Bundeskanzler, dass Russland das [1][Getreideabkommen] nicht verlängern
       wolle, sei „eine schlechte Botschaft“. „Und für ein Land, das mit einer
       solchen Aggression sein Nachbarland überfallen hat, ist das auch eine
       schlechte Botschaft an die übrige Welt.“ Das Vorgehen zeige, „dass Russland
       sich nicht verantwortlich fühlt für ein gutes Miteinander in der Welt“,
       sagte Scholz weiter.(dpa/afp)
       
       Militärflugzeug über Asowschem Meer abgestürzt 
       
       In der Grenzregion zwischen Russland und der Ukraine ist offiziellen
       Angaben zufolge ein russischer Kampfjet über dem Asowschen Meer abgestürzt.
       Ersten Erkenntnissen zufolge sei am Montagnachmittag der Motor der Maschine
       vom Typ vom Suchoi Su-25 ausgefallen, teilten die Behörden der
       südrussischen Region Krasnodar mit. Unabhängig überprüfbar war das zunächst
       nicht. Der Pilot konnte sich den Angaben zufolge mit dem Schleudersitz
       retten. In sozialen Medien kursierten zuvor Meldungen, der Mann sei ums
       Leben gekommen.
       
       Sowohl Russland als auch die von Moskau angegriffene Ukraine grenzen an das
       Asowsche Meer. Da Russland allerdings bereits 2014 die Halbinsel Krim
       annektiert und in den vergangenen 17 Monaten weitere Teile des ukrainischen
       Staatsgebiets besetzt hat, wird derzeit die komplette Küste von russischen
       Truppen kontrolliert. Aus der südrussischen Region Krasnodar wiederum
       starten immer wieder Kampfflugzeuge ihre Angriffe gegen das Nachbarland.
       
       Es ist dabei nicht der erste schwere Kampfjet-Unfall in Jejsk. Im Oktober
       2022 stürzte ein russischer Jagdbomber vom Typ Su-34 in ein Wohnhaus der
       Stadt. Dabei wurden mehr als ein Dutzend Menschen getötet. (dpa)
       
       ## Russland lässt Abkommen auslaufen
       
       Russland steigt nach gut einem Jahr aus dem Abkommen über den Export von
       ukrainischem Getreide aus. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow sagte am Montag in
       einer Telefonkonferenz mit Reportern, Russland werde die Vereinbarung
       wieder einhalten, sobald seine Forderungen erfüllt seien. Das Abkommen, das
       im vergangenen Sommer von den Vereinten Nationen und der Türkei vermittelt
       wurde, sollte am Montagabend auslaufen, dass es keine weitere Verlängerung
       gibt, [2][hatte sich bereits abgezeichnet].
       
       „Wenn der Russland betreffende Teil des Schwarzmeerabkommens umgesetzt ist,
       wird Russland sofort zur Umsetzung des Abkommens zurückkehren“, sagte
       Peskow. Auf die Frage, ob ein Angriff auf eine Brücke, die die russisch
       besetzte Halbinsel Krim mit dem russischen Festland verbindet, ein Grund
       für die Entscheidung sei, antwortete der Kreml-Sprecher, dies sei nicht der
       Fall. „Nein, diese Entwicklungen stehen in keinem Zusammenhang“, sagte
       Peskow. „Schon vor diesem Terroranschlag hatte Präsident Putin unseren
       Standpunkt dazu erklärt.“
       
       Die ukrainische Seite äußerte sich am Montag vorläufig nicht zum Auslaufen
       des Abkommens. Die Vereinbarung wurde im Mai um 60 Tage verlängert, obwohl
       Moskau schon damals Vorbehalte äußerte. In den vergangenen Monaten gingen
       die Menge der exportierten Lebensmittel und die Zahl der Schiffe, die die
       Ukraine verlassen, stark zurück. Beobachter warfen Russland vor, die
       Teilnahme weiterer Schiffe an der Initiative zu beschränken.
       
       Das Abkommen sollte nach dem Beginn des russischen Kriegs in der Ukraine
       Lebensmittellieferungen aus der Region des Schwarzen Meers ermöglichen.
       Getreide aus der Ukraine konnte an Länder in Afrika, im Nahen Osten und in
       Asien geliefert werden, wo der Hunger zunimmt und mehr Menschen wegen hoher
       Lebensmittelpreise von Armut betroffen sind.
       
       Die Schwarzmeer-Getreide-Initiative ermöglichte [3][den Export von 32,9
       Millionen Tonnen Getreide und anderer Lebensmittel aus drei] ukrainischen
       Häfen. Mehr als die Hälfte davon ging in Entwicklungsländer, wie die
       gemeinsame Koordinierungsstelle in Istanbul mitteilte. Seit der
       Verständigung auf das Abkommen hat es aber auch einen Rückschlag gegeben:
       Russland legte die Vereinbarung im November kurzzeitig auf Eis, stimmte
       dann aber doch noch einer Verlängerung zu.
       
       Ein separates Abkommen erleichterte den Transport von russischen
       Lebensmitteln und Düngemitteln trotz westlicher Sanktionen. Die Regierung
       in Moskau beklagte dennoch, seine Ausfuhren, die für die weltweite
       Nahrungsmittelkette ebenfalls von entscheidender Bedeutung sind, würden
       durch Beschränkungen bei der Verschiffung und Versicherung behindert.
       Gleichzeitig zeigten Exportdaten, dass Russland Rekordmengen an Weizen
       verschiffte, und auch Abnehmer für seine Düngemittel fand. (ap)
       
       ## Explosionen auf Krim-Brücke
       
       Nach Explosionen an der Brücke zur annektierten Schwarzmeer-Halbinsel Krim
       hat Russland offiziell von einem „Terrorakt“ gesprochen. Die Brücke sei am
       frühen Montagmorgen von Überwasserdrohnen attackiert worden, teilte das
       russische Anti-Terror-Komitee mit. Moskau machte ukrainische Geheimdienste
       dafür verantwortlich.
       
       Aus der Ukraine gibt es unterschiedliche Reaktionen. Mehrere Medien in der
       Ukraine berichten ebenfalls, die Marine und ukrainische Spezialkräfte
       stecken hinter dem Angriff. Die Nachrichtenagentur AFP meldet, sie wisse
       aus SBU-Kreisen, dass es sich um eine „Spezialoperation“ des ukrainischen
       Inlandsgeheimdienstes SBU und der Marine handle. Bei dem Angriff auf die
       Brücke zwischen der russischen Region Krasnodar und der Halbinsel seien
       Marinedrohnen zum Einsatz gekommen. Konkrete Quellen dafür gibt es aber
       keine.
       
       Zum anderen bestreitet eine ukrainische Militärsprecherin, Natalja
       Humenjuk, die Beteiligung der Ukraine und sagte, bei den Explosionen auf
       der Brücke könnte es sich um eine russische Provokation gehandelt haben.
       
       Laut der russischen Regierung starb durch die Explosionen ein Paar. Die
       14-jährige Tochter sei verletzt worden. Der Gouverneur der an die Krim
       angrenzenden russischen Region Krasnodar, Wenjamin Kondratjew, rief
       Bewohner der Region auf Telegram auf, die Brücke zu meiden. Falls Menschen
       auf die Krim fahren wollten, sollten sie die „neuen Regionen Russlands“
       nutzen, womit Kondratjew von Russland besetztes ukrainisches Gebiet meinte.
       Auf Fotos ist zu sehen, dass Teile der Brücke abgesunken sind.
       
       Die Zugschienen auf der Brücke seien nicht beschädigt worden. Der
       Eisenbahnverkehr hat seinen Betrieb zwischen dem russischen Festland und
       der [4][völkerrechtswidrig annektierten ukrainischen Schwarzmeer-Halbinsel]
       wieder aufgenommen. Mit rund fünf Stunden Verspätung sei am Montagmorgen
       ein Zug aus der Krim-Hauptstadt Simferopol in Richtung der südrussischen
       Region Krasnodar losgefahren, teilten die Behörden der Krim mit. Der
       Autoverkehr über das 19 Kilometer lange Bauwerk blieb hingegen weiter
       eingestellt.
       
       Am frühen Morgen hatten russische Behörden über einen „Notfall“ auf der
       Krim-Brücke berichtet, infolgedessen zwei Menschen in ihrem Auto getötet
       worden seien. In sozialen Netzwerken war von einer Explosion die Rede, eine
       offizielle Bestätigung gab es dafür allerdings zunächst nicht. Fotos und
       Videos zeigten Zerstörungen an der Fahrbahn. Das russische
       Verkehrsministerium teilte mit, die Brückenkonstruktion sei jedoch weiter
       intakt.
       
       Die bereits 2014 von Russland einverleibte Krim ist immer wieder [5][Ziel
       von Angriffen mit Drohnen]. Die Ukraine hat angekündigt, ihr gesamtes
       Staatsgebiet im Zuge einer Gegenoffensive zu befreien. (dpa/rtr/afp/ap)
       
       ## Deutschland fordert Verlängerung des Abkommens
       
       Deutschland hat Russland zur Verlängerung des Abkommens zur Ausfuhr von
       ukrainischem Getreide aufgefordert. Die Bundesregierung appelliere
       „weiterhin an Russland (…), eine weitere Verlängerung des Getreideabkommens
       möglich zu machen und diese Auseinandersetzung nicht auf dem Rücken der
       Ärmsten dieses Planeten auszutragen“, sagte die stellvertretende
       Regierungssprecherin Christiane Hoffmann am Montag in Berlin. Auch setze
       die Bundesregierung darauf, dass es künftig nicht nur Einigungen mit kurzen
       Fristen gebe, sondern langfristige Exportmöglichkeiten für Getreide und
       Düngemittel aus der Ukraine.
       
       Der Kreml hatte das Getreideabkommen zuvor „de facto“ für beendet erklärt.
       Russland werde das Abkommen „sofort“ wieder aufleben lassen, sobald die
       Abmachungen gegenüber der russischen Seite eingehalten würden, sagte
       Kreml-Sprecher Dmitri Peskow in Moskau wenige Stunden vor Auslaufen des
       bestehenden Vertragswerks. (afp)
       
       ## 🐾 Einkommensteuereinnahmen in der Ukraine gestiegen
       
       Die Einnahmen der Ukraine über die Einkommensteuer sind während des Krieges
       gestiegen. 2020 belief sich die Summe auf insgesamt umgerechnet 11,5
       Milliarden Euro. Für das laufende Jahr wird mit Einnahmen von 14,6
       Milliarden Euro gerechnet. Laut Wirtschaftsexperten liegt das an den
       gestiegenen Steuereinnahmen durch mehr Soldaten. Die Kommunen wollen das
       Geld, um beispielsweise öffentliche Fußballfelder oder Straßen zu
       renovieren. Doch der Druck aus der Bevölkerung ist hoch, dass die Einnahmen
       in Kriegszeiten für Anderes [6][ausgegeben werden sollen, schreibt Juri
       Konkewitsch aus Luzk]. (taz)
       
       ## Baerbock fordert Reform des Völkerrechts
       
       [7][Außenministerin Annalena Baerbock setzt auf eine Reform des
       Völkerrechts], damit Urheber eines Angriffskriegs wie der russische
       Präsident Wladimir Putin zur Rechenschaft gezogen werden können. „Niemand
       darf im 21. Jahrhundert einen Angriffskrieg führen und straflos bleiben“,
       forderte die Grünen-Politikerin am Sonntag vor einer Reise nach New York.
       Dort will sie bei den Vereinten Nationen (UN) an einem Festakt zum 25.
       Jahrestag der Gründung des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH)
       teilnehmen.
       
       „In den Augen der Täter ist der IStGH schon jetzt ein scharfes Schwert“,
       sagte Baerbock. In den Augen der Opfer sei er die Hoffnung darauf, dass ihr
       Leid nicht ungestraft bleibe. „Deshalb schmerzt eine Lücke in der
       Strafverfolgung besonders“, so die Ministerin. Bei Verbrechen der
       Aggression gegen „das kostbarste Gut, das wir haben: unseren Frieden“,
       seien die Hürden für eine Strafverfolgung noch zu hoch.
       
       [8][Baerbock hatte schon im Januar bei einem Besuch am Sitz des Gerichts im
       niederländischen Den Haag vorgeschlagen], dessen rechtliche Grundlagen –
       das Römische Statut – so zu ändern, dass auch der Tatbestand des
       Angriffskriegs uneingeschränkt verfolgt werden kann. So soll es ausreichen,
       wenn der Opferstaat einer Aggression unter die Jurisdiktion des
       Gerichtshofes fällt. Derzeit kann nur der UN-Sicherheitsrat den Fall dem
       Gericht übertragen, da weder Russland noch die Ukraine Vertragspartner
       sind. Als Ständiges Mitglied hat Russland im Sicherheitsrat ein Vetorecht.
       (dpa)
       
       17 Jul 2023
       
       ## LINKS
       
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