URI: 
       # taz.de -- Krise der Linkspartei: Vorstand erwägt Konvent
       
       > Linkenchefin Janine Wissler greift den Vorschlag eines Abgeordneten für
       > einen Konvent auf. Co-Fraktionschef Dietmar Bartsch warnt vor dem Ende
       > der Fraktion.
       
   IMG Bild: Janine Wissler (Linke), Bundesvorsitzende der Linkspartei
       
       Berlin dpa/afp/taz | Nach dem angekündigten [1][Rückzug von Amira Mohamed
       Ali von der Fraktionsspitze] hat sich die Linken-Vorsitzende Janine Wissler
       offen für einen kurzfristig angesetzten Parteikonvent gezeigt. „Ich begrüße
       den Vorschlag“, erklärte Wissler am Dienstag auf Anfrage der Deutschen
       Presse-Agentur. Er stammt vom Leipziger Bundestagsabgeordneten Sören
       Pellmann.
       
       Hintergrund ist der Streit der Parteispitze mit der
       Ex-Fraktionsvorsitzenden Sahra Wagenknecht, die seit Monaten l[2][autstark
       über die Gründung einer eigenen Partei nachdenkt]. Mohamed Ali zählt zu den
       Vertrauten Wagenknechts. „Die Verantwortlichen aus den Ländern, von der
       Bundesebene und der Bundestagsfraktion zeitnah zusammenzuholen – notfalls
       aufgrund der Ferienzeit online –, und das möglichst noch vor der
       Fraktionsklausur, ist ein vernünftiger Vorschlag, den wir beraten werden“,
       erklärte Parteichefin Wissler.
       
       Pellmann hatte dem MDR gesagt: „Es wird eine gemeinsame Zukunft mit der
       Linken nur geben, wenn wir es gemeinsam hinbekommen.“ Deswegen richte er
       einen „Aufruf an den Parteivorstand und an die Fraktion, sich
       zusammenzuraufen und zu einem Parteikonvent zusammenzufinden noch vor der
       Neuwahl des Fraktionsvorstandes und vor dem Bundesparteitag, der im Herbst
       stattfindet“.
       
       Pellmann hatte bei der Bundestagswahl eines von drei Direktmandaten für die
       Linke errungen, was den Einzug in den Bundestag in Fraktionsstärke
       ermöglicht hatte. Die Klausur der Bundestagsfraktion ist für den 30. und
       31. August geplant. Danach soll am 4. September eine neue Fraktionsspitze
       gewählt werden. Der Parteitag zur Europawahl soll Mitte November in
       Augsburg stattfinden.
       
       [3][Mohamed Ali hatte am Sonntag angekündigt], sie werde bei der
       Fraktionsvorstandswahl im September nicht mehr kandidieren. Ihre Aufgabe,
       „den Kurs der Partei, allen voran der Parteiführung, in der Öffentlichkeit
       zu stützen und zu vertreten“, sei ihr „mittlerweile unmöglich“ geworden.
       Sie kritisierte insbesondere den [4][Umgang der Parteiführung mit
       Wagenknecht]. Ihr Schritt war auf ein geteiltes Echo gestoßen.
       
       Offengelassen hatte Mohamed Ali in ihrer Erklärung, ob sie perspektivisch
       in Partei und Fraktion verbleiben will. Auf entsprechende Nachfragen
       antwortete sie auch am Dienstag im Deutschlandfunk ausweichend: „Ich bin
       Mitglied der Partei Die Linke, das ist der jetzige Stand, und was die
       Zukunft bringt, das wird man sehen“, sagte sie dazu nur.
       
       Die 43-jährige gebürtige Hamburgerin zählt zu jenen sieben bis elf
       Abgeordneten, von denen es aus der insgesamt 39-köpfigen Fraktion heißt,
       dass sie sich möglicherweise an einem Abspaltungsprojekt von Wagenknecht
       beteiligen würden. Dies würde das Ende der Linksfraktion bedeuten.
       
       ## Appell zum Zusammenhalt
       
       Co-Fraktionschef Dietmar Bartsch warnte Abgeordnete davor, mit Austritten
       aus der Fraktion deren Fortbestand zu gefährden. „Die Sorge, dass die
       Existenz der Bundestagsfraktion durch Austritte beendet wird, gibt es“,
       sagte er dem Tagesspiegel. Wenn drei Abgeordnete die Fraktion verließen,
       müsse sie liquidiert werden. „Das wäre verantwortungslos“, sagte Bartsch.
       
       Er wolle die Fraktion zusammenhalten und den eigenen Auftrag erfüllen,
       nämlich linke Politik zu machen, sagte der 65-Jährige Vorpommer, der die
       Fraktion seit 2015 als einer von zwei Co-Vorsitzenden führt. Über seine
       eigene Zukunft an der Fraktionsspitze werde er Gespräche führen und „in den
       nächsten Tagen“ entscheiden, sagte Bartsch.
       
       Der ehemalige Linken-Vorsitzende Bernd Riexinger forderte grundlegende
       Korrekturen. „Das bisherige Gebilde wird nicht aufrecht zu erhalten sein“,
       sagte er den RND-Zeitungen mit Blick auf die beiden Lager in der
       Linkspartei. „Es muss nun eine offene Diskussion darüber geben, wie es
       weitergehen soll.“ Zu der anstehenden Neuwahl der Fraktionsführung sagte
       Riexinger, er hoffe auf eine „Führung, die eng mit der Parteispitze
       kooperiert“. Er fügte hinzu: „Dass das bisher nicht passiert ist, war Teil
       unserer Misere.“
       
       8 Aug 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Krise-der-Linkspartei/!5952542
   DIR [2] /Krise-bei-der-Linkspartei/!5938538
   DIR [3] /Rueckzug-der-Links-Fraktionschefin-Ali/!5949208
   DIR [4] /Linkspartei-bricht-mit-Wagenknecht/!5939549
       
       ## TAGS
       
   DIR Janine Wissler
   DIR Amira Mohamed Ali
   DIR Die Linke
   DIR Sahra Wagenknecht
   DIR Dietmar Bartsch
   DIR Arbeiterklasse
   DIR Schwerpunkt AfD
   DIR Die Linke
   DIR Die Linke
   DIR IG
   DIR Amira Mohamed Ali
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Pläne für neue Partei von Wagenknecht: Gründet euch endlich!
       
       Die Linkspartei ist in der Krise. Doch was zählt, ist die Auszehrung der
       AfD – und die gelingt nur mit einer Parteineugründung durch den Flügel um
       Sahra Wagenknecht.
       
   DIR Wagenknecht versus AfD: Verachtung des Proletariats
       
       Eine Wagenknecht-Partei könnte die AfD schwächen und „Die Linke“ wieder
       aufblühen lassen. So zumindest hoffen das manche. Ist das realistisch?
       
   DIR Zukunft der Linkspartei: Das Charisma-Problem
       
       Brauchen wir die Linkspartei? Und wenn ja, wie viele? Eine
       Wagenknecht-Partei wäre für die Bundesrepublik jedenfalls etwas
       revolutionär Neues.
       
   DIR Klima-Forderungen der Linkspartei: 100 Milliarden fürs Klima
       
       Die Linke hat ein ökosoziales Programm vorgestellt. Ihre Kritik an der
       Regierung: Die Senkung der Emissionen müsse schneller und gerechter gehen.
       
   DIR Rückzug der Links-Fraktionschefin Ali: Wie eine kaputte Ehe
       
       Sahra Wagenknecht zögert bei der Gründung einer neuen populistischen
       Partei. Die Zeit dafür ist eigentlich günstig. Doch etwas Entscheidendes
       fehlt.
       
   DIR Krise der Linkspartei: Nächster Schritt Richtung Spaltung
       
       Bei der Neuwahl des Fraktionsvorstands Anfang September will Amira Mohamed
       Ali nicht erneut antreten. Einer der Gründe ist Sahra Wagenknecht.