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       # taz.de -- +++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: Empfang für Lukaschenko
       
       > Die ukrainische Gegenoffensive sei gescheitert, verkündet Putin beim
       > Besuch von Lukaschenko. Selenskyj will die Angriffe auf Odessa vergelten.
       
   IMG Bild: Praktizierende Christen? Putin und Lukaschenko in der Nikolai-Marinekathedrale in Kronstadt bei St. Petersburg
       
       ## Selenskyj kündigt Vergeltung an
       
       Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat nach den neuen russischen
       Angriffen auf die Hafenstadt Odessa am Schwarzen Meer Vergeltung
       angekündigt. „Raketen gegen friedliche Städte, gegen Wohngebäude, gegen
       eine Kathedrale… Es kann keine Entschuldigung für das russische Böse
       geben“, schrieb Selenskyj am Sonntag auf seinem Telegram-Kanal. „Wie immer
       wird auch dieses Böse verlieren. Und es wird für Odessa definitiv eine
       Vergeltung gegen die russischen Terroristen geben.“
       
       Durch die Angriffe wurden den ukrainischen Behörden zufolge ein Mensch
       getötet und 22 weitere verletzt. Außerdem seien Hafeninfrastruktur,
       Wohnhäuser und die Verklärungskathedrale beschädigt worden, ein Wahrzeichen
       der Stadt. Ungeachtet der gut dokumentierten Schäden stritt das russische
       Verteidigungsministerium später ab, für die Zerstörung des Gotteshauses
       verantwortlich zu sein. (dpa)
       
       ## Putin: Ukrainische Gegenoffensive ist gescheitert
       
       Zum wiederholten Mal seit Beginn des Angriffskriegs gegen die Ukraine hat
       Russlands Präsident Wladimir Putin den verbündeten belarussischen
       Machthaber Alexander Lukaschenko empfangen. Die beiden besuchten am Sonntag
       unweit der russischen Ostsee-Metropole St. Petersburg ein Museum zu Ehren
       der russischen Marine. Dem Kremlchef zufolge soll der Arbeitsbesuch am
       Montag fortgesetzt werden.
       
       Das autoritär geführte Belarus gilt als wichtigster Verbündeter Russlands
       im bereits seit 17 Monaten dauernden Krieg. So werden Raketen von
       belarussischem Staatsgebiet aus abgefeuert. Einmal mehr redeten Putin und
       Lukaschenko die laufende ukrainische Gegenoffensive klein. Lukaschenko
       sagte: „Es gibt keine Gegenoffensive.“ Putin erwiderte: „Es gibt sie. Aber
       sie ist gescheitert.“ Die Ukraine hat ihre Gegenoffensive zur Befreiung
       besetzter Gebiete vor einigen Wochen begonnen. Dabei kommt sie weniger
       schnell voran als erhofft.
       
       Lukaschenko äußerte sich zudem über Soldaten der russischen Privatarmee
       Wagner, die nach einem gescheiterten Aufstand gegen Moskau nach Belarus
       umgesiedelt wurden. „Die Wagner-Leute haben angefangen, uns anzustrengen“,
       sagte er. Die Söldner hätten einen „Ausflug nach Warschau und nach Rzeszów
       machen“ wollen, fügte er hinzu. Beides sind Städte in Polen. Lukaschenko
       versicherte, die Söldner blieben weiter in zentralen Gebieten von Belarus
       stationiert.
       
       Polens Regierung hatte sich zuvor schon besorgt geäußert, dass sich die
       russischen Kämpfer nun im Nachbarland aufhalten. Deshalb sollen polnische
       Truppen in Richtung der Grenze zu Belarus verlegt werden. (dpa)
       
       ## Rheinmetall beginnt mit Auslieferung neuer Munition
       
       Der Rüstungskonzern Rheinmetall will in den kommenden Tagen mit der
       Auslieferung frischer Munition für den deutschen Flakpanzer Gepard
       beginnen. Bis Jahresende sollten 40.000 der Granaten in die Ukraine
       geliefert werden, sagte Rheinmetall-Chef Armin Papperger der „Bild am
       Sonntag“. Das gesamte Auftragsvolumen belaufe sich auf 300.000 Schuss.
       
       Deutschland hat der Ukraine bislang rund 40 Gepard-Flugabwehrpanzer
       geliefert. Weitere Panzer sollen bis Jahresende in die Ukraine gebracht
       werden. Für die Nutzung der Panzer benötigt die Ukraine weitere Munition.
       Der Verbrauch durch die intensiven Kämpfe an der Front ist hoch.
       
       Bei der Produktion der Munition gab es nach Informationen der „Bild am
       Sonntag“ Probleme: Der Gepard stammt aus den 80er-Jahren. Die alte Munition
       nachzubauen funktioniere nicht, weil die früheren Werkzeuge dafür fehlten.
       Die Ingenieure hätten daraufhin vorhandene 35-Millimeter-Munition für die
       Bordwaffe eines Schützenpanzers für den Gepard umgerüstet. (afp)
       
       ## Bewaffneter nach Einbruch in Haus bei Moskau erschossen
       
       Ein schwer bewaffneter Mann ist in ein Haus in einem Nobelviertel außerhalb
       von Moskau eingebrochen und nach einer Geiselnahme von Sicherheitskräften
       erschossen worden. Russische Medien berichteten, der Mann habe gesagt, er
       komme von der Front in der Ukraine und sei von Gott dazu aufgerufen worden,
       zum Kreml zu marschieren.
       
       Diese Worte ließen Erinnerungen an den letztlich abgebrochenen Marsch der
       Wagner-Söldner auf Moskau vor knapp einem Monat aufkommen. Der nun
       erschossene Mann habe aber psychische Probleme gehabt, sagte Tatjana
       Wituschewa, Verwaltungsbeamtin in Istra, wo es am Samstag zu dem
       Zwischenfall kam. Einige russische Medien berichteten, das Haus, in das er
       eingebrochen sei, habe früher dem prorussischen Expräsidenten der Ukraine,
       Viktor Janukowitsch, gehört.
       
       Der Mann, der mit einer Tarnuniform bekleidet war und eine Kalaschnikow bei
       sich hatte, wurde vom Wachpersonal gesehen, als er in das unbewohnte Haus
       in Istra einstieg. Als zwei Wachleute und ein Polizist daraufhin das Haus
       betraten, nahm der Mann sie kurzzeitig als Geiseln. Sie konnten aber in der
       Folge fliehen, wie russische Medien berichteten. Die russische
       Nationalgarde teilte mit, der Mann habe sich auch nach stundenlangen
       Verhandlungen nicht ergeben wollen und auf die Spezialeinheit vor der Tür
       geschossen. Schließlich sei das Haus gestürmt und der Mann erschossen
       worden. Er habe mehrere Handgranaten und automatische Waffen bei sich
       gehabt, hieß es von der Nationalgarde.
       
       Der russische Abgeordnete Alexander Chinschtein identifizierte den
       Angreifer als 35-Jährigen aus der sibirischen Stadt Krasnojarsk. Ob er
       wirklich in der Ukraine gedient hatte, war unklar. (ap)
       
       ## Neue russische Angriffe auf Odessa
       
       Bei erneuten russischen Angriffen auf die ukrainische Hafenstadt Odessa am
       Schwarzen Meer ist nach Angaben der Behörden mindestens ein Mensch ums
       Leben gekommen. 19 weitere Menschen wurden in der Nacht zu Sonntag
       verletzt, darunter vier Kinder, teilte der Chef der Militärverwaltung, Oleh
       Kiper, auf seinem Telegram-Kanal mit. „Es gibt Schäden an der zivilen
       Infrastruktur, an Wohngebäuden und einer religiösen Einrichtung.“
       Medienangaben zufolge soll die orthodoxe Verklärungskathedrale beschädigt
       worden sein. Darüber hinaus seien sechs Wohngebäude zerstört und Dutzende
       Autos beschädigt worden.
       
       Schon seit Tagen bombardiert Russland [1][den ukrainischen Schwarzmeerhafen
       Odessa und zerstört dort Getreidelager] – unter dem Vorwand, dort gebe es
       militärische Ziele. Odessa war einer der Häfen, über die die Ukraine im
       Rahmen des internationalen Getreideabkommens Korn verschiffte. Russland
       ließ diese Vereinbarung zu Beginn der letzten Woche auslaufen. In seiner am
       Samstagabend verbreiteten Videobotschaft hatte der ukrainische Präsident
       Wolodimir Selenski Russland Terror gegen die Menschen in der Millionenstadt
       Odessa vorgeworfen und angekündigt, Russland dafür zu bestrafen.
       
       Bei den Angriffen wurden auch mehrere Museen in der zum Weltkulturerbe
       eingestuften Altstadt beschädigt, was heftige Kritik auslöste. Das
       historische Zentrum von Odessa war infolge des russischen Krieges im Januar
       2023 in die Unesco-Liste des gefährdeten Weltkulturerbes aufgenommen
       worden. (dpa)
       
       ## Reparaturzentrum für Leopard-Panzer in Polen im Betrieb
       
       Ein von Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) [2][angemahntes
       Reparaturzentrum in Polen für an die Ukraine gelieferte Leopard-Panzer] ist
       fertiggestellt und in Betrieb genommen worden. Das gab der polnische
       Verteidigungsminister Mariusz Blaszczak am Samstagabend bekannt. „Das
       Reparaturzentrum in Gliwice ist in Betrieb! Die ersten beiden Leopard sind
       bereits aus der Ukraine im Bumar-Werk eingetroffen“, schrieb der
       nationalkonservative Minister am Samstag auf Twitter.
       
       Bereits im April hatten sich Pistorius und Blaszczak auf den Aufbau des
       Instandsetzungszentrums des Rüstungsherstellers Bumar-Labedy in Gliwice
       (auf Deutsch Gleiwitz) geeinigt. Dort sollen Leopard-Kampfpanzer aus
       Deutschland und Polen repariert werden, die von der Ukraine im Kampf gegen
       Russland eingesetzt werden. Bei seinem Besuch in Polen Anfang Juli hatte
       Pistorius jedoch zu langsame Fortschritte der polnischen Seite bei der
       Fertigstellung des Zentrums kritisiert. (dpa)
       
       ## Putin und Lukaschenko treffen sich zur Lagebesprechung
       
       Der russische Präsident Wladimir Putin und der belarussische Präsident
       Alexander Lukaschenko werden sich nach Angaben der russischen Regierung am
       Sonntag treffen. Lukaschenko sei zu einem Arbeitsbesuch in Russland und
       werde mit Putin über die weitere Entwicklung der „strategischen
       Partnerschaft“ der beiden Länder sprechen, erklärt der Kreml. (rtr)
       
       ## Nato-Ukraine-Rat soll zu jüngsten Entwicklungen tagen
       
       Auf Bitten der Ukraine hin beruft Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg am
       kommenden Mittwoch ein Treffen des neuen Nato-Ukraine-Rats ein. Ziel sei
       es, über die jüngsten Entwicklungen zu beraten und den Transport von
       ukrainischen Getreide durch das Schwarze Meer zu erörtern, teilte
       Bündnissprecherin Oana Lungescu am Samstagabend mit. Das Treffen solle auf
       Botschafterebene stattfinden.
       
       Kurz vor der Ankündigung hatte Stoltenberg mit dem ukrainischen Präsidenten
       Wolodimir Selenski telefoniert. Stoltenberg teilte danach mit: „Wir
       verurteilen Moskaus Versuch, Nahrungsmittel als Waffe einzusetzen, aufs
       Schärfste.“ Die Verbündeten stünden der Ukraine so lange wie nötig zur
       Seite. Das von Russland angegriffene Land sei der Nato nach dem jüngsten
       Gipfel des Bündnisses so nahe wie nie.
       
       Selenski erklärte, er und Stoltenberg hätten über die Umsetzung der beim
       Gipfel erzielten Vereinbarungen und weitere Schritte zur Integration der
       Ukraine in das westliche Verteidigungsbündnis gesprochen. Man habe zudem
       auch notwendige Schritte identifiziert, um den Getreidetransport über das
       Schwarze Meer zu deblockieren und langfristig zu gewährleisten. Was das für
       Schritte sind, teilte er allerdings nicht mit.
       
       Russland hatte am vergangenen Montag ein vor einem Jahr geschlossenes
       Abkommen zum Export von ukrainischem Getreide übers Schwarze Meer auslaufen
       lassen. Die Vereinbarung hatte es der Ukraine seit Sommer vergangenen
       Jahres ermöglicht, trotz des russischen Angriffskriegs fast 33 Millionen
       Tonnen Getreide und Lebensmittel über den Seeweg in andere Länder zu
       verkaufen. Selbst während des Krieges blieb die Ukraine damit im Jahr 2022
       der größte Weizenlieferant des Welternährungsprogramms (WFP) und lieferte
       mehr als die Hälfte der weltweiten Weizenbeschaffung des WFP.
       
       [3][Beim Nato-Gipfel in Vilnius] hatten die 31 Mitglieder des
       Verteidigungsbündnisses wenige Tage zuvor beschlossen, die Zusammenarbeit
       mit der Ukraine weiter zu intensivieren und dazu den neuen Nato-Ukraine-Rat
       etabliert. Zudem wurde ein neues mehrjähriges Unterstützungsprogramm
       beschlossen. (dpa)
       
       ## Gruppe von Reporter wäre von Streumunition getroffen
       
       Moskau hat den Westen für den Tod eines russischen Journalisten in der
       Ukraine verantwortlich gemacht. Bei dem Angriff handle es sich um ein
       „abscheuliches und vorsätzliches Verbrechen“, das von der Ukraine und ihren
       westlichen Unterstützern begangen worden sei, erklärte am Samstag das
       Außenministerium in Moskau. Es kündigte eine „Antwort“ auf diesen Angriff
       an.
       
       Zuvor hatte die russische Armee mitgeteilt, dass bei einem ukrainischen
       Angriff in der südukrainischen Region Saporischschja der für die staatliche
       russische Nachrichtenagentur Ria Nowosti arbeitende Reporter Rostislaw
       Schurawlew getötet worden sei. Laut Ria Nowosti wurden drei weitere
       Journalisten verletzt.
       
       Das russische Militär warf der Ukraine vor, bei diesem Angriff
       Streumunition eingesetzt zu haben. Nach Angaben des Außenministeriums in
       Moskau hatten die Journalisten „Material für einen Bericht“ über den
       Beschuss von Orten in der Region Saporischschja mit Streumunition
       gesammelt. Laut Ria Nowosti ereignete sich der Angriff nahe des an der
       Front gelegenen Dorfes Pytichatki.
       
       [4][Die USA hatten kürzlich Streumunition an die Ukraine geliefert.] Nach
       Angaben der US-Regierung wird diese umstrittene Munition inzwischen auch
       eingesetzt.
       
       Im Osten der Ukraine wurde nach Angaben der Deutschen Welle (DW) am Samstag
       ein Kameramann des Auslandssenders durch russische Streumunition verletzt.
       Ein Splitter aus dieser Munition habe den Mitarbeiter nahe der Front bei
       der Ortschaft Druschkiwka verletzt. Er werde im Krankenhaus behandelt, sein
       Zustand sei stabil, teilte der Sender mit. DW-Korrespondent Mathias
       Bölinger und ein Sicherheitsbegleiter hätten den Angriff unverletzt
       überstanden, ein ukrainischer Soldat sei getötet worden. (afp)
       
       23 Jul 2023
       
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