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       # taz.de -- Machtkampf in Senegal: Beliebter Oppositioneller im Visier
       
       > Die Jugend in Senegal setzte große Hoffnungen in Oppositionsführer Sonko.
       > Nun kommt der Populist in Haft und seine Partei wird verboten.
       
   IMG Bild: Oppositionspolitiker Ousmane Sonko wurde wiederholt von der Regierung festgesetzt
       
       Berlin taz | Als hätte Westafrika gerade nicht schon genug Krisen, treibt
       Senegals Regierung unter Präsident Macky Sall die Konfrontation mit ihren
       Gegnern auf die Spitze. Der unter der unzufriedenen Jugend wegen seiner
       antiwestlichen Haltung populäre linkspopulistische Oppositionsführer
       Ousmane Sonko wurde am Freitag festgenommen und am späten Montagabend unter
       Anklage der Verschwörung gegen den Staat in Haft genommen. Seine Partei
       [1][Pastef (Afrikanische Patrioten Senegals für Arbeit, Ethik und
       Brüderlichkeit)] wurde vom Innenministerium für aufgelöst erklärt.
       
       In Vorbereitung darauf hatte Senegals Regierung bereits am Montagmorgen das
       mobile Internet abgeschaltet, nach Angaben des zuständigen Ministeriums
       „wegen der Verbreitung von Hass und Subversion in einem Kontext der
       Bedrohung der öffentlichen Sicherheit“.
       
       In den großen Slumvierteln der Hauptstadt Dakar schlossen die Geschäfte am
       Montag früher und die Straßen gehörten ab dem späten Nachmittag maskierten
       Jugendlichen mit Brandbomben, die Straßensperren aus brennenden Autoreifen
       errichteten, [2][wie die Zeitung Sud Quotidien berichtete]. Die
       Sicherheitskräfte hätten sich darauf beschränkt, öffentliche Gebäude zu
       schützen. In der südsenegalesischen Stadt Ziguinchor, deren Bürgermeister
       Sonko ist, gab es demnach hingegen schwere Unruhen mit Straßenkämpfen und
       zwei Toten.
       
       Vor zwei Monaten hatte die [3][Verurteilung Sonkos] zu zwei Jahren Haft
       wegen Verführung Minderjähriger – er war wegen Vergewaltigung einer
       Mitarbeiterin eines Massagesalons angeklagt – [4][schwere Unruhen] vor
       allem in Dakar nach sich gezogen. Nach offiziellen Angaben wurden 16
       Menschen getötet, die Sicherheitskräfte setzten Berichten zufolge auch
       Provokateure und Scharfschützen in Zivil ein.
       
       „Häufige Aufrufe zum Aufstand“ 
       
       Sonkos Anhänger gingen damals davon aus, der Präsident plane vor der Wahl
       2024 eine in der Verfassung nicht vorgesehene Kandidatur für eine dritte
       Amtszeit. Als Sall Anfang Juli erklärte, [5][keine Wiederwahl anzustreben],
       sanken die Spannungen, aber offen blieb, ob Sonko trotz seiner Verurteilung
       antreten dürfe. Nun ist das endgültig ausgeschlossen: Der populäre
       Oppositionsführer Senegals soll sich wegen Aufrufs zum Aufstand, Bildung
       einer kriminellen Vereinigung auch im Zusammenhang mit terroristischen
       Vorhaben, Gefährdung der Staatssicherheit, Verschwörung gegen den Staat,
       Landfriedensbruch, Diebstahl und Verbreitung falscher Nachrichten vor
       Gericht verantworten. Nach Angaben von Juristen muss er mit bis zu 20
       Jahren Haft rechnen.
       
       Das Verbot seiner Partei begründet das senegalesische Innenministerium mit
       „häufigen Aufrufen zum Aufstand“. Damit ist die wichtigste aufstrebende
       Oppositionskraft des Landes kaltgestellt. Gegründet wurde Pastef im Jahr
       2014 von Sonko, bei der Präsidentschaftswahl 2019 landete er mit knapp 16
       Prozent der Stimmen auf dem dritten Platz. Bei der Parlamentswahl 2021
       bildete Pastef mit der Partei von Expräsident Abdoulaye Wade die Koalition
       YAW (Yewwi Askan Wi – Setzt das Volk frei). Diese holte auf Anhieb den
       zweiten Platz mit 33 Prozent der Stimmen und 56 der 165 Parlamentssitze.
       
       Das harte Vorgehen des Staates stößt jetzt auf scharfe Kritik. „Senegal
       macht einen Rückschritt um 63 Jahre“, sagte Seydi Gassama, Direktor der
       Menschenrechtsorganisation Amnesty International im Senegal, unter Verweis
       auf Senegals Unabhängigkeit von Frankreich im Jahr 1960. Mehrere
       Oppositionspolitiker machten geltend, ein Parteiverbot benötige einen
       richterlichen Beschluss und könne nicht einfach von der Regierung verfügt
       werden.
       
       1 Aug 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://pastef.org/
   DIR [2] https://www.sudquotidien.sn/manifestations-en-banlieue-le-film-dun-apres-midi-fou-a-pikine-et-guediawaye/
   DIR [3] /Vergewaltigungsurteil-in-Senegal/!5934592
   DIR [4] /Uebergriffe-auf-Demonstranten-in-Senegal/!5935888
   DIR [5] /Senegals-Praesident-entschaerft-Krise/!5941919
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Dominic Johnson
       
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