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       # taz.de -- Ukraine-Konferenz in Saudi-Arabien: 40 Länder für ein Ende des Krieges
       
       > Von der Friedenskonferenz in Saudi-Arabien waren keine konkreten
       > Ergebnisse zu erwarten. Warum das Treffen in Dschidda trotzdem wichtig
       > war.
       
   IMG Bild: Die Ukraine-Konferenz in Dschidda war für Kronprinz Mohammed bin Salman auch eine PR-Veranstaltung in eigener Sache
       
       Kairo taz | Ein Treffen in Saudi-Arabien, bei dem es um [1][einen Krieg in
       Europa] geht? Es ist ein Zeichen, dass sich die Welt verändert. Denn hier
       saßen nicht nur die üblichen Verdächtigen am Tisch. Es waren 40 Länder, die
       am Wochenende zur Ukraine-Konferenz in der saudischen Hafenstadt Dschidda
       zusammenkamen. Zwar war von den Kriegsparteien nur die Ukraine vertreten.
       Man habe aber ein wachsames Auge auf die Konferenz, hieß es im Vorfeld aus
       Russland – keine vollständige Ablehnung also.
       
       Bis Sonntagnachmittag lag kein konkretes Ergebnis vor. Vonseiten der
       ukrainischen Delegation hieß es, dass der vorgelegte Zehnpunkteplan der
       Ukraine, der die vollkommene Wiederherstellung der territorialen
       Integrität der Ukraine und den Rückzug aller russischen Truppen fordert,
       von weiteren Ländern als Friedensplan angenommen wurde, ohne aber
       spezifische Länder zu nennen. In russische Medien wird dies verneint. Der
       ukrainische Präsident [2][Wolodimir Selenski twitterte], dass während des
       Treffens viele wichtige bilaterale Gespräche geführt worden seien. Alle
       Seiten versuchten der saudischen Zusammenkunft ihren Spin zu verleihen.
       
       Doch die Bedeutung der Gespräche in Dschidda liegt weniger im Ergebnis,
       sondern darin, [3][wer hier erstmals in Sachen Ukrainekrieg zusammentraf.]
       Denn hier redeten eben nicht nur die Ukrainer und deren Unterstützer, die
       Europäer, die USA und Kanada miteinander. Auch die Schwergewichte des
       Globalen Südens saßen mit am Tisch: Indien, Brasilien und Südafrika.
       
       Und in allerletzter Minute kam auch noch China dazu. Vielleicht war allein
       das schon der größte Erfolg dieser Konferenz.
       
       ## Ein Testballon
       
       Unter den Ländern des Globalen Südens waren allesamt Länder, die die
       russische Aggression nicht automatisch bei den Vereinten Nationen
       verurteilt haben, die sich nicht an Russlandsanktionen beteiligt haben, die
       sich meist ihrer Stimme in der Generalversammlung enthalten haben.
       
       Das hat zahlreiche Gründe: Sie wollten sich nicht auf eine der beiden
       Seiten, Russland oder der Westen, schlagen. Manche sind Moskau in ihren
       einstigen antikolonialen Kämpfen verbunden, oder sie haben einfach
       beschlossen, dass es für ihre jeweiligen nationalen Interessen besser sei,
       sich nicht festzulegen. Es ist gerade diese Mixtur, die das Treffen in
       Dschidda so ungewöhnlich machte.
       
       Für Saudi-Arabien war es sicherlich auch eine PR-Veranstaltung für sich
       selbst. Kronprinz Mohammed bin Salman galt wegen [4][der Ermordung des
       saudischen Dissidenten Jamal Khashoggi] im Jahr 2018 lange als
       internationaler Paria. Nun sind diese Zeiten vorbei, und seitdem haben alle
       europäischen Staaten und auch die USA in Saudi-Arabien bereits wieder die
       Klinken geputzt. Aber Saudi-Arabien geht es inzwischen um mehr. Es ist
       bereits ein wichtiger regionaler Player und ist da auch in letzter Zeit
       immer wieder als Vermittler aufgetreten, etwa jüngst im Krieg in Sudan,
       wenngleich ohne Erfolg.
       
       Saudi-Arabien war dieses Jahr auch bereits Gastgeber des Gipfeltreffens der
       Arabischen Liga, wo auch der ukrainische Präsident als Sondergast auftrat.
       Ein erster Hinweis, dass Kronprinz bin Salman bei der Suche nach einem Ende
       des Ukrainekriegs stärker mitmischen will. Jetzt möchte das Land, von
       dessen Öl die ganze Welt abhängt, vor allem von dessen Preisgestaltung,
       sich als globaler politischer Player und hier als Vermittler etablieren;
       als einer, der sowohl zu Russland als auch zu den USA und Europa einen
       Draht hat.
       
       Das Treffen in Dschidda war dabei so etwas wie ein Testballon. Die Ukraine
       ist hier mit ihrer Maximalforderung ins Rennen gegangen: die vollkommene
       Wiederherstellung der territorialen Integrität der Ukraine und der Rückzug
       aller russischen Truppen. Diese Forderung wurde in Saudi-Arabien nun auf
       der Weltbühne getestet.
       
       Ein Durchbruch zu einem Ende des Krieges war da ohnehin nicht zu erwarten.
       [5][Ein Vorläufertreffen in Kopenhagen vor zwei Monaten], damals ohne
       China, ging auch ohne irgendeine Abschlusserklärung auseinander.
       Entscheidend aber ist, was in Saudi-Arabien hinter den Kulissen passiert
       ist. Fest steht zudem: Die Suche nach einer Lösung im Krieg zwischen der
       Ukraine und Russland ist eine Aufgabe, die inzwischen ein Großteil der
       Weltgemeinschaft auf dem Radar hat.
       
       6 Aug 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Schwerpunkt-Krieg-in-der-Ukraine/!t5008150
   DIR [2] https://twitter.com/ZelenskyyUa/status/1687895379256180736
   DIR [3] /Ukraine-Friedenskonferenz-in-Dschidda/!5947831
   DIR [4] /Nach-Mord-an-saudischem-Journalisten/!5843669
   DIR [5] /Deutsche-Soldaten-in-Litauen/!5940194
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Karim El-Gawhary
       
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