URI: 
       # taz.de -- Durchsuchungen bei Aktivist*innen: Archiv soll strafbar sein
       
       > Die Staatsanwaltschaft Karlsruhe hat neue Ermittlungen wegen der
       > verbotenen Plattform Linksunten.indymedia eingeleitet.
       
   IMG Bild: Hunderte protestierten 2020 in Leipzig gegen das Verbot der Plattform „Linksunten.Indymedia“
       
       Freiburg taz | Die Staatsanwaltschaft Karlsruhe hat ein
       Ermittlungsverfahren wegen Fortführung der verbotenen Vereinigung
       Linksunten.indymedia eingeleitet. Den fünf Beschuldigten aus Freiburg wird
       vorgeworfen, dass sie das Archiv der 2017 verbotenen Plattform öffentlich
       zugänglich gemacht haben. Bei vier Männern und einer Frau fanden am frühen
       Mittwochmorgen Wohnungsdurchsuchungen statt.
       
       Linksunten.indymedia spaltete sich 2008 von dem heute noch bestehenden und
       nicht verbotenen Projekt de.indymedia.org ab. „Linksunten“ steht dabei für
       Südbaden. Weil das Projekt auch illegale Inhalte ohne Zensur postete, wurde
       es schnell zur relevantesten linksextremistischen Plattform Deutschlands.
       
       Im August 2017 hat der damalige Innenminister Thomas de Maizière (CDU)
       allerdings Linksunten.indymedia verboten. Die Webseite habe es „ermöglicht
       und erleichtert“, dass dort Straftaten gebilligt und Anleitungen zu
       Straftaten veröffentlicht wurden.
       
       Das Vereinsverbot wurde fünf Personen aus Freiburg zugestellt. Sie klagten
       zwar beim Bundesverwaltungsgericht gegen das Verbot, aber ohne sich zu der
       Vereinigung zu bekennen. Die Klage wurde deshalb ohne inhaltliche Prüfung
       als weitgehend unzulässig abgelehnt. Damit wurde das Verbot rechtskräftig.
       Ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen die fünf
       Freiburger:innen wurde von der Staatsanwaltschaft Karlsruhe im Juli
       2022 aus Mangel an Beweisen eingestellt.
       
       ## Eine kuriose Entwicklung
       
       Darüber berichtete der Redakteur Fabian Kienert auf der Webseite des linken
       Alternativsenders Radio Dreyeckland. Am Ende des Artikels setzte er einen
       Link auf das Archiv von Linksunten.indymedia. Das brachte ihm eine
       Hausdurchsuchung und [1][ein noch laufendes Ermittlungsverfahren] wegen
       Unterstützung der Fortführung einer verbotenen Vereinigung ein.
       
       Das Landgericht Karlsruhe ließ im Mai die Anklage gegen Kienert zunächst
       nicht zu, unter anderem weil völlig unklar sei, ob es die Vereinigung
       Linksunten.indymedia noch gebe. Doch das Oberlandesgericht Stuttgart sah
       dies Mitte Juni anders. Das Archiv im Internet sei wohl eine Art
       Fortführung der Vereinigung. Weitere Aktivitäten seien nur aus taktischen
       Gründen eingestellt.
       
       Darin sah die Staatsanwaltschaft Karlsruhe offensichtlich eine Ermutigung,
       nun auch wieder gegen die fünf Freiburger:innen vorzugehen, die sie
       bereits früher der Mitgliedschaft verdächtigte. Ihnen wird nun in einem
       neuen Ermittlungsverfahren die Aufrechterhaltung des organisatorischen
       Zusammenhalts einer verbotenen Vereinigung vorgeworfen. Laut
       Strafgesetzbuch (Paragraf 85) drohen ihnen Geldstrafen oder
       Freiheitsstrafen von bis zu fünf Jahren.
       
       Das Ermittlungsverfahren ist einigermaßen kurios, da das monierte Archiv
       schon seit April 2020 im Netz zugänglich ist. Und nachdem das letzte
       Ermittlungsverfahren gegen die fünf Personen erst vor einem Jahr [2][ohne
       Ergebnis eingestellt wurde], ist unklar, warum die Beweislage nun zwölf
       Monate später besser sein soll. Die Archivseite ist weiter frei zugänglich.
       
       3 Aug 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Indymedia-Linksunten-von-Redakteur-verlinkt/!5928846
   DIR [2] /Ermittlungen-gegen-linke-Plattform/!5871408
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Christian Rath
       
       ## TAGS
       
   DIR Indymedia
   DIR Linksextremismus
   DIR Schwerpunkt Pressefreiheit
   DIR Hausdurchsuchung
   DIR Gerichtsentscheid
   DIR Indymedia
   DIR Indymedia
   DIR Schwerpunkt Pressefreiheit
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Doku über fragwürdige Polizeieinsätze: Zerstörte Sicherheit
       
       Eine Doku zeigt, was Hausdurchsuchungen bei Betroffenen anrichten. Ein
       Psychologe berichtet von Symptomen posttraumatischer Belastungsstörung.
       
   DIR Gerichtsentscheid zu Tod einer Schülerin: Vor der Fahrt nach Krankheit fragen
       
       Eine Schülerin mit Diabetes stirbt 2019 auf einer Klassenfahrt in London.
       Nun müssen die mitreisenden Lehrkräfte mit einer Anklage rechnen.
       
   DIR Indymedia-Link bei Radio Dreyeckland: Strafbares Denkmal
       
       Redakteur Fabian Kienert muss vor Gericht, weil er einen Link zur
       verbotenen Plattform linksunten.indymedia setzte. So begründet es das
       Gericht.
       
   DIR Indymedia-Verweis bei Radio Dreyeckland: Anklage gegen Redakteur zugelassen
       
       Ein Redakteur beim Sender RDL soll durch Verlinkung die verbotene Webseite
       linksunten.indymedia unterstützt haben. Nun ist die Anklage zugelassen.
       
   DIR Linke Medien: Indymedia vor Gericht gescheitert
       
       Die letzte Klage gegen das Verbot der linken Medienplattform Indymedia ist
       abgelehnt worden. Weiter geht’s vielleicht trotzdem.