URI: 
       # taz.de -- Brand auf Frachter „Freemantle Highway“: Südwestwind verhindert Bergung
       
       > Das brennende Schiff liegt weiterhin nördlich des Wattenmeeres.
       > Inselbewohner*innen sind wegen der sensiblen
       > Meeresbodenverhältnisse besorgt.
       
   IMG Bild: Tickende Zeitbombe für die Gesundheit des einzigartigen Ökosystems Wattenmeer: „Freemantle Highway“
       
       Amsterdam taz | Die [1][geplante Bergung des Autofrachters „Fremantle
       Highway“] ist auf unbestimmte Zeit verschoben worden. Eigentlich sollte das
       brennende Schiff am Samstag an einen vorübergehenden Ankerplatz auf See
       geschleppt werden. Durch anhaltenden Südwestwind, kombiniert mit der
       Rauchentwicklung an Bord, sei dies vorerst nicht möglich, teilte die
       zuständige Behörde Rijkswaterstaat mit. Die voraussichtlich 12 bis 14
       Stunden dauernde Operation sei unter diesen Bedingungen „nicht ohne
       Risiken, und Sicherheit und Gesundheit der Besatzung stehen immer an erster
       Stelle“.
       
       Weil sich an der Windrichtung laut Vorhersage nichts ändern wird, ist eine
       weitere Verzögerung um mehrere Tage wahrscheinlich. Einen neuen Termin für
       die Bergung gibt es nicht.
       
       Mark Harbers, der Verkehrsminister der kommissarisch tätigen Regierung in
       Den Haag, schrieb am Samstag in einem Brief an die Parlamentsmitglieder,
       die Bergung des Frachters sei trotz der Beteiligung sehr erfahrener
       Spezialist*innen eine „herausfordernde Aufgabe“. Dabei werde die
       Stabilität des Schiffs ständig überwacht, so Harbers, der „keine direkten
       Folgen für die Watten-Inseln, ihre Bewohner*innen und die Natur“
       erwartet.
       
       Der anvisierte neue Ankerplatz der „Fremantle Highway“ liegt 16 Kilometer
       nördlich der Inseln Ameland und Schiermonnikoog. Er ist weniger dem Wind
       ausgesetzt als der aktuelle Standort und weiter von den Schifffahrtsrouten
       nördlich der Watteninseln entfernt.
       
       ## 500 E-Autos an Bord
       
       Derzeit liegt der Frachter nördlich von Terschelling, der mittleren der
       Westfriesischen Inseln. Schiermonnikoog ist die östlichste, das nächste
       bewohnte Eiland ist die deutsche Insel Borkum. Ausgebrochen war der Brand
       in der Nacht auf Mittwoch, als das von Bremerhaven kommende Schiff Ameland
       passierte. [2][Möglicherweise ging er von der Batterie eines elektrischen
       Autos aus], aber bestätigt ist das bisher nicht. Das Schiff hatte jedoch
       weitaus mehr E-Autos geladen, als zuvor gemeldet worden war, nämlich 500
       statt 25.
       
       Ellen Kuipers, Projektleiterin für die Bekämpfung von Zwischenfällen bei
       der niederländischen Wattenvereinigung, blickt mit gemischten Gefühlen auf
       die Situation. Positiv bewertet sie, dass die Temperatur an Bord des
       Frachters gesunken ist, inzwischen mehrere Schleppkabel befestigt werden
       konnten – und vor allem, dass der Schiffsrumpf unter Wasser intakt ist.
       „Aber die Anspannung bleibt. Noch immer kann Öl ins Wattenmeer gelangen“,
       so Kuipers zur taz. „Das Gebiet ist in seiner Einzigartigkeit vergleichbar
       mit dem Great Barrier Reef.“
       
       ## Worst Case Ölverschmutzung
       
       Der [3][äußerst nährstoffreiche Boden des zum Weltkulturerbe zählenden
       Wattenmeers] liegt zweimal täglich trocken. Kuipers vergleicht ihn mit
       einem Schwamm. „Wenn dort Öl hineingelangt, ist es kaum noch
       herauszubekommen.“ Fazit: „In diesem Gebiet können wir absolut kein Öl
       gebrauchen.“ Der aktuelle Fall sei anders gelagert als die [4][Havarie des
       Container-Riesen „MSC Zoe“] nördlich der Watteninseln Anfang 2019. Diese
       verlor zwar in einem Sturm Hunderte Container, aber diese enthielten
       deutlich weniger gefährliche Stoffe.
       
       Ineke Van Gent, die Bürgermeisterin der Insel Schiermonnikoog, findet die
       Lage deshalb noch immer besorgniserregend. „Ich halte den Atem an“,
       twitterte sie zu Beginn des Wochenendes über die bevorstehende Bergung.
       Daran hatte sich am Sonntag dann auch nichts geändert. Obwohl sich die
       Operation verzögert, steht Van Gent weiter in ständigem Kontakt mit den
       Behörden. „Wir hoffen, dass der Brand schnell gelöscht und das Schiff
       abgeschleppt werden kann.“
       
       Über den weiteren Verlauf kann auch Van Gent nichts sagen. „Wie lange die
       Situation anhält, hängt von den Umständen ab. Wenn das Feuer nicht gelöscht
       ist, kann das Schiff nicht in einen Hafen gebracht werden. Wir hoffen, dass
       es schnell zu einem guten Ende kommt. Inselbewohner sind nüchterne Leute,
       aber wir machen uns hier schon Sorgen.“
       
       30 Jul 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Fremantle-Highway-in-der-Nordsee/!5946633
   DIR [2] /Umgang-mit-Elektroschrott/!5705446
   DIR [3] /Konferenz-zum-Schutz-des-Wattenmeeres/!5898268
   DIR [4] /Verlorene-Container-der-MSC-Zoe/!5563351
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Tobias Müller
       
       ## TAGS
       
   DIR Schifffahrt
   DIR Nationalpark Wattenmeer
   DIR Elektromobilität
   DIR Wattenmeer
   DIR Wattenmeer
   DIR Greenpeace
   DIR LNG
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Brand auf Frachter: Es geht um die Zukunft
       
       Der Brand auf dem Frachtschiff in der Nordsee wirft Fragen nach dem
       Verhältnis von Umwelt, Sicherheit und Wirtschaft auf. Wie regulieren wir
       eine Branche?
       
   DIR Fremantle Highway in der Nordsee: Schiff vor Ameland brennt weiter
       
       Das Autofrachtschiff mit mehr als 3.700 Fahrzeugen an Bord brennt seit
       Mittwochnacht. Doch es unentwegt zu löschen, kann zu einer Katastrophe
       führen.
       
   DIR Gasbohrungen vor Borkum: Steinriffe sollen Gasbohrer stoppen
       
       Greenpeace stellt Ergebnisse aus eigenen Tauchuntersuchungen vor Borkum
       vor. Das umstrittene Gasförderprojekt sei nicht genehmigungsfähig,
       behaupten sie.
       
   DIR Genehmigung für 20 Jahre: LNG-Schiff darf Wattenmeer chloren
       
       Niedersachsen hat die Reinigung eines Flüssiggas-Schiffes mit Chlor erlaubt
       – trotz Alternativen. Das Monitoring soll der Betreiber selbst übernehmen.