URI: 
       # taz.de -- Experte über Starkregen in Slowenien: „Das Wetter wird einfach extremer“
       
       > Heftige Regenfälle, verheerende Folgen: Katastrophen wie in Slowenien
       > werden durch die Klimakrise häufiger, sagt Meteorologe Andreas Friedrich.
       
   IMG Bild: Wenn sich die Feuchtigkeit aus der Luft entlädt: vom Wasser zerstörtes Haus im slowenischen Prevalje
       
       taz: Herr Friedrich, waren Sie überrascht am Wochenende, als in Reutlingen
       plötzlich Schnee lag? 
       
       Andreas Friedrich: [1][Die Bilder waren schon extrem], weil es so enorme
       Mengen waren, dass sogar Schneepflüge fahren mussten. Aber es war natürlich
       kein Schnee, sondern Hagel, der da gefallen ist. Solche Hagelgewitter sind
       durchaus Ereignisse, die es immer mal wieder gibt im Sommer, auch in den
       letzten Jahren und Jahrzehnten.
       
       Fast überall in Deutschland ist es gerade ziemlich kalt und nass, und das
       schon seit einer ganzen Weile. Woran liegt das? 
       
       Wir haben jetzt seit einigen Jahren mal wieder eine Wetterlage, die es
       früher eigentlich öfter gab. Ich bin jetzt 66 und kenne das noch aus der
       Zeit als junger Meteorologe. [2][In den Siebziger-], Achtzigerjahren des
       letzten Jahrhunderts waren solche durchwachsenen Sommer praktisch Standard,
       nichts Außergewöhnliches. Wir Meteorologen sprechen von der Westwetterlage.
       Es kommen Luftmassen aus Westen, sogar aus dem Nordwesten, aus dem Raum
       Island. Dort ist es auch im Sommer kühl. Diese Luft kann sich über dem
       Atlantik mit Feuchtigkeit vollsaugen und sich hier bei uns in Deutschland
       und Mitteleuropa entsprechend abladen.
       
       Aber das wird seltener? 
       
       Ja. Wir haben das Klima erwärmt. Was wir jetzt erleben, ist in der Tendenz
       schon seltener geworden. Wir haben uns an andere Sommerabläufe gewöhnt. In
       den letzten drei, vier, fünf Jahren gab es immer Hitzewellen und Dürre. Das
       eigentlich normale Wetter ist die Ausnahme geworden. Insofern ist das
       aktuelle Wetter mal ein Rückfall in die Welt vor dem Klimawandel.
       
       In etlichen Teilen der Welt sieht das anders aus: [3][Zum Beispiel in
       Slowenien, Österreich und China hat es extreme Regenfälle gegeben], die zu
       Überschwemmungen und Toten geführt haben. Wie sehr hängt solcher Starkregen
       mit der Klimakrise zusammen? 
       
       Die Klimaerwärmung äußert sich natürlich vor allem durch längere und
       stärkere Hitzeperioden. Das haben wir ja dieses Jahr auch schon erlebt, zum
       Beispiel am Mittelmeer, aber auch in anderen Regionen der Welt. Und wenn es
       dann mal kippt, wenn dann plötzlich kalte Luft gegen so eine Hitzewelle
       stößt, dann muss man eben mit heftigeren Ereignissen rechnen als früher –
       durch die Klimaerwärmung. Das ist dadurch zu erklären, dass ein Quantum
       Luft in einer wärmeren Atmosphäre mehr Wasserdampf speichern kann. Je mehr
       Wasserdampf in der Luft ist, desto mehr kann sich das dann praktisch
       umsetzen in Wolken.
       
       Und dann in Starkregen? 
       
       Es gibt noch eine zweite Komponente, die wohl vor allem bei den Unwettern
       in Slowenien und Österreich eine Rolle gespielt hat: [4][Auch die
       Meeresgebiete], etwa das Mittelmeer, sind extrem warm. Das verstärkt den
       Effekt noch, es kann sich noch mehr Feuchtigkeit in die Luft saugen. Die
       lädt sich dann ab, wenn sie zum Beispiel gegen die Alpen stößt.
       
       Für den Starkregen, der vor zwei Jahren in Deutschland zur
       [5][Ahrtal-Katastrophe] geführt hat, [6][haben Wissenschaftler:innen
       den Klimawandeleffekt in einer Studie nachgewiesen]. 
       
       Man kann so eine Wetterlage, wie sie vor zwei Jahren aufgetreten ist, ohne
       die schon stattgefundene Klimaerwärmung simulieren. Dabei hat man
       festgestellt, dass die Regenmengen in so einer Welt deutlich geringer
       ausgefallen wären.
       
       Wir haben uns in Deutschland lange Zeit sicher gewähnt vor den meisten
       Naturkatastrophen, zumindest im Vergleich mit typischen Hurrikan- oder
       Erdbebenregionen. Davon müssen wir uns verabschieden, oder? 
       
       Ja, wir müssen uns durch die Klimaerwärmung auf [7][extremere
       Wetterschwankungen und Wetterereignisse] einstellen. Die Hitze haben wir ja
       schon angesprochen, aber eben auch diese stärkeren Starkregenereignisse.
       Das Wetter wird einfach extremer.
       
       Sind wir inzwischen darauf gut genug vorbereitet? 
       
       Wir als Meteorologen leisten zumindest unseren Beitrag, indem wir dauernd
       unsere Vorhersagen und unsere Warnmethoden verbessern. Seit der
       Ahrtal-Katastrophe arbeiten wir stärker mit Katastrophenschützern und
       Hydrologen zusammen, die Hochwasser vorhersagen.
       
       Ob es wirklich zu einem Hochwasser kommt, hängt schließlich nicht nur von
       meteorologischen Faktoren wie der Regenmenge ab, sondern etwa auch davon,
       ob der Boden vor Ort versiegelt ist. 
       
       Da koordinieren sich die verschiedenen Stellen jetzt noch enger Hand in
       Hand. Und wir heben in unseren Warnungen auch stärker die praktischen
       Folgen hervor: Was kann passieren, wenn 200 Liter Regen vom Himmel
       prasseln?
       
       Wie lange hält denn das trübe Wetter hier in Deutschland noch an? 
       
       Ein, zwei Tage, dann haben wir es überstanden. Die Großwetterlage stellt
       sich wieder um, es kommen wieder Hochdruckgebiete und Luftmassen aus
       südwestlichen Richtungen nach Deutschland. Ende der Woche können wir wieder
       sommerliche Temperaturen in Deutschland erwarten, aber doch auch noch das
       eine oder andere Gewitter. Es wird also nicht gleich eitel Sonnenschein.
       Aber dieses herbstliche Wetter der letzten Wochen ist dann erst mal vorbei.
       
       Sie beobachten den Klimawandel ganz unmittelbar. Ist das für Sie noch
       schönes Wetter, wenn es im Sommer heiß ist? 
       
       Ich freue mich schon noch, wenn es sommerlich ist. Aber wenn es mehrere
       Tage lang 30 oder sogar 40 Grad sind, was ja in Deutschland mittlerweile
       auch schon passiert ist, ist das nicht mehr schön. Man sieht, wie die Natur
       leidet, vor allem natürlich auch durch Trockenheit. Ich wohne in Oberursel,
       und wenn Sie da hochblicken zum Taunus, dann sieht er eben nicht mehr so
       aus wie ich ihn als junger Mensch kennengelernt habe. Da sind viele Bäume
       nicht mehr da. Da ist schönes Wetter nicht mehr so zu interpretieren wie
       noch vor 30, 40 Jahren.
       
       7 Aug 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://twitter.com/rahmstorf/status/1687557578853662726
   DIR [2] https://youtu.be/KzEOvyDcVas
   DIR [3] /Ueberschwemmungen-in-Slowenien/!5949195
   DIR [4] /Hitzerekorde-im-Atlantik/!5946885
   DIR [5] /Hochwasserkatastrophe-im-Ahrtal/!5924208
   DIR [6] /Klimawandel-und-Extremwetter/!5862203
   DIR [7] /Was-tun-gegen-die-Hitze/!5949075
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Susanne Schwarz
       
       ## TAGS
       
   DIR Schwerpunkt Klimawandel
   DIR Sommerwetter
   DIR Extremwetter
   DIR Wetterextreme
   DIR Slowenien
   DIR GNS
   DIR Hurrikan
   DIR Gletscher
   DIR Kolumne Hamburger, aber halal
   DIR Katastrophenschutz
   DIR Norwegen
   DIR Schwerpunkt Klimawandel
   DIR Schwerpunkt Klimawandel
   DIR Schwerpunkt Klimawandel
   DIR Durchschnittstemperatur
   DIR Unwetter
   DIR Unwetter
   DIR Italien
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Hurrikan verwüstet Acapulco: Mindestens 27 Tote im Badeort
       
       Im mexikanischen Acapulco richtet „Otis“ schwere Verwüstungen an. Dass aus
       dem Tropensturm ein Hurrikan wurde, liegt laut Experten am Klimawandel.
       
   DIR Klimawandel in den Alpen: Bergsteigen wird gefährlicher
       
       Weil es in den Alpen schmilzt, kommen Felsen ins Rutschen. Das erhöht das
       Risiko von Steinschlägen. Aber die Gefahr scheint bisher überschaubar.
       
   DIR Hamburger*innen und der Regen: Die ewige Beschwerde
       
       In meiner Kindheit in Damaskus wurde Regen als ein Geschenk Gottes
       betrachtet. In Hamburg ist der Regen Anlass für Beschwerden.
       
   DIR THW-Chefin über den Katastrophenschutz: „Häufiger heftige Situationen“
       
       Sabine Lackner ist die erste Präsidentin des THW. Sie erklärt, wie sie mit
       den furchtbaren Eindrücken der Flutkatastrophe im Ahrtal umgegangen ist.
       
   DIR Hochwasser in Norwegen und Schweden: Schlammlawinen in Nordeuropa
       
       In Teilen Norwegens und Schwedens hat es in kurzer Zeit so viel geregnet
       wie sonst in einem Monat. Nun kämpfen beide Länder mit den Folgen.
       
   DIR Waldbrände in Hawaii: Flammeninferno im Inselparadies
       
       Die extremen Waldbrände treffen Hawaii mit voller Wucht. Mindestens 55
       Menschen verloren bereits ihr Leben. Der Wiederaufbau könnte Jahrzehnte
       dauern.
       
   DIR Waldbrände auf Hawaii: Vom Feuer überrascht
       
       Trockenheit und starke Winde machen die Flammen auf Hawaii unberechenbar.
       Es gibt mehrere Tote und viele Verletzte. Einige sind vor dem Brand ins
       Meer geflohen.
       
   DIR Slowenien in der Flutkatastrophe: Unterstützung aus mehreren Ländern
       
       Ein Dammbruch, zerstörte Brücken und Straßen: Slowenien kämpft weiter mit
       Folgen des Starkregens. Die EU-Kommissionspräsidentin ist nun auch vor Ort.
       
   DIR EU-Klimadienst macht es offiziell: Heiß, heißer, Juli 2023
       
       Prognosen bestätigt: Seit Beginn der Wetteraufzeichnungen wurden in keinem
       Monat zuvor höhere Durchschnittstemperaturen auf der Erde gemessen.
       
   DIR Überschwemmungen in Slowenien: Die Erdrutschgefahr bleibt hoch
       
       Nach Überschwemmungen sind Teile Sloweniens und Österreichs weiter von
       Schlammlawinen bedroht. Wassermassen halten auch China in Atem.
       
   DIR Unwetter in Slowenien: Damm bricht nach heftigem Regem
       
       Slowenien kämpft mit den Folgen heftiger Unwetter. Zwei Drittel des Landes
       sind betroffen. Der Katastrophenschutz meldet tausende Einsätze.
       
   DIR Flutkatastrophe in Italien: Verwüstung nach Rekordregen
       
       In 36 Stunden fiel in der Region Emilia Romagna rund ein Drittel des
       üblichen Jahresniederschlags. Bisher sind mindestens neun Menschen
       gestorben.