URI: 
       # taz.de -- Krimi aus Schottland: Konkurrenz im Mordfall
       
       > Ein Fall aus der Vergangenheit wird neu aufgerollt. Kommissarin Karen
       > Pirie ermittelt – und irgendwie auch eine ambitionierte Influencerin.
       
   IMG Bild: Ermittlerin Karen Pirie (Lauren Lyle) im TV-Krimi „Echo einer Mordnacht“
       
       Das halbe Land ist im Urlaub. Vielleicht hier, an der Ostküste
       [1][Schottlands], im malerischen [2][St Andrews]? Das ist eine beschauliche
       Kleinstadt mit mittelalterlichen Straßen und historischen Bauwerken wie den
       mystisch anmutenden Ruinen von Burg und Kathedrale samt uraltem Friedhof,
       direkt an der Nordsee gelegen. Die perfekte Kulisse (die Tourismusbranche
       wird sich freuen) für einen Krimi, die Szenerie lässt an die geniale Reihe
       „Broadchurch“ denken – und das ist durchaus als Empfehlung zu verstehen.
       
       In der britischen Fernsehproduktion „Karen Pirie – Echo einer Mordnacht“
       geht Detective Sergeant Karen Pirie (Lauren Lyle) einem bisher nicht
       aufgeklärten Mordfall nach. Das ZDF gönnt uns das Vergnügen einer
       Free-TV-Premiere an drei Sonntagen, die drei Folgen in Spielfilmlänge sind
       nach Ausstrahlung 30 Tage lang in der Mediathek abrufbar. Es lohnt sich.
       
       Es geht um den Fall Rosie Duff, die erste Folge lief bereits letzten
       Sonntag: Wir befinden uns im Jahr 1996. In einem Pub herrscht gute
       Stimmung, auch wenn beim Fußballspiel, im Fernsehen übertragen, wieder mal
       die Deutschen gewinnen. Es wird viel getrunken. Drei gute Freunde – die
       Studenten Ziggy, Alex und Weird – rücken ins Zentrum der Geschichte und
       auch die junge Frau hinterm Tresen, Kellnerin Rosie Duff, die von vielen
       Männern hier im Pub angeschmachtet wird.
       
       Stunden später liegt Rosie tot auf dem Friedhof, den Bauch aufgeschlitzt,
       sie ist minutenlang verblutet (vielleicht ein Ritualmord?). Die drei Jungs
       sind bei der Leiche, zum Teil blutverschmiert – nur durch Zufall kommt eine
       Polizistin vorbei … Die Handlung nimmt Fahrt auf und springt sodann ins
       Jahr 2021 und immer wieder hin und her, das treibt die Spannung voran.
       
       ## Neue Analyseverfahren helfen weiter
       
       Apropos: [3][True-Crime-Podcasts] sind ja nicht nur hierzulande beliebt,
       sondern auch in Schottland. Eine Podcasterin widmet sich 25 Jahre nach dem
       Mord an Rosie Duff dem Verbrechen, weil der Fall nie gelöst und die
       Ermittlungen schon nach kurzer Zeit eingestellt wurden. Der Podcast sorgt
       für Wirbel. Und die Polizeibosse wollen der „woken Influencerin“
       medienwirksam etwas entgegensetzen, deshalb soll es eine junge Frau sein,
       die die wiederaufgenommenen Ermittlungen leiten soll, was einer Beförderung
       gleichkommt (genau darauf hatte ein Kollege – Karens Lover – gehofft).
       Pirie kriegt das irgendwann mit, fühlt sich missbraucht und verarscht,
       macht aber tapfer weiter. Und wie, das ist sehenswert.
       
       Natürlich lässt sich bei diesem Plot erahnen – als Vorlage dienten die
       Romane der schottischen Bestsellerautorin Val McDermid – dass sich bei
       diesem Cold Case ein Vierteljahrhundert später neue Erkenntnisse ergeben.
       Dass es ungeahnte Wendungen gibt. Denn fast alle Aussagen von damals werden
       nach und nach korrigiert. Ein belastendes Foto taucht auf, neue
       Analyseverfahren helfen heute weiter (DNA!). Und schon in der zweiten Folge
       sterben weitere Menschen, auch einer der Verdächtigen von einst, heute ein
       angesehener Arzt.
       
       Karen Pirie geht ungewöhnliche Wege, um diesen kniffligen Fall mit all
       seinen Ungereimtheiten zu lösen, was ihre Vorgesetzten auf die Palme
       bringt. Doch das juckt die junge Ermittlerin nicht. Denn das ist das
       Besondere an der Miniserie: Hier ermittelt eine junge, taffe Frau, die sich
       mit Intelligenz und Hartnäckigkeit in einer männerdominierten Berufswelt
       behaupten muss und kann, dass es eine wahre (Krimi-) Freude ist.
       
       31 Jul 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Ex-Regierungschefin-Sturgeon-wieder-frei/!5939791
   DIR [2] https://de.wikipedia.org/wiki/St_Andrews
   DIR [3] /Kritik-an-Genre-True-Crime/!5885331
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Andreas Hergeth
       
       ## TAGS
       
   DIR Krimiserie
   DIR TV-Krimi
   DIR TV-Serien
   DIR Wochenendkrimi
   DIR Fernsehfilm
   DIR TV-Krimi
   DIR Serien-Guide
   DIR Krimi
   DIR Wochenendkrimi
   DIR Polizeiruf 110
   DIR Grunewald
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR 80. Fall des ZDF-Krimis „Wilsberg“: Der immer gleiche Muff und Witz
       
       Auch zum Jubiläum muss der Münsteraner Privatdetektiv Wilsberg ohne Handy
       und Auto auskommen. Und die Bielefeld-Witze fehlen auch nicht.
       
   DIR Krimiserie „Mord auf Seite 1“: Die Blaupause aller Politkrimis
       
       Auf Arte lässt sich derzeit die alte britische Serie „Mord auf Seite 1“ in
       der Mediathek anschauen. Es geht um Journalismus, Politik und Verbrechen.
       
   DIR Wochenendkrimi in der Einöde: Das Grauen im einsamen Luxemburg
       
       „Gutland“ bietet Einsichten in die luxemburgische Einöde. Und spielt dabei
       mit dem Bruch zwischen romantisiertem Landleben und dunklen Machenschaften.
       
   DIR Origineller Berlin-Krimi: Showdown im Parkhaus
       
       „Die Guten und die Toten“ von Kim Koplin ist ein toll geschriebener
       Berlin-Thriller mit Noir-Elementen. Das Böse kriegt darin ordentlich auf
       die Mütze.
       
   DIR „Magnum“-Retrospektive auf Sat.1 Gold: Der mit dem Pornobalken
       
       Thomas Magnum ist nicht nur eine haarintensive 80er-Ikone. Er war auch als
       Soldat in Vietnam. Entsprechend sind die Themen gar nicht so soft.
       
   DIR „Polizeiruf 110“ aus Rostock: Amoklauf als Kopfgeburt
       
       Im ARD-Sonntagskrimi aus dem Jahr 2021 werden Ostdeutsche vor allem als
       willenlose Opfer dargestellt. Der „Polizeiruf“ steckt mitten im Diskurs.
       
   DIR „ARD Radio Tatort“ aus dem Grunewald: Im Schlamm versinken
       
       Im Fall des getöteten Jägers im Berliner Grunewald ist derKommissar im „ARD
       Radio Tatort“ keine große Hilfe. Er stochert lieber in seiner DDR-Zeit.