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       # taz.de -- Grüner Pfeil für Hamburgs Radverkehr: Nicht um die Ecke gedacht
       
       > Als Radfahrer bei Rot an der Ampel rechts abbiegen? Laut
       > Straßenverkehrsordnung geht das: mit Zusatzschild. Hamburg tut sich beim
       > Genehmigen schwer.
       
   IMG Bild: Gibt’s bislang nur zweimal in Hamburg: Grünpfeilschild nur für den Radverkehr
       
       Wer Hamburgs Verkehrszeichen zählen will, braucht Zeit. Sie stehen dicht an
       dicht. Ein komplexer Blechwald mit viel Hinter-, Neben- und Übereinander.
       Sämtliche Exemplare des Zeichens 721 zu zählen, geht allerdings schnell –
       wenn man weiß, wo das „[1][Grünpfeilschild mit Beschränkung auf den
       Radverkehr]“ zu finden ist. Bisher steht es nur in zwei Straßen.
       
       Zeichen 721, seit 2021 Teil der Straßenverkehrsordnung (StVO), erlaubt
       Radfahrern das [2][Rechtsabbiegen trotz roter Ampel]. Hamburg steht dabei
       allerdings auf der Bremse. Es sei „erstaunlich, wie beharrlich Hamburg gute
       Lösungen für Radfahrende einfach ignoriert“, sagt Heike Sudmann,
       verkehrspolitische Sprecherin der Fraktion der Linken in der Hamburgischen
       Bürgerschaft.
       
       Anfang Juli beißt sie mit ihrer Kleinen Anfrage „Grüner Pfeil und andere
       Verbesserungen für Radfahrende“ beim Senat auf Granit. Auf ihre Frage, wie
       viele Pfeile es gibt, bekommt sie zu lesen: „Statistische Daten im Sinne
       der Fragestellung werden von der Polizei nicht erhoben.“ Für die
       Beantwortung sei „eine manuelle Auswertung sämtlicher Straßenakten bei den
       örtlichen Straßenverkehrsbehörden der Polizei erforderlich“. Dazu fehle die
       Zeit.
       
       Sudmann lässt nicht locker. Mitte Juli schiebt sie die Kleine Anfrage
       „Grüner Pfeil für Radfahrende“ nach, demonstrativ verwundert, „dass die
       Anordnungen von Verkehrszeichen nur handschriftlich archiviert werden“. Die
       Antwort fällt ähnlich aus wie zwei Wochen zuvor: Über 8.000 analog geführte
       Akten müssten „händisch ausgewertet werden, da diese nicht nach Jahren oder
       Stichworten auszuwerten sind“. Aber dann kann der Senat doch schreiben:
       „Für zwei Straßen“ sei „nach den Erinnerungen der Mitarbeiter VD 5“ eine
       Anordnung erfolgt. Bei VD 5 handelt es sich um die zentrale
       Straßenverkehrsbehörde der Verkehrsdirektion der Polizei.
       
       ## Viele Hürden fürs Verfahren
       
       Dass sich der innovative Pfeil, deutschlandweit in Pilotversuchen als
       positiv evaluiert, in Hamburg aber so rar macht, kann auch der Allgemeine
       Deutsche Fahrrad-Club Hamburg (ADFC) nicht verstehen. „Entgegen ihren
       Versprechungen, die StVO-Änderung umzusetzen“, habe die Stadt „tatsächlich
       auch unserer Kenntnis nach nur zwei dieser Verkehrszeichen angeordnet“,
       bestätigt ADFC-Sprecher Dirk Lau der taz. „Das ist sehr enttäuschend, denn
       der grüne Pfeil erhöht die Verkehrssicherheit und den Fahrkomfort für
       Radfahrende auf relativ unkomplizierte Weise.“ Wartezeiten werden so
       vermieden.
       
       Dass die Stadt solche Verbesserungen „nur sehr zaghaft bis gar nicht“
       umsetze, liege „vor allem am Widerstand der SPD-geführten Innenbehörde“.
       Sie zeige „kein Interesse an solchen Neuerungen im Sinne einer notwendigen
       Verkehrswende“, sondern hänge „noch ganz im autogerechten Denken des
       letzten Jahrhunderts fest“.
       
       Katrin Brardt, Sprecherin der Innenbehörde, verweist auf Anfrage der taz
       auf die „Hamburger Richtlinien zur Anordnung von Verkehrszeichen und
       Verkehrseinrichtungen“ von Mitte Juli 2022. Da steht zwar, bei Um- und
       Neuplanungen sei „der Einsatz des Grünpfeils für den Radverkehr stets zu
       prüfen“. Doch dann folgt eine lange Liste von Ausschließungsgründen, mit
       viel „darf nicht“ und „sollte nicht“. [3][Auch der Radverkehr selbst] kann
       hier gegen den Pfeil sprechen, etwa wenn bei hohem Radverkehrsaufkommen
       „der Anteil des geradeaus fahrenden Radverkehrs den Anteil des nach rechts
       abbiegenden Radverkehrs erheblich übersteigt und die Verkehrsfläche ein
       sicheres Überholen des wartenden Radverkehrs nicht gewährleistet“. Viele
       Hürden. Hohe Hürden.
       
       „Aktuell laufen an zehn Straßenkreuzungen Prüfverfahren zur Anordnung“,
       sagt Brardt. Die Hälfte davon hat der ADFC beantragt. Es wird sich zeigen,
       ob und wann hier das Neue über das Alte siegt.
       
       12 Aug 2023
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Harff-Peter Schönherr
       
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