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       # taz.de -- Brand auf Frachter: Es geht um die Zukunft
       
       > Der Brand auf dem Frachtschiff in der Nordsee wirft Fragen nach dem
       > Verhältnis von Umwelt, Sicherheit und Wirtschaft auf. Wie regulieren wir
       > eine Branche?
       
   IMG Bild: Das brennende Schiff bei Nacht aufgenommen
       
       Das Aufatmen nach [1][der schwierigen Bergungsoperation] war weithin
       hörbar. Die „Fremantle Highway“, der seit inzwischen fast einer Woche auf
       der Nordsee brennende Autofrachter, befindet sich inzwischen an einem
       relativ sicheren Ankerplatz. Das ist, was das Potenzial einer ökologischen
       Katastrophe anbetrifft, noch kein Grund zur Entwarnung, zumal notgedrungen
       große Mengen an Lösch- und Kühlwasser [2][in die Nordsee] gelangten.
       
       Wohl verschafft die aktuelle Lage Zeit. Zunächst einmal, um den
       Weitertransport in einen Hafen zu planen, aber auch, um sich einigen
       dringenden Fragen zuzuwenden, die durch den Brand in den Fokus rücken. Akut
       geht es dabei um die Regulierung des Transports von Elektrofahrzeugen auf
       See, die international schon zuvor diskutiert wurde. Reedereien fordern nun
       entschieden Schritte für mehr Sicherheit. Auch der BUND schließt sich an
       mit dem Vorschlag, Autofrachter als Gefahrguttransporte einzustufen.
       
       Dazu gibt es, wie wir gesehen haben, allen Anlass. Bei aller sehr
       berechtigten Sorge um das Weltnaturerbe Wattenmeer gerät dieser Tage
       bisweilen außer Sicht, dass ein Besatzungsmitglied in der Nacht, als das
       Feuer ausbrach, starb. Andere wurden schwer verletzt, leicht hätte es mehr
       Todesopfer geben können. Diese fundamentale Gefahr betrifft Menschen, die,
       wie die aus Indien stammende Crew der „Fremantle Highway“, ohnehin unter
       äußerst prekären Bedingungen ihren Lebensunterhalt bestreiten, in einer
       Branche, die unter permanentem Druck steht.
       
       Was das Wattenmeer angeht: Dieses einzigartige Gebiet ist nach der Havarie
       des Containerriesen 2019 zum zweiten Mal in wenigen Jahren akut von
       massiver ökologischer Schädigung bedroht. Das führt uns vor Augen, wie
       dringend Entscheidungen getroffen werden müssen, die dabei noch weit über
       den Schutz dieses Weltnaturerbes hinausgehen. Dass ausgerechnet
       Elektroautos, [3][Symbole der nachhaltigen Transformation] von Wirtschaft
       und Gesellschaft, die mutmaßliche Brandquelle sind, zeigt, wie komplex die
       Situation ist.
       
       ## Ökologische Sicherheit an erster Stelle
       
       Beide Vorfälle ereigneten sich auf der südlichen der beiden
       Schifffahrtsrouten, die oberhalb des Wattenmeers etwa Rotterdam und Hamburg
       verbinden, den größten und den drittgrößten Hafen des Kontinents. Es ist
       die Route, die näher am Wattenmeer liegt. Die Forderung, sie zu schließen,
       wurde in den Niederlanden bereits 2019 laut. In diesen Tagen ist sie erneut
       zu hören, etwa von 73 Prozent der Personen, die an einer Umfrage der
       Regionalzeitung Dagblad van het Noorden teilnahmen. Sie liege zu nah an den
       Inseln, heißt es.
       
       Eine Vertreterin der Waddenverenigung, immerhin eine der engagiertesten
       Stimmen für Schutz und Erhalt des Gebiets, merkte allerdings zuletzt im
       Gespräch mit der taz an, dass schwerlich alle Schiffe einfach die nördliche
       Route benutzen können. Jan Valkier, Vorsitzender der niederländischen
       Reedereien-Vereinigung KVNR, wies in einem Radiointerview darauf hin, dass
       die südliche Route 15 bis 20 Prozent kürzer sei, was neben Zeit auch
       Brennstoff und Emissionen einspare. Zudem seien im Fall eines Unglücks
       Rettungsschiffe deutlich schneller zur Stelle, was, wie zuletzt gesehen,
       Leben retten kann.
       
       Dass die Sicherheit – auch und gerade die ökologische – an erster Stelle
       steht, bestreitet auch besagter Reederei-Vertreter nicht. Vielmehr
       unterstreichen seine Worte, dass hier zentrale gesamtgesellschaftliche
       Fragen zur Debatte stehen: Wie und nach welchen Prinzipien regulieren wir
       eine Branche, die, was Ökonomie und Konsum betrifft, nicht weniger als eine
       Lebensader ist? Das Wattenmeer zu schützen ist alternativlos. Darüber
       hinaus nicht über die globale Just-in-Time-Logistik zu diskutieren ist
       sinnlos.
       
       1 Aug 2023
       
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