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       # taz.de -- Haushaltsloch in Berlin: Schutzraum braucht Schutz
       
       > Das Mütterzentrum Shehrazad in Neukölln bangt wegen drohender Kürzungen
       > im Bezirkshaushalt um seine Existenz. Grüne Politiker sagen Unterstützung
       > zu.
       
   IMG Bild: Die Mütter und Kinder vom Shehrazad kämpfen für ihre Einrichtung in Nord-Neukölln
       
       Berlin taz | Ein gutes Dutzend Mütter hockt auf gelben Sitzkissen im Kreis,
       in ihrer Mitte krabbeln einige Kleinkinder, andere kuscheln sich in den
       Mama-Schoß. Routiniert stimmen die Frauen nach Anweisung von Kursleiterin
       Ulrike Mierau den „Mango-Song“ an, einen Evergreen in Mutter-Kind-Gruppen –
       sogar als Kanon läuft er rund. Kein Zweifel: Der „Musikgarten“-Kurs macht
       Großen wie Kleinen sichtlich Freude.
       
       Doch ansonsten ist die Stimmung im Mütterzentrum Shehrazad in Neukölln im
       Keller. Seit das Bezirksamt Ende Juni eine Streichliste vorgelegt hat mit
       Dingen, die nicht mehr finanziert werden könnten, wenn der Senat seine
       Kürzungspläne durchzieht, geht in der Roseggerstraße die Angst um. [1][Zwar
       hat der Senat wegen der heftigen Proteste nachgebessert] und im neuen
       Haushaltsplan 100 Millionen Euro für die Bezirke draufgelegt. Doch
       angesichts eines errechneten Mehrbedarfs von 250 Millionen ist unklar, ob
       damit die Schließung ganzer Einrichtungen in Bezirken vom Tisch ist.
       
       Die Mütter vom Shehrazad fürchten daher weiter um ihren Treff, das einzige
       bezirkseigene Familienzentrum – und das einzige mit einem komplett
       kostenlosen Angebot. „Viele Frauen, die hierher kommen, sind darauf
       angewiesen“, sagt Gisela Fahlbusch, die als alleinerziehende Mutter zweier
       Kinder selber regelmäßig kommt. Das Shehrazad sei für viele auch
       „Schutzraum“, um Problemen zu Hause für eine Weile zu entkommen. Dass hier
       nur Mütter beziehungsweise keine Männer zugelassen sind, habe auch den
       Grund, dass manche Frauen sonst gar nicht herkommen dürften, erklärt sie.
       
       Neben einem Aufenthaltsraum mit Krabbelplatz, Kursen und Spielgruppen für
       bis 6-jährige Kinder bietet das Shehrazad auch Beratung in Erziehungs- und
       Gesundheitsfragen. Mierau, die Musik- und Bewegungskurse leitet, erklärt:
       „Die Mütter bekommen hier Hilfe in eigentlich allen Fragen oder werden
       weiter vermittelt.“ Und schon jetzt gebe es viel zu wenig solcher Angebote,
       ergänzt Fahlbusch, die Wartelisten für Mutter-Kind-Kurse seien endlos. „Als
       das Shehrazad kürzlich wegen Renovierung 2 Wochen geschlossen hatte, war
       das nächstgelegene Familienzentrum überfüllt – Leute mussten sogar
       weggeschickt werden!“
       
       ## Grüne: Protest soll sich stadtweit vernetzen
       
       An diesem Donnerstag haben die Frauen den Grünen-Abgeordneten André Schulze
       und den Bezirksverordneten Tjado Stemmermann (auch Grüne) eingeladen, um
       sich politischer Unterstützung zu versichern. Und im Prinzip rennen sie bei
       den beiden offene Türen ein. „Für uns als Grüne ist ausschlaggebend, dass
       es keine Angebotskürzungen in den Bezirken geben darf“, erklärt Schulze.
       „Wenn das so ist, brauchen die Bezirke mehr Geld“, dafür werde er sich dann
       im Hauptausschuss einsetzen, verspricht er.
       
       Aber noch wisse man ja nicht, ob es wirklich soweit kommt, versucht Schulze
       die Frauen zu beruhigen. Stemmermann ergänzt: Bis Ende August werde das
       Bezirksamt einen Haushaltsplan erarbeiten und der
       Bezirksverordnetenversammlung vorlegen. „Dann sehen wir, ob bei
       Einrichtungen gekürzt wird und werden verhandeln.“ Ende September soll die
       BVV ihren Haushalt verabschieden, aber letztendlich, so Schulze, entscheide
       das Abgeordnetenhaus mit dem Gesamthaushalt im Dezember auch über die
       Bezirke.
       
       „Wenn es wirklich Kürzungen im Plan geben wird, vernetzen Sie sich am
       besten berlinweit mit anderen Einrichtungen, dann ist der Druck auf die
       Regierung am Größten“, rät Schulze den Frauen. Er selbst sei ja in der
       Opposition, da könne man bekanntlich nicht so viel machen.
       
       10 Aug 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Haushaltsentwurf-fuer-Berlin/!5943504
       
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