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       # taz.de -- Nach dem deutschen WM-Debakel: Die Tugenddebatte schwillt schon an
       
       > Die verweichlichte, deutsche Jugend soll also schuld sein. Unterirdischer
       > könnte die Diskussion nach dem deutschen WM-Aus kaum sein.
       
   IMG Bild: Dämliche Debatte: Alexandra Popp kann es schier nicht fassen
       
       Was ist nur mit der deutschen Jugend los? Na klar, es wird wieder mal ganz
       grundsätzlich, wenn es darum geht, [1][das andauernde Scheitern deutscher
       Fußballauswahlteams bei großen Turnieren] zu begründen. Die faule deutsche
       Jugend, mit der man als Arbeitgeber nicht mehr machen kann, was man möchte,
       war eines dieser merkwürdigen Kulturkrampfthemen dieses Jahres.
       
       Nur logisch also, dass Repräsentantinnen dieser leistungsverweigernden
       Generation bei der Fußball-WM keine Chance haben. Wenn heute in Kommentaren
       davon die Rede ist, dass es die anderen viel mehr gewollt haben als die
       Deutschen, dann schwingt diese Kritik an der leistungslosen deutschen
       Jugend nicht selten mit.
       
       Der deutsche Sportwissenschaftler Ingo Froböse sieht Deutschland in den
       Tagen nach dem WM-Aus in der Vorrunde gar auf dem Weg zum
       Sportentwicklungsland. [2][Sein Facebook-Post dazu] wird rauf und runter
       zitiert. Es werde zu wenig über Leistung gesprochen, meint er und erinnert
       an die Diskussion über die Bundesjugendspiele im Sommer. Dann wäre das ja
       geklärt. Deutschland war also früher eine so große Sportnation, weil es
       normal war, [3][Kinder, auch wenn sie es nicht wollten,] mit der Stoppuhr
       über den Platz zu jagen. Man hört sie schon anschwillen, die Debatte über
       Kuschelpädagogik im Sportunterricht. Oje.
       
       ## Wider den Druck
       
       Dabei hat der Sport doch gerade angefangen, jenen Athletinnen und Athleten
       Raum zu geben, die offen über den irrwitzigen Druck sprechen, der auf ihnen
       lastet und der von Trainerinnen und Betreuern auf sie ausgeübt wird.
       Superturnerin Simone Biles wird gerade dafür gefeiert, dass sie ihren
       ersten Wettkampf seit den Olympischen Spielen von Tokio geturnt hat.
       
       Dort war sie wegen psychischer Probleme ausgestiegen. Die Leistung, zu
       bekennen, dass sie micht mehr kann, ist mindestens genauso hoch
       einzuschätzen wie die Anstrengungen, die hinter ihren zahlreichen
       olympischen Goldmedaillen stehen.
       
       Und was geschieht in Deutschland nach dem WM-Aus? Da beklagen Expertinnen
       und Klugscheißer im vorgerückten Alter die mangelnde Widerstandsfähigkeit
       der Sportlerinnen in Drucksituationen im Speziellen und die Faulheit der
       jungen Leute im Allgemeinen. Statt über [4][die fehlende taktische
       Variabilität der deutschen Auswahl] zu diskutieren, kommt von irgendwoher
       der Ruf nach mehr Straßenfußballerinnen.
       
       Die Hoffnung auf hungrige Spielerinnen, die sich durch den Fußball aus dem
       Elend einer verkommenen Vorstadtsiedlung ins Rampenlicht spielen, ist auch
       nichts anderes als der Vorwurf an die ach so satte Generation von
       Sportlerinnen, denen es doch eigentlich viel zu gut gehe.
       
       Ob derartige Einlassungen dazu geeignet sind, junge Leute für den
       Spitzensport zu begeistern? Wohl kaum.
       
       7 Aug 2023
       
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