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       # taz.de -- Vergewaltigung in Berlin-Kreuzberg: Görli-Debatte mit falschen Zahlen
       
       > Nach angeblich vielen Vergewaltigungen wird über die Sicherheit im
       > Görlitzer Park in Kreuzberg gestritten. Doch von 6 Taten fand nur eine
       > dort statt.
       
   IMG Bild: Der Görlitzer Park in Kreuzberg ist nach einer Gruppenvergewaltigung in der Debatte
       
       Berlin taz | Der Fall einer vergangenen Woche bekannt gewordenen
       [1][mutmaßlichen Gruppenvergewaltigung] hat eine Debatte um die Sicherheit
       im Görlitzer Park ausgelöst. Grundlage dafür ist neben dem konkreten Fall
       vom Juni auch die Statistik der registrierten Straftaten im
       kriminalitätsbelasteten Ort (kbO) Görlitzer Park/Wrangelkiez. Die
       Senatsverwaltung für Inneres hatte diese auf [2][Anfrage der
       Linken-Abgeordneten Niklas Schrader und Ferat Kocak] Mitte Juli
       veröffentlicht.
       
       Im ersten Halbjahr 2023 weist die Statistik 8 Fälle von Vergewaltigungen,
       sexuellen Nötigungen und sexuellen Übergriffen aus – darunter 6
       Vergewaltigungen, 3 davon an widerstandsunfähigen Personen. Die sechs
       Vergewaltigungen wurden in der Debatte über die Sicherheit des Parks immer
       wieder herangezogen. Eine Anfrage der taz bei der Polizei hat nun ergeben:
       Einzig die mutmaßliche Gruppenvergewaltigung aus dem Juni fand tatsächlich
       im Görlitzer Park statt. Sie ist zudem die einzige der registrierten
       Vergewaltigungen, die im öffentlichen Raum geschah.
       
       In den fünf anderen Fällen vergewaltigten die mutmaßlichen Täter demnach in
       Privaträumen im umliegenden Kiez: Laut der Polizei kam es demnach zu einer
       versuchten Vergewaltigung in einem Gewerbebetrieb, zwei Vergewaltigungen in
       Hostels sowie zwei Vergewaltigungen in Wohnhäusern. Nähere Auskünfte zu den
       Ermittlungsständen gab die Polizei mit Verweis auf laufende
       Ermittlungsverfahren nicht.
       
       In einigen Fällen kann davon ausgegangen werden, dass sich Opfer und Täter
       kannten. Zwischen Mitte 2022 und Mitte 2023 wurden insgesamt 41
       Sexualdelikte gezählt, neben Vergewaltigungen fallen darunter auch
       Belästigung oder Kinderpornografie. Die Innenbehörde spricht hierbei von 9
       Fällen, in denen „zwischen den geschädigten und den tatverdächtigen
       Personen eine zumindest flüchtige Bekanntschaft“ bestehe.
       
       In einer [3][vorausgegangenen Kleinen Anfrage] von Schrader und Elif Eralp
       (Linke) zur Kriminalitätsstatistik in dem Gebiet im ersten Halbjahr 2022
       hatten die Fragesteller:innen noch danach gefragt, wie viele der
       registrierten Sexualdelikte im öffentlichen und wie viele im
       nichtöffentlichen Raum verübt wurden. Die Antwort der Innenverwaltung:
       „Eine Differenzierung der Daten im Sinne der Fragestellung ist im
       automatisierten Verfahren nicht möglich.“ Im letzten Fragenkatalog
       wiederholten die Linken die Frage nicht mehr.
       
       ## Konstante Zahlen
       
       Aus den Kleinen Anfragen lässt sich zudem herauslesen, dass die Fälle von
       registrierten Sexualdelikten – Vergewaltigung, sexuelle Nötigung und
       sexueller Übergriff – über die Jahre auf einem konstanten Niveau liegen.
       Wurden 2018 noch 16 Delikte gezählt, waren es 18 im Jahr 2021 und 14 im
       vergangenen Jahr.
       
       Der kiminalitätsbelastete Ort Görlitzer Park/Wrangelkiez ist eines von
       berlinweit sieben Gebieten, das die Polizei als Kriminalitäts-Hotspot
       identifiziert hat. Die Polizei genießt innerhalb dieser Gebiete besondere
       Befugnisse, kann etwa verdachtsunabhängig kontrollieren. Auf Anfrage der
       taz teilte die Polizei mit, dass im April 2020 der kbO Görlitzer Park um
       Teile des Wrangelkiezes erweitert wurde. Das nun definierte Gebiet umfasse
       eine Fläche von über 300.000 Quadratmetern; die genaue Begrenzung werde aus
       „einsatztaktischen Gründen“ nicht mitgeteilt.
       
       Der Görlitzer Park selbst hat eine Fläche von 140.000 Quadratmetern. Teil
       des statistischen Gebietes sind demnach Wohnviertel im Wrangelkiez, von der
       Ausdehnung her sind diese Wohngebiete weit größer als der Park. Demnach
       gehen auch jene Straftaten in die Statistik mit ein, die in den tausenden
       Wohnungen in dem Gebiet, in Betrieben oder Hotels verübt werden.
       
       Im Fall der mutmaßlichen Gruppenvergewaltigung einer Frau am Morgen des 21.
       Juni im Görlitzer Park hatten Polizei und Staatsanwaltschaft am Montag
       mitgeteilt, einen zweiten Tatverdächtigen festgenommen zu haben.
       Einsatzkräfte hatten den 22-Jährigen am Sonntag an der Kreuzung Skalitzer
       Straße/Görlitzer Straße festgestellt. Einen ersten Tatverdächtigen hatte
       die Polizei in der vergangenen Woche ermittelt. Beide Männer befinden sich
       in Untersuchungshaft. Ermittlungen, auch gegen weitere Verdächtige, dauern
       an.
       
       2 Aug 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Mutmassliche-Gruppenvergewaltigungen/!5951531
   DIR [2] https://pardok.parlament-berlin.de/starweb/adis/citat/VT/19/SchrAnfr/S19-15948.pdf
   DIR [3] https://pardok.parlament-berlin.de/starweb/adis/citat/VT/19/SchrAnfr/S19-12818.pdf
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Erik Peter
       
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